Davina

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Es ist Montag.

Die Sonne scheint durch die Wolkendecke und bringt etwas Wärme mit sich. Es ist dreizehn Grad Celsius draußen. Nicht grade frühlingshaft warm. Die Uhr zeigt sieben fünfzig.

In der Morgenfrühe bei mir Zuhause ist mal wieder viel los. Mein Wecker hat nicht geklingelt, weil die verdammten Batterien leer gegangen sind, sodass mein Papa mich aufwecken muss, damit ich noch rechtzeitig in die Schule gehen kann.

Ich grummle noch etwas vor mich hin, während ich halbverschlafen und die Augenreibend die Treppe runter gehe. Auch er hat verschlafen, da wie auch bei mir der Wecker tot ist. Echt komisch, sage ich nur dazu.

Wir beide sind in größter Eile. Ich musste zuerst schnell frühstücken. Das war ein trockenes Brötchen mit Orangensaft, welches ich im Schnelldurchlauf zu mir nehme und dann ins Badezimmer renne. Inzwischen bin ich wacher.

Ich wasche mich unter dem warmen Wasser und putze meine Zähne gründlich.
Als ich danach in den Spiegel schaue und mein Spiegelbild betrachte erschrecke ich bei dessen Anblick.

Meine Haut ist blass, wie die einer Leiche und meine tiefen Augenringe bildeen den perfekten Kontrast zu der Blässe. Auch meine sonst so schönen himbeerfarbenen Lippen sehen trocken und spröde aus. Ich streiche mir meine nassen halblangen hellbraunen Haare aus dem Gesicht und fixiere sie mit einer großen Haarklammer in meinem Nacken. Mit einer fixen Bewegung nehme ich mir meinen Concealer von der Ablage über dem Waschbecken und trage ihn auf meine dunklen Ringe auf und verteile es. Danach ziehe ich mir mit meiner farblosen Lippenpflege über die spröden Lippen und gehe in Unterwäsche in mein Schlafzimmer zurück.

Als ich meine Camouflage Trecking Jacke in Kombination mit einer ebenso grünen Hose und ärmellosen weißen Bluse anzog, schlüpfte ich noch in meine weißen Sneakers, bevor ich mit meinem Rucksack mit Schulsachen und meinem Papa einen Kuss auf die Wange gedrückt habe, schnellstens das Haus verlasse. Darauf folgt dann, das schnellstmögliche zur Schule rennen. Wie auch mein Papa, nur dass er mit dem Auto zur Arbeit fuhr und nicht bis dorthin zu Fuß unterwegs war. Zumindest konnte er mehr oder weniger pünktlich zur Arbeit, als ich zur Schule. Das war schon mal Fakt. Aber was soll, eigentlich hat keiner Schuld daran, dass jetzt alles völlig schiefgeht. Außer dieser blöde Wecker! Ich hasste dieses Ding, bis auf meine Eingeweide!

Auf dem Weg zur Schule binde ich mir noch ein dünnes, weinrotes Haarband um den Kopf, um meine halblangen, noch etwas nassen lockigen, hellbraunen Haare nicht die ganze Zeit ins Gesicht geweht zu bekommen. Ich nehme meine Beine in die Hand und stürme zur Schule.

St. Clare. Ich sah die weißen Aufziehtüren und bleibe kurz davor stehen, um meine brennenden Lungen etwas Pause zu gönnen, da ich ohne Pause über den Bürgersteig gerannt bin und nebenbei auch ein paar Fußgänger umgerannt oder angerempelt.
Als das Brennen in meinen Lungen etwas nachgelassen hat, stürme ich durch die Türe hindurch und rempel dabei auch noch ein paar andere Schüler um, nur um so schnell wie möglich bei meinem nächsten Unterricht zu sein.

Im Affentempo renne ich die Treppen hoch und überspringe jede zweite Stufe. Ich habe noch knapp drei Minuten, bis zu meinem nächsten Fach und das ist Englisch. Ganz toll! Und dass noch bei Frau Hartlaub. Das kann ja nur noch gut für mich enden!

Ich sehe auf meine Armbanduhr. Acht Uhr zwölf. Und der Englischraum war noch im obersten Geschoss. Das werde ich niemals schaffen, dachte ich außer Atem als ich die letzten Stufen geschafft habe und ich nur noch eine Minute hatte, um rechtzeitig im Raum zu sitzen.

