Kapitel 15

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|Message Man - Twenty One Pilots|

⊏Noah⊐
Vor einem Jahr stellte uns Mister Wittaker eine ziemlich klischeehafte Aufgabe. Wir sollten über einen festgelegten Zeitraum ein Tagebuch führen. Seine Anweisungen waren einfach und schlicht- und doch so schwierig. Wir sollten unsere Gedanken, Gefühle, Wünsche und Ängste niederschreiben. "Vor allem letzteres ist ungemein wichtig", hatte er erläutert. "Das einzige Versprechen, dass ich Ihnen abnehmen werde ist absolute Ehrlichkeit."

Jemand hatte- wie ein trotziges Kind- in gereiztem Tonfall gefragt was der Sinn hinter alledem sei.
Mister Wittaker hatte ihn lange angesehen und dann geantwortet: "Ihr sollt lernen euch euren Ängsten zu stellen und nicht vor ihnen zu fliehen. Denn so werdet ihr ihnen nie entkommen, ganz gleich wie schnell ihr lauft. Sie holen euch immer irgendwann ein und dann ist es zu spät."

"Ich werde es nicht überprüfen", hatte er gesagt und vermutlich war sich die Mehrzahl der Schüler in diesem Kurs bis heute noch nicht über ihre eigenen Schwächen, ihre eigenen Ängste im Klaren. Ich kannte meine Ängste ganz genau, oft genug ging ich sie im Kopf durch während ich so tat, als würde ich einer Person zuhören.

Gemächlich nippte ich an meinem Kaffee. Manchmal glaubte ich das ich etwa zu siebzig Prozent aus Koffein bestand. Ja natürlich, Kindern wurde nachgesagt sie sollten auf Koffein verzichten gerade am Abend. Doch ich litt seit vier Jahren unter etwas wie einer Schlafstörung. Oft schlief ich ganze Nächte lang nicht und war dann für ein Wochenende nicht mehr zu gebrauchen weil mein Körper den versäumten Schlaf nachholen musste.

Kaffee half mir dabei nicht den Verstand zu verlieren.

Inzwischen hatte Madison bemerkt das mich die neue Bedienung etwas zu offensichtlich anstarrte und verzog den Mund. Sie lehnte am Tresen und warf mir herausfordernde Blicke zu. Ich ignorierte sie. Was konnte ich dafür wenn sie mich angaffte als wäre ich Wasser in der Wüste.

Als ich einen Blick auf Cyril warf grinste er wissend. Ich hatte ihm von Madison erzählt, wenn auch nur teilweise freiwillig. Als ich ihn genervt ansah wurde sein Grinsen breiter. "Willst du vielleicht etwas sagen?", fragte ich geradeheraus. Mir entging nicht das Megan und Christina ihr Gespräch unterbrachen. "Nein, ich amüsiere mich nur, das ist alles", ich schnaubte und hob meine Tasse wieder an die Lippen.

Inzwischen lief Stupid Love von Jason Derulo und innerlich verdrehte ich die Augen. Als Literaturstudent wurde eigentlich fast von mir erwartet das ich an die einzig wahre Liebe glaubte- dem war auch so. Aber inzwischen hatte ich begriffen das unser Leben nicht nur daraus bestand jemanden zu finden mit dem man es verbringen wollte, wirklich zu leben war anstrengend. Aber verdammt, es war die Mühe allemal wert.

Mein Blick heftete sich auf Megan. Ihre braunen Haare fielen über ihren Rücken wie Seide. Diese Beobachtung schob ich auf den Poeten in mir- ganz klar, was auch sonst. Ihre Haltung war angespannt und sie wirkte nicht gerade froh darüber hier zu sein. Vermutlich hatte Christina sie mit hier her geschleift. Mir fiel auf das sie sich immer wieder im Lokal umsah und unruhig auf ihrem Stuhl hin- und herrutschte als wollte sie prüfen ob nicht gerade eine Bedienung mit ihrem Essen auf sie zukam. Oder als würde sie gleich aufstehen und aus dem Lokal stürmen.

Broken Souls - Gebrochene SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt