Kapitel 89

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|Car Radio - Twenty One Pilots|

⊏Megan⊐

"Comedy?" "Ich hasse Comedy."
"Hassen ist ein starkes Wort."

"Horror?" "Nein."

"Disney Filme?"

Noah runzelte die Stirn, dann stellte er fest: "Die sind für Kinder."

Schockiert keuchte ich auf.
"Oh nein."

"Oh nein was?"
"Du bist einer von denen, die nie bei Bambi geweint haben, oder?"

Noahs Stirnrunzeln vertiefte sich, als er die Lippen aufeinander presste.

Bemüht darum eine ernste Miene zu behalten schüttelte ich entsetzt den Kopf und meinte: "Das war's. Ich kann doch keinen Freund haben, der Disney Filme wie Bambi ansieht und dabei nicht mindestens ein Taschentuch verbraucht."

Noahs Mundwinkel zuckte, als er sagte: "Dann sorge ich wohl das nächste Mal dafür, dass ich eine Erkältung habe. Dann kann ich ein bisschen in das Taschentuch schnäuzen."

Einen Augenblick herrschte Stille, dann meinte Noah zögerlich: "Hoffentlich möchtest du trotzdem einen Freund, auch wenn er nicht bei Bambi weint."

Das Lächeln, gegen das ich angekämpft hatte, brach sich Bahn und erschien auf meinem