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Das Innere von Adriens Wagen hatte sich verändert.
Der warme Schein, über den Marinette sich beim Einsteigen noch gewundert hatte, war verschwunden.
Vermutlich lag es aber nicht an dem Schweigen, das sich zwischen ihnen breitgemacht hatte, sondern an den beiden Worten, die Adrien eben ausgesprochen hatte.
»Unser Date.«

In der Stille fühlte sich die leise Musik aus den Autolautsprechern absolut unpassend an. Trotzdem wünschte Marinette sich, sie wäre lauter, um das schnelle, heftige Schlagen ihres Herzens zu übertönen.
Sie fürchtete, Adrien könne es hören und sie durchschauen.
Ihre geröteten Wangen, ihre weit aufgerissenen Augen und ihr beschleunigter Atem mussten es ihm längst verraten, doch falls nicht ...
Es bestand noch immer die Möglichkeit, dass er zu sehr von ihrem Blickkontakt abgelenkt wurde.

Schon bevor er ihren gemeinsamen Abend erwähnt hatte, war Marinette sicher gewesen, dass sie keine Freunde mehr sein konnten.
Jetzt allerdings verstand sie erst, warum genau; warum sie nicht mehr in der Lage war, ihre Gefühle im Zaum zu halten, wie sie es vier ganze Jahre lang geschafft hatte.

Das Date war mehr gewesen als ein vorsichtiges Antesten.
An diesem Abend hatten sie sich gegenseitig eingestanden, dass es zwischen ihnen eine starke Anziehung gab.
Sie hatten sich eingestanden, dass da mehr zwischen ihnen war, als nur Freundschaft, und mit dem ständigen Körperkontakt, dem Flirten und dem Kuss hatten sie es besiegelt.
Nun gab es kein Zurück mehr in die Zeit davor.

Der Ausgang des Dates änderte daran leider nichts.
Noch nicht einmal die Liebe zu anderen Personen konnte diesen Umstand beseitigen.
Marinette war sich nicht sicher, ob Adrien all das bewusst war.
Zumindest aber musste er spüren, was für eine große Sache die Erwähnung des Dates war.
Auch er sagte nichts weiter.
Auch er sah sie einfach nur an und ließ zu, dass sich ihre Blicke immer mehr und immer tiefer ineinander verflochten.

Dieser eine Abend, an dem sie sich mit Haut und Haaren aufeinander eingelassen hatten, stand zwischen ihnen, aber im gleichen Maße schien er sie nun miteinander zu verbinden.
Er war ein unerwünschter Geist aus der Vergangenheit, aber ein Geist, der sie mit materielosen Händen aufeinander zuschob.

Alles, was Marinette schließlich zustande brachte, war ein Flüstern.
»Wir können nicht ...«
Ihre Stimme erstarb, ehe sie den Satz beendet hatte.
Es vergingen mehrere Sekunden, bevor es ihr gelang, einen zweiten Versuch zu starten.
Diesmal hielt ihre Stimme lang genug durch.
»Wir können nicht befreundet bleiben.«

Sie wollte den Blick senken, um die Worte sofort mit einer Handlung zu unterstreichen, doch es gelang ihr nicht.
Und auch Adrien ließ seine Augen nicht von ihr, als er ganz langsam mit dem Kopf schüttelte.
Marinette wusste nicht, was er ihr mit dieser Geste sagen wollte; ob er ihr damit zustimmte oder widersprach. Trotzdem reagierte ihr Körper mit einer weiteren, kleinen Hitzewelle.

»Marinette.«
Die Sanftheit, mit der er ihren Namen aussprach, war überraschend schmerzhaft.
»Ich weiß, dass du recht hast und ich weiß, dass es mir nicht zusteht, aber ...«
Er stockte, fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und sprach dann weiter.
»... aber darf ich dich noch um etwas bitten?«
Sie nickte.
Sie wusste, dass sie ihm in diesem Moment jede Bitte erfüllen würde; egal wie falsch oder verwerflich sie war.
Wollte er vielleicht eine allerletzte Umarmung? Oder sogar mehr als das?
Ihre Gefühle waren mittlerweile so durcheinander, dass sie keine Ahnung mehr hatte, was sie sich wünschen oder was sie befürchten sollte.

Sie sah, wie Adrien schwer schluckte.
»Bitte nenn mir einen Grund.«, sagte er dann.
»Nenn mir einen Grund, der nicht dieses Date ist.
Ich könnte den Gedanken nicht ertragen, mit einem einzigen Abend unsere Freundschaft zerstört zu haben. Und ...«
Er stockte wieder.
»Und dieser Abend hat das nicht verdient. Er war zu schön, um ihn so sehr zu bereuen.«

Miraculous - Unendlich (FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt