Kapitel 49

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|acting like that - YUNGBLUD|

⊏Noah⊐

Ihr Atem stockte, als ich den Tropfen von ihrer Lippe wischte. Der Puls flatterte an ihrem Hals und ich suchte nach halbwegs geistreich klingenden Worten als sie zuerst sprach: "Deine Haare sind nass."

Da konnte ich nicht mehr anders als zu lächeln. Und dann, blitzschnell, lag ihre Hand auf meinen Lippen. Doch im Gegensatz zu mir, verweilte ihre Hand dort.
Sie legte vorsichtig einen Finger auf meinen rechten Mundwinkel, der immer noch in einem Lächeln nach oben gezogen war.

"Verdammt, ich hätte wissen müssen, dass du Grübchen hast."

Angesichts der gemurmelten Worte, brach ein leises Lachen aus meinem Mund und ich zog amüsiert eine Augenbraue in die Höhe.

Auf Megan musste ich in diesem Moment, arrogant- überheblich wirken, doch in Wahrheit hatte mich ihr Kommentar völlig aus der Bahn geworfen.

Ich wusste auf einmal nicht mehr wohin. Wohin mit meinen Augen, wohin mit meinen Händen- wohin mit meinem pochenden Herzen, das wie ein verdammter aufgescheuchter Vogel in meiner Brust Unruhe stiftete. Mit einer einzigen Berührung, hatte sie vermocht, dass ich mich wieder wie sieben fühlte.

Der Noah von damals war noch nicht mit der Hässlichkeit dieser Welt konfrontiert worden. Als er dann ein Jahr später Jamie kennengelernt hatte, hatte sich sein Weltbild komplett verändert. Jamie hatte sie, wie eine riesige Abdeckung, die bisher immer die unschöne Wahrheit verdeckt hatte, heruntergerissen.

Megan musste meine Zerrissenheit auf irgendeine Weise gespürt haben, denn sie trat einen Schritt zurück, sodass meine Hand nun ausgestreckt vor uns in der Luft schwebte.

Ich senkte sie und fragte dann: "Wie lange arbeitest du noch?"

Megan, der offenbar erst in diesem Moment wieder auffiel, wo wir uns derzeit befanden, räusperte sich und wirkte verwirrt. Sie warf einen Blick auf die laut tickende Uhr, die direkt über uns ihr nervtötendes Werk verrichtete.

"Wir schließen in zehn Minuten", sie klang ungläubig, fast so, als hätte sie nicht mit dieser Uhrzeit gerechnet- oder als hätte sie die Zeit vergessen.

Ich nickte stumm und sah ihr dabei zu, wie sie sich die Haare aus dem Gesicht strich und verlegen an der Ecke einer Gummibärchenpackung knibbelte.

"Wieso fragst du?"
"Weil wir heute essen gehen werden", kam meine Antwort.

Was?
"Was?", Megan's Stimme war eine Oktave höher geklettert.

"Christina hat gesagt, dass du kein Auto hast."

Ein Fehler. Das Schweigen, welches darauf den Raum zwischen uns füllte, bestätigte das.
Verdammt, sonnst fehlte es mir eigentlich nicht an Einfühlsamkeit, wieso also, machte sich mein Mund bei Megan Jefferson, andauernd selbstständig?

"Das hat sie gesagt?"

Mit einem Mal wirkte sie kleiner, so als wäre sie geschrumpft. Als hätten sich meine Worte auf sie gelegt und sie würde unter ihrem Gewicht zusammenbrechen.
Fuck.

Ich öffnete den Mund, ohne zu wissen, welche Worte aus ihm entfliehen würden, als Megan ihren Blick auf mich richtete.

In ihren Augen blitzte etwas auf, das zu benennen ich nicht in der Lage war.

Ein Sturm tobte in ihr und ich hatte einen Blitz direkt in seine Mitte geschleudert.

"Das war gedankenlos von mir", meine raue Stimme kratzte meinen Rachen entlang und zwang mich zu einem unbeholfenen Räuspern.

Keine Entschuldigung, ein Eingeständnis.

Ich hoffte, sie würde das verstehen. Zu offensichtlich dargebotenes Mitleid, konnte oft noch grausamer sein, als der eigentliche Schmerz.

"Schon gut", erwiderte sie und gleich darauf hatte sich der Sturm gelegt.

Wieder sagte eine Weile niemand von uns ein Wort. Als es mir schließlich zu viel wurde zog ich ungestüm die Nase hoch und fragte: "Soll ich im Auto warten?"

Verrammt, seit wann warte ich eigentlich auf Anweisungen von Jemandem?

"Ich warte im Auto."

Gesagt, getan, mit diesen Worten machte ich auf dem Absatz kehrt, schlenderte jedoch auf die Kasse zu, schließlich musste ich trotzdem noch diesen ungenießbaren Müll für Jamie bezahlen.

Broken Souls - Gebrochene SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt