Broken Souls - Gebrochene Seelen

Kapitel 27

|Iris - The Goo Goo Dolls|

⊏Noah⊐

"Ich bin einfach am Ende verdammt!"
Jamies Stimme drang so laut durch mein Handy, dass ich es kurz von meinem Ohr weghielt, bevor ich seufzte und mir mit einer Hand durch mein Haar fuhr. Als wir vorher mit einander Telefoniert hatten, hatte er mir erzählt, dass sein Vater seine geheimen Ersparnisse entdeckt hatte. Er hatte sie jahrelang vor seinem Vater versteckt, Jamie sparte schon Geld seit seinem neunten Lebensjahr. Früher hatten wir oft Pläne geschmiedet, in diesen Tagträumen war er ein angesehener Arzt und ich ein weltbekannter Schriftsteller. Wir waren frei gewesen.

"Er hat gedroht mich rauszuwerfen, als wäre ich derjenige der bleiben wollen würde." Mit einem mal klang er müde und geschafft. Ein Anflug von Panik überkam mich und ich schloss die Augen. "Ich könnte dir innerhalb weniger Minuten ein erste-Klasse-Ticket besorgen das weißt du oder? Du könntest in weniger als einem Tag von dort verschwinden." Meine Stimme klang so entschlossen wie ich mich fühlte.

Es war nicht das erste Mal das ich ihm ein solches Angebot machte, verdammt wenn er mich ließe würde ich sein verficktes Medizinstudium finanzieren. Er hatte es verdient, mehr als jeder andere den ich kannte.

Einen Moment herrschte Stille. Ich wusste das Jamie mit seinem Stolz rang. "Jamie..", meine Stimme war leise. "Überlass den Dreckskerl endlich seinem Schicksal und kümmere dich ein einziges Mal um dich selbst." Ich wusste genau das er nein sagen würde. "Du weißt das ich das nicht kann." Er klang so ausgelaugt das ich am liebsten eigenständig zu ihm gefahren wäre um seinem alten Herren ein für alle mal die Meinung zu geigen.

"Dann komme ich nach Kalifornien", entschied ich außer mir. Ich raufte mir die Haare und begann in meinem Zimmer auf und ab zu tigern. "Scheiße, wenn du nicht endlich freiwillig verschwinden willst dann muss ich eben kommen und dich am Kragen gepackt nach Seattle schleifen." Ich atmete schwer und mein Herz klopfte wild.

Er sagte nichts, ich hörte nur wie sich eine Tür hinter ihm schloss. Dann drang ein Seufzer durch das Telefon.

-

Es war Montag und eigentlich sollte ich gerade in der Schule sitzen und mir irgendwelchen irrelevanten Blödsinn anhören, den die Lehrer für das wichtigste auf der Welt hielten- tatsächlich war sie sogar fast schon zu Ende- immerhin war es das Ende der letzten Stunde. Stattdessen saß ich in der Küche auf einem der Barhocker und überlegte fieberhaft wie ich Jamie beistehen konnte.

In meinem Kopf nahm ein Plan Gestalt an von dem ich wusste das Jamie ihn hassen würde. Doch ich sah keine andere Möglichkeit. Jamie hatte keine andere Familie abgesehen von seinem Vater. Er konnte nirgendswo hin und war schon seit seinem achten Lebensjahr kein Kind mehr.

Mein Handy vibrierte und ich richtete den Blick darauf in der Erwartung Jamies Namen auf dem Bildschirm zu sehen. Doch es war Cyril. Ich brauchte vier ganze Herzschläge um nach meinem Telefon zu greifen und zwei weitere um den Anruf anzunehmen.

"Noah? Wo bist du? Wieso bist du nicht in der Schule?" Ich rieb mir über mein Gesicht. In der letzten Nacht hatte ich nicht geschlafen. Wenn das so weiterging würde ich vermutlich irgendwann im Laufe der Woche umkippen.

Ich hatte nicht geantwortet deshalb gab Cyril ein frustriertes Stöhnen von sich und meinte: "Ist alles okay? Geht es dir gut?" Meine Hand zitterte etwas und ich ballte sie zur Faust. Ich war so außer mir das ich sie am liebsten gegen die Wand gerammt hätte. "Ja klar, alles okay", versicherte ich ihm und stand auf um mir einen Kaffee zu machen. Keine Ahnung die wievielte Tasse das war.

Wenigstens betäubte ich meinen Verstand nicht mit Alkohol.

"Ich komme vorbei und bringe dir die Hausaufgaben", beschloss Cyril und ich geriet in Panik. Mit ihm am Telefon zu reden war eine Sache, ihm in meinem jetzigen Zustand gegenüberzutreten eine ganz andere. "Du brauchst nicht-", er schnitt mir das Wort ab. "Wir sind schon auf dem Weg."

Dann legte er auf und ich stand mit meinem Handy in der Küche und rührte mich nicht.