Und natürlich schaffte ich das-nicht. Gerade als ich die Türklinke runter drückte, traf mich der strafende Blick von Frau Hartlaub, meiner "liebevollen" Englischlehrerin ( sarkastisch betrachten). Und nur ganz nebenbei starrte mich die ganze Klasse an.

„Guten Morgen, Davina. Was ist der Grund für deine Verspätung?", fragte sie mich auffordernd auf Englisch. Zuerst reagierte ich gar nicht auf ihre Frage und rangelte nach Sauerstoff. Ich starrte sie einfach aus meinen starren silbergrauen Augen an.

Alles was ich eben sagen wollte, ist wie weggewischt. Und die stechenden Blicke, die meine Mitschüler auf mich werfen, helfen mir nicht dabei mir eine plausible Entschuldigung einfallen zu lassen, die nicht billig klingt. Doch dann fasse ich mich wieder und sage meiner Englischlehrerin: „Guten Morgen und Entschuldigung, dass ich zu spät komme. Der Grund für meine Verspätung ist das mein Wecker nicht geklingelt hat, weil die Batterie leer gewesen ist und deswegen verschlafen habe." Während ich das sage, schaue ich ihr geradewegs in die Augen, damit sie weiß, dass ich mir das nicht ausdenke. Denn, das habe ich nicht. Es ist wirklich so gewesen.

Natürlich- wie erwartet- sieht sie mich ungläubig an. Ich hätte es auch nicht geglaubt, wenn mir jemand so etwas als Entschuldigung für eine Verspätung vorlegen würde, wenn ich Lehrerin wäre. Glücklicherweise hakt die Englischlehrerin nicht weiter nach, aber ich wusste, dass das ein ungemütliches Gespräch noch folgen wird, dem ist sicher. Nur nicht jetzt. Frau Hartlaub bedeutet mir mit einer Handbewegung, dass ich mich jetzt auf den letzten freien Platz setzen und still sein soll. Kein Problem für mich.

Ich ging aus dem Türrahmen raus, an den ich mich angelehnt habe und setzte mich auf den letzten freien Platz im Raum, der neben meiner besten Freundin war. Celine St. Clare. Ja, richtig gehört. St. Clare, wie unsere Schule St. Clare.

Celine war die Tochter unseres Schulleiter Magnus Clare. Ein netter Mann und Vater. Es ist zwar irgendwie eigenartig, den Schulleiter seiner Schule bei seiner besten Freundin zuhause zu sehen, wenn man miteinander verabredet ist und dann noch weiß, dass er der Vater deiner besten Freundin ist. Ja, so war das.

Deswegen wird Celine immer als Tochter des Direktors bezeichnet und viele sagen auch, dass Celine bei den Prüfungen immer bevorzugt wird. Was, aber nicht wahr ist. Alles nur Gerüchte. Celine war genauso gleich in den Prüfungen wie alle anderen auch. Für mich hören sich diese Heerzüge wie Neid und Eifersucht auf Celine an. Aber das ist nur meine Meinung. Und das sind auch die beiden Gründe, warum Celine keine Freunde außer mir hat.

Ich habe nichts gegen Celine und finde nicht, dass sie bevorzugt wird oder so. Es ist toll zu wissen, dass sie nicht damit prahlt die Tochter des Direktors zu sein und deswegen alles besser kann. Wenn dies nicht der Fall wäre, hätte ich vielleicht auch bei diesen Heerzügen gegen Celine mitgemacht.

Ich lege meinen Rucksack neben das Tischbein und hole sorgfältig meine Englischsachen heraus und begrüßte das blonde Mädchen mit den braunen rehbraunen Augen. Die Blonde schiebt mir ein DIN A4 Papier zu und ich lese es mir durch, als ich es in die Hand nehme. Celine hat mir netterweise alles aufgeschrieben, was unsere Englischlehrerin in meiner Abwesenheit erklärt hat. Ich bin genau sieben Minuten zu spät gewesen und habe anscheinend ein gutes Maß verpasst. Ich werfe Celine nochmal einen dankbaren Blick mit einem Lächeln zu und wir machten zusammen unsere Aufgaben. Eins muss man wissen: Ich mochte Englisch nicht im Geringsten und das werde ich niemals im meinem Leben tun!

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