8 Davina

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Ich esse gerade mein Essen und die blonde Barbiepuppe von meiner Anwältin schreibt alles was ich sagen soll beim Prozess auf Papier. Sie schreibt unglaublich schnell, denn ich kann nicht sehen wie meine Anwältin den Kugelschreiber einmal vom Blatt hebt.

Heute ist mein Prozesstag und meine Chancen stehen ziemlich schlecht auf eine Bewährungsstrafe, laut meiner Anwältin. Mir ist alles recht, aber ich will nicht für den Mord an Christian für 15 Jahre ins Gefängnis.

Das habe ich nicht verdient

Ich will gerade mit der Serviette meinen Mund abputzen als ich merke dass ein Zettel drin versteckt ist. Von wem ist er wohl? Von Dad, Celine? Jackson?

Ich habe keine Ahnung

Ich schiele kurz zu meiner Anwältin mit ihrem extravaganten weißem Hut auf dem Kopf und schaue was sie gerade tut. Aber es ist nichts anderes als schreiben. Sie beachtete mich keines Blickes oder sonst der gleichen. Ab und zu klackert sie mit ihren 5 Zentimeter Absätzen ihrer Stöckelschuhe auf den Boden, welches durch die ganze Zelle hallt.

Es geht mir zwar auf die Nerven und ich würde der blonden Barbie sagen, dass sie damit aufhören soll, aber ich würde das Risiko eingehen, dass sie dann beleidigt und angepisst hinschmeißen und mich mit diesem ganzen Kram für den Prozess alleinlassen wird. Und dann hätte ich keine chance jemals aus dieser Zelle rauszukommen und wieder die Freiheit genießen zu können. Wenn auch nur für 20 Minuten pro Tag für mich. Aber dass ist immer noch besser als nichts.

Ich falte den Zettel auf und lese die Nachricht. Sie ist in aufgeklebten Buchstaben aus einer Kinderzeitschrift geschrieben.


Du bist zwar unschuldig Davina, jedoch keine Heilige.

Du verdienst eine harte Strafe

Und deine Freunde Celine, Marco und Eva auch

Schick eine Postkarte aus dem Knast :)

Liebe Grüße GameofWinners

Nicht schon wieder dieser Spast! Dem muss echt langweilig sein, wenn er schon Zettelchen an mich verschickt.

"Zieh dich um Davina, gleich ist die Verhandlung." Meine Anwältin steht auf und bewegt sich wie eine Katze auf High Heels zu mir und hielt mir ein zweiseitig beschriebenen Blatt hin. "Was ist das?", frage ich dümmlich und schaue in die von der Sonnenbrille versteckten Augen dahinter.

"Deine besten Antworten für die  Verhandlung." Die blonde Frau beugt sich runter auf meine Größe. Unsere Gesichter sind nur wenige Zentimeter von meinem enfernt. Mir steigt der zu starke Geruch von Channel number 5 in die Nase und wie aufs Stichwort beginne ich davon zu niesen. Mit Schnodder und allem was dazu gehört. Und zwar mitten in ihre Barbie Visage, nicht bevor ich ihr eine unfreiwillige Kopfnuss erteile.

Wäre ich nicht im Knast und kurz vor einer Gerichtsverhandlung hätte ich darüber gelacht, aber mir steckt es im Hals fest, wie ein Kloß. Ich höre noch wie die teure Sonnenbrille auf den Boden knallt und >leider< in zwei Hälften bricht.

Das tut mir-nicht- leid

Meine Anwältin gibt einen entsetzten grellen Schrei ,wie ein Pelikan  von sich und wieder steckte mein Lachen in meinem Hals fest. Ich grinse sie nur süffisant an und verdrehe die Augen.

Es ist nur eine bescheuerte Sonnenbrille! Chill mal Brauner!

Wortlos stehe ich von meiner Pritsche auf und nehme mir den Kleiderstapel weg und gehe barfuß in das Badezimmer in Schuhkartongröße hinein und schlage mit einem lauten Knall die Tür hinter mir zu.

Hinter der schweren Tür höre ich noch ein Wimmern und Flennen meiner Anwältin und ich klopfe mit der flachen Handfläche gegen die Eisentür, was sie aber wahrscheinlich wegen ihrer kaputten Brille nicht wahrnimmt.

Was eine Dramaqueen!

Ich stöhne genervt und entledige mich meinen alten, verschwitzten Sachen. Meine Haare kleben mir im Nacken und unter den Armen meines langweilig grauen T-Shirts sind ganz deutlich Schweißflecken zu sehen.

Widerlich!

Zuhause ist mir so etwas nie widerfahren und nun bin ich nicht mehr zu Hause . Wenn wir die Verhandlung heute verlieren werde ich dort auch niemals mehr zurückkehren.

Meine alten Anziehsachen liegen auf dem Boden und ich ziehe mir nun das zurechtgelegte Baumwollhemd mit langen ärmeln an und die blaue schlabbrige, (ebenfalls aus Baumwolle) Hose an. Die Schuhe sind einfache Schlappen. Ich streiche mir noch ein paar verfilzte Strähnen aus meinem Gesicht und stecke sie mir hinter die Ohren.

In dem Moment klopft es an der Tür.

"Es geht los, Davina. Wir müssen gehen"

Und dann gehen wir in den Gerichtssaal, wo alles für mich entschieden wird.

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