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Marinette kämpfte.
Nicht gegen akumatisierte Superschurken oder Hawk Moth, sondern gegen ihren eigenen Körper und die innere Anspannung.
In einer Endlosschleife redete sie sich selbst ein, dass alles in Ordnung war.
Der erwünschte Effekt blieb jedoch aus.
Sie saß nun schon eine halbe Stunde mit ihren Freunden an einem Tisch in der hinteren Ecke der Bar und noch immer war sie voller Unruhe.
Keine Entspannung oder gar Genießen des Abends in Sicht.

Ununterbrochen musste sie auf ihr eigenes Verhalten achten; auf ihren Gesichtsausdruck, ihre Tonlage beim Reden, ihre Gestik und natürlich auf die Sätze, die sie sagte.
Der Hauptgrund für ihre Wachsamkeit war das Gespräch mit Alya draußen auf der Straße.
Ohne diesen kurzen, unerwünschten Wortwechsel hätte sie sich ganz auf ihre beste Freundin und Nino konzentriert und versucht, Adrien komplett auszublenden.
Sie hätte es vermieden, ihn direkt anzusprechen; hätte alles getan, um einem direkten Austausch mit ihm aus dem Weg zu gehen.
Jetzt, wo sie wusste, dass sowohl Alya als auch Nino auf sie beide achteten, war das nicht mehr möglich.

Sie musste nicht nur verbergen, dass sie schwanger und erschöpft und von Übelkeit geplagt war.
Sie musste auch verbergen, dass die Freundschaft mit Adrien nicht mehr existierte.
Sie musste so tun, als sei zwischen ihnen alles wie immer.

Also war eine aufrechte Körperhaltung und ein Lächeln nicht das Einzige, was sie sich selbst aufzwang.
Sie zwang sich auch dazu, sich Adrien, der neben ihr saß, immer wieder zuzuwenden, ihm in die Augen zu sehen und mit ihm zu sprechen, als sei es das Normalste auf der Welt.
All das war schwer genug. Beinahe zu viel.
Doch damit hörte das kräftezehrende Aufzwingen von Handlungen nicht auf.
Direkt im Anschluss dieser Kontaktaufnahmen mit Adrien musste Marinette sich zu noch etwas zwingen – diesmal nicht für Alya und Nino, sondern für ihr eigenes Gewissen:
Sich wieder von Adrien abwenden.
Den Blickkontakt mit seinen grünen Augen abbrechen.
Aufhören, an seinen Lippen zu hängen und jedes seiner Worte einzusaugen.

Marinette hätte gern einen lauten, frustrierten Schrei ausgestoßen, um etwas ihrer Anspannung loszuwerden.
Da es nicht möglich war, schrie sie innerlich.
Ein leichtes Erbeben ihres Oberkörpers - das war alles, was sie sich erlauben durfte.

Als Adrien den Tisch verließ, um am Bartresen ihre Essensbestellung aufzugeben, hätte Marinette beinahe geräuschvoll aufgeatmet

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Als Adrien den Tisch verließ, um am Bartresen ihre Essensbestellung aufzugeben, hätte Marinette beinahe geräuschvoll aufgeatmet.
Eine Sache weniger, auf die sie sich konzentrieren musste.
Kurz hatte sie die Hoffnung, dass es ihr nun leichter fallen würde, Alyas Redeschwall zu folgen, doch schon nach wenigen Sekunden kam die Ernüchterung.
Sie hörte die einzelnen Worte, die aus dem Mund ihrer Freundin kamen, und sah ihre ausschweifende Mimik und Gestik, aber der Sinn dahinter blieb ihr verschlossen.

Es war kein direkter Schmerzen, was sie empfand. Eher eine tiefe Erschöpfung. Eine Mischung aus fehlender Kraft und Reizüberflutung.
Ihre Augen und Ohren und all ihre anderen Sinnesorgane schienen überanstrengt zu sein; genauso wie jeder Muskel ihres Körper.
Marinette sehnte sich nicht mehr nur nach Ruhe, Dunkelheit und ihrem Bett. Sie hatte das Gefühl, es mehr als alles andere zu brauchen.

Miraculous - Unendlich (FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt