Kapitel 41

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|Cigarette Daydreams - Cage The Elephant|

⊏Megan⊐

Meine Augen zuckten zwischen den beiden hin und her. Jamie, der aus einem mir unerklärlichen Grund grinste wie ein Honigkuchenpferd ließ sich auf den Stuhl neben Noah fallen. Ich hätte wohl doch meine Tasche auf den Stuhl stellen sollen.
Ich musste dem Stuhl, oder wohl eher Jamie, böse Blicke zugeworfen haben, denn dieser runzelte die Augenbrauen hinter seiner Sonnenbrille.

Wieso trägt er eine Sonnenbrille?

Bevor er etwas sagen konnte räusperte sich Noah. Er fuhr mit einer Hand über die Tischkante und war im nächstem Moment aufgestanden.
Sein Blick lag auf den Einkaufstüten die er gekauft hatte, während er sagte: "Es hat mich gefreut mit dir zu reden Megan, Jamie und ich müssen aber bedauerlicher Weise wieder zurück nach Hause. Meine Mutter fragt sich bestimmt schon wieso der Nachtisch so lange dauert."

Ich lächelte und erwiderte: "Cyril beruhigt sich schon wieder, er hat trotz allem Anschein nach ein verletzliches Herz. Und ein noch verletzlicheres Ego", fügte ich schulterzuckend hinzu und nippte wieder an meinem Kaffee.

Noah schwieg und nach einem weiteren Moment erhob Jamie sich ebenfalls. "Es hat mich gefreut dich wiederzusehen Megan", er schnitt eine Grimasse und vergrub die Hände in den Hosentaschen.

Als sie gegangen waren dachte ich eine Weile über Noahs Worte nach. Ich hatte gedacht er wäre einer dieser verwöhnten, reichen Menschen, die sich von niemandem etwas sagen ließen und völlig verbissen nur ihre eigenen Ziele verfolgten. Einer dieser Personen, die es immer leicht im Leben hatten, nie einen Schicksalsschlag erlitten hatten oder einfach von Natur als arrogant waren. Doch Noah Summers war nichts davon. Klar, nach Außen hin war er das Musterbeispiel eines blasierten Arschlochs und er benahm sich die meiste Zeit auch so. Aber heute hatte ich unter die Oberfläche sehen können. Wenn auch etwa nur einen Millimeter. Sein Mangel an Gefühlen als er mir von dem Tod seines Vaters erzählt hatte, hatte die ganze Vermutung nur noch bestätigt. Sie zweimal fett unterstrichen.

Ich richtete meine Augen wieder auf den Brief vor mir und begann zu schreiben.

Um zehn Uhr Abends endete die Schicht meiner Mutter und wir machten uns auf den Heimweg. Meine Mutter summte irgendein Lied vor sich hin während wir unser Haus betraten. Ich ging auf mein Zimmer und sobald ich einen Blick auf mein Bett erhascht hatte, nagte die Müdigkeit an meinen Knochen und ich gähnte herzhaft.

Die Wände meines Zimmers waren beige gestrichen und an einer Seite des Zimmers war ein großes Fenster. Auf der anderen Seite, klebten an der Wand neben meinem Schreibtisch unendlich viele Zeichnungen und Fotos.
Fotos von Orten, an denen ich noch nie gewesen war- und vermutlich auch niemals kommen würde. Orte wie Bali, die Niagarafälle oder auch Rom. Ein paar der Bilder hatte ich selbst mit der Polaroidkamera gemacht, die mir Christina an meinem achtzehnten Geburtstag geschenkt hatte. Dazwischen lugten immer wieder meine Zeichnungen hervor. Einige lediglich Bleistiftkritzeleien, andere waren mit tiefen Emotionen verbunden.
Ich wandte mich um und ging in mein Bad. Dort starrte ich geschlagene vier Minuten meine Erscheinung im Spiegel an. Ich stand einfach untätig hier herum und musterte mein Spiegelbild. Durchschnittlich. Nicht das es mir etwas ausgemacht hätte. Aber so war es nun einmal.
Ich hatte sowieso immer schon das Innere eines Menschen anziehender gefunden als nur sein äußeres Erscheinungsbild.
Die inneren Werte waren für mich immer mit größeren Emotionen verbunden.

Ich putzte mir die Zähne und wusch mein Gesicht. Als ich aus dem Bad trat sah ich das Tablett welches auf meinem Schreibtisch stand.

Darauf standen ein Glas mit warmer Milch und ein Erdnussbutter- Sandwich, daneben klebte ein kleiner Zettel.
Bleib nicht so lange auf und lern bis in die Nacht, du brauchst deinen Schlaf.
Ich bin noch kurz weg.
Küsschen, Mama.

Ich aß das Brot und trank die Milch im Stehen während ich ein weiteres mal in meinen Gedanken ertrank.
Meine Mutter war vermutlich gerade auf dem Weg zu Paul. Seit sie Paul kennengelernt hatte, lächelte sie öfter- auch wenn er einer der offensichtlichen Gründe für ihren Schlafmangel war. Ich hatte den Mann erst ein mal vor einem knappen halben Jahr zu Gesicht bekommen, er stand eines Morgens in unserer Küche und trank unseren Kaffee. Wir hatten uns eine Weile angestarrt bis Paul schließlich die Tasse auf die Ablage gestellt hatte und auf mich zugekommen war um mir die Hand zu reichen. Der Druck seiner Hand war fest gewesen und er hatte mich verschmitzt angelächelt und gesagt: "Du musst Megan sein, ich bin Paul."

Ich hatte nicht gelächelt sondern ihm zugenickt und gesagt: "Hallo, Sie trinken meinen Kaffee."
Er hatte wissen wollen ob ich nicht zu jung war um dieses koffeinhaltige Getränk zu trinken. Ich hatte nur mit den Schultern gezuckt und erwidert das ich den Geschmack mochte. Dann war meine Mutter in die Küche getreten und hatte uns beide angelächelt.

Sie trafen sich sooft es ihnen ihr Terminkalender erlaubte. Paul war im Verlagswesen tätig. Er legte gerne all sein Herzblut in diesen Job und erfreute sich fast immer an dem Ergebnis, das hatte mir zumindest meine Mutter gesagt.

Eigentlich war er ganz in Ordnung.

Broken Souls - Gebrochene SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt