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Die Sekunden, bis die Wohnungstür sich öffnete, fühlten sich wie kleine Ewigkeiten für Marinette an und wenn ihre Hände nicht so gezittert hätten, hätte sie ihren eigenen Schlüssel hervorgeholt, um die Sache zu beschleunigen.
Wie konnte ein Superheld mit übermenschlicher Schnelligkeit, Kraft und Beweglichkeit nur so lang brauchen, um eine verdammte Tür zu öffnen?

Endlich wurde die Klinke von innen betätigt.
Die Tür gab den Blick in die Wohnung frei und Marinette begegnete seinem Blick – seinen Augen.
Traurige Augen.
Kalte und abweisende Augen.
Aber vor allem grüne Augen.
Vor ihr stand Cat Noir und nicht Cat Blanc.

Marinette atmete erleichtert auf, doch ruhig wurde sie nicht.
Noch war die Gefahr nicht gebannt.
Sie ging an ihm vorbei und sah sie sich aufmerksam im ganzen Raum um.
Sie drehte sich um ihre eigene Achse, während sie mit ihrem Blick jeden Zentimeter ihrer Umgebung abtastete.
Cat Noir hatte wortlos die Tür geschlossen und zwei Schritte in die Mitte des Wohnzimmers gemacht.
Das war gut.
Je mehr freier, einsehbarer Raum um ihn herum war, desto besser.

Marinette war sich bewusst, dass sie in ihrer momentanen Verfassung nichts gegen einen Akuma ausrichten konnte.
Aber die Wut in ihrem Innern war noch nicht vollständig verraucht. Und für den Fall, dass einer von Hawk Moths schwarz-violetten Schmetterlingen auftauchte, hatte sie einen Plan.
Sie würde den Schlüsselanhänger, den sie als Hüterin erhalten hatte und der sie selbst vor den Akumas schützte, zu Boden fallen lassen, sich vor Cat Noir stellen und nur noch an ihre Wut auf ihn denken.
Sie hatte die Hand in ihrer Hosentasche bereits fest um den kleinen Anhänger geschlossen.

»Deshalb bist du also zurückgekommen.«, sagte Cat Noir und sie wagte es, ihren Blick kurz von der Umgebung abzuwenden, um ihn anzusehen.
»Du hast Angst, dass ich akumatisiert werde.«
Sie nickte.
Er sollte ruhig wissen, dass sie nicht seinetwegen umgekehrt war; oder zumindest nicht, weil sie ihm vergeben hatte.

»Glaubst du wirklich, dass ich wegen so einem Streit gleich die Beherrschung verliere und meine Gefühle nicht mehr kontrollieren kann?«
Sein Blick war noch immer traurig. Und ungewohnt hart.
Marinette war verwirrt davon.
Es sah alles danach aus, als sei Cat Noir nicht in Gefahr, akumatisiert zu werden, aber gerade das machte die Situation irgendwie überfordernd.
Sie wusste nicht, was sie nun tun sollte, und ihren Gefühlen ging es da genauso.

Obwohl sich etwas in ihr dagegen sträubte, wurde ihre Wut mit jeder Sekunde schwächer und im gleichen Maße klärten sich ihre Gedanken.
Vielleicht war es aber auch Cat Noirs Blick, der sie vollständig in die Gegenwart holte.

In ihrer Hosentasche ließ sie den Schlüsselanhänger aus ihrer Hand fallen.
Was hatte sie sich bei diesem »Plan« nur gedacht?
Er hatte mehr Fehler, als ihr Kopf im Moment aufzählen konnte.
Dass Paris noch immer sicher war, verdankten sie vielleicht allein dem Umstand, dass Cat Noir weit davon entfernt gewesen war, einen Akuma anzulocken.
Beim Einschätzen der Situation hatte Marinette also auf ganzer Linie versagt.
Vermutlich war es ihre eigene Wut gewesen, die ihre Gedanken vernebelt hatte.
Wut auf Cat Noir und Angst um ihn.

Marinette ließ den Kopf hängen und sah auf den Boden.
Es war richtig gewesen, dass sie zurückgekommen war. Wenn auch nur das geringste Risiko bestand, dass Cat Noir Opfer eines Akumas wurde, musste sie alles tun, um das zu verhindern.
Seit gestern war das sogar noch viel wichtiger als vorher, denn inzwischen würde selbst ein Auftauchen von Bunnyx aus der Zukunft für eine Rettung nicht ausreichen.
In ihrem aktuellen Zustand konnte Marinette nicht gegen Cat Blanc kämpfen.
Und Alya?
Sie war eine gute Ladybug, aber ihr fehlte es an jahrelanger Erfahrung.
Sie hätte keine Chance gegen ihn.

Trotzdem fühlte Marinette sich nun schlecht. Und Cat Noirs kalte, harte Stimme machte es noch schlimmer.
»Du kannst gehen, falls du das noch immer willst.«, sagte er.
»Paris ist sicher. Die Miraculous sind nicht in Gefahr. Und du hast noch immer alle Druckmittel in der Hand.
Also alles beim Alten.«

Miraculous - Unendlich (FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt