Kapitel 2

1.6K 63 6
                                    

|Heavy - Linkin Park|

⊏Megan⊐

Es war etwa kurz nach sieben, als ich eines der letzten Regale im Rose In einräumte und mich schließlich gegen eine der kalten, unangenehm rauen Steinmauern des Ladens lehnte. Ich war an das ständige Stehen während meiner Schichten, die oft gleich nach der Schule begannen und normalerweise erst am Abend kurz vor Ladenschluss endeten gewöhnt. Ich hatte sogar Gefallen daran gefunden die Regale zu ordnen, zu sehen das alles seinen Platz hatte.

"Megan", riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Christina stand mit einer großen Einkaufstüte in der Hand vor mir und sah mich besorgt an. "Ist deine Schicht nicht schon zu Ende?", fragte sie und blickte auf die Uhr. Schnell erwiderte ich: "Ja ich wollte nur kurz meine Sachen holen und dann bin ich auch schon weg", ich wollte mich schon abwenden da packte Christina mich am Arm und hielt mich fest. "Ist es wegen Cameron?", fragte sie. Cameron war bis vor vier Tagen mein fester Freund, bis ich es schließlich beendet hatte. Am Telefon. Du bist nicht das Problem. Es liegt an mir.
Ich wollte nicht mehr mit ihm zusammen sein. Danach hatte ich keinen seiner Anrufe mehr angenommen. Auch wenn er mich jeden Tag anrief. Es war vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis er vor meinem Haus auftauchen würde. Cameron war nicht der Typ, der Dinge unvollendet ließ.

Er war einfach nicht der Richtige, redete ich mir ein und seufzte "Nein, nein ich bin einfach nur erschöpft das ist auch schon alles".

"Achso, das verstehe ich", Christina schenkte mir eines ihrer strahlenden Lächeln. Als ich ihr das erste mal begegnet war, hatte ich Christina für das schönste Mädchen das ich jemals gesehen hatte gehalten. Sie hatte lange, glänzende schwarze Haare und sie dunkelbraunsten Augen die ich jemals gesehen hatte. Kein Wunder, dass Christina so viele Verehrer hatte und das obwohl sie erst seit drei Monaten in Seattle lebte, sie kam aus Mexico und hatte diesen typischen Akzent. Aber man würde auch so sehen das sie nicht von hier sein konnte, allein wegen ihrer Haut. Sie war Cafébraun. In Seattle regnete es fast das ganze Jahr über und die Sonne ließ sich so selten blicken, dass die Bewohner Seattles alle ungefähr den gleichen blassen Teint hatten. Irgendwo zwischen Eierschale und Pergament.
Ich bezeichnete meinen eigenen Hautton insgeheim als Milchkaffee mit zu viel Milch.

Seufzend nahm ich meine Jacke aus meinem Spind und streifte sie mir über. Christina öffnete bereits die Ladentür, schnell rief ich Arthur zu das ich jetzt nach Hause gehen würde. Zur Antwort wünschte er mir einen schönen Abend.

Christina und ich verließen den Laden und steuerten auf Christina's Mercedes zu, der auf dem Parkplatz stand. "Und? Was willst du heute machen?", fragte sie und blickte mich an. Inzwischen war es fast halb neun und ich seufzte und erwiderte gedankenverloren: "Ach du weißt schon, das übliche halt. Zum Mars fliegen, Falschparken, die Weltherrschaft an mich reißen."
Christina lachte.
Normalerweise hätte um diese Zeit Cameron's BMW direkt den ersten Parkplatz besetzt.
Und jetzt, da ich kein Auto hatte und der Bus nur im zwei-Stunden-Takt kam, hatte ich keine andere Möglichkeit gehabt, als Christina zu fragen, welche natürlich sofort angeboten hatte mich auch weiterhin abzuholen. Ich fühlte mich nicht wohl dabei, es fiel mir schwer andere um etwas zu bitten.

"Soll ich dich morgen zur Schule mitnehmen? Dein Haus liegt sowieso auf dem Weg"
Das war gelogen. Christina wohnte in einem der Villenviertel nahe der Innenstadt, während ich abseits und eine halbstündige Autofahrt von dieser entfernt lebte.
"Nein das ist wirklich nicht nötig", lehnte ich ab und lächelte sie an. "Ich nehme den Bus das geht schneller". Bevor sie noch etwas sagen konnte fragte ich: "Wie läuft es mit Cyril?", augenblicklich strahlte meine Freundin. Die restliche Fahrt erzählte mir Christina von ihrem Treffen mit ihrem festen Freund. Cyril und Christina waren das Traumpaar der Schule. Er war jedoch nicht arrogant wie die beliebten Typen aus den Büchern die ich früher- während einer Phase- so gerne gelesen hatte.

Die Landschaft zog an uns vorbei und ich beobachtete wie die offenen Flächen allmählich schönen Villen mit breiten Kunstrasenflächen und treueren Autos in der Einfahrt wichen. Gegen meinen Willen fragte ich mich auch dieses Mal wie es wohl sein mochte in einer dieser vor Geld nur so triefenden Gegend zu wohnen.

Alles hier stank nach Geld.

Sich nie zu Sorgen um seine Zukunft zu machen.

Wir hielten vor einem eben dieser Statussymbole und Christina stieg aus. Ich betrachtete die karamellfarbenen Hauswände und atmete tief ein. Beim Aussteigen stieß ich die angehaltene Luft wieder aus und blickte mich kurz um. Die Straße war auf beiden Seiten gesäumt von Extravaganz. Christina rief meinen Namen und ich hörte wie die Wohnungstür geöffnet wurde.

Als ich die Wohnung betrat schlug mir ein Schwall des Raumduftes entgegen, der auch immer etwas an Christina haftete. Ich zog meine Schuhe aus und hing die Jacke ordentlich auf. Dann folgte ich meiner Freundin in die Küche. Christina redete schon wieder von Cyril. "Du lächelst schon wieder so dämlich", teilte ich ihr, mit für mich ungewöhnlich genervter Stimme mit. Sie unterbrach ihren Redefluss und betrachtete mich eine Weile. Ich hielt ihrem Blick stand und sie fragte: "Heute Abend feiert Nathan eine Party", meinte sie unsicher und ich wappnete mich. "Er hat gefragt ob du auch kommst", innerlich verdrehte ich die Augen. "Ich verstehe nicht weshalb du ihn immer wieder zurückweist. Er gibt sich echt Mühe deine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er hat dir sogar eine Valentinstags Karte geschrieben!"

"Mit dem ersten Spruch den man im Internet findet", erinnerte ich sie und sah demonstrativ aus dem Fenster. Der Himmel war wie so oft wolkenverhangen. "Du kommst mit, keine Wiederrede", erwiderte Christina als wäre es beschlossene Sache und lächelte mich zufrieden an. "Ich habe nichts zum Anziehen und ich bin nicht in Stimmung, außerdem ist morgen Schule und wir schreiben eine Klausur.", erinnerte ich sie. Damit war die Sache für mich beschlossen.

Eine Weile schwieg meine Freundin und atmete tief ein und aus. "Okay", sagt sie während sie mich in ihre Arme zog und fest an sich drückte. Und dann lächelte ich doch.

Broken Souls - Gebrochene SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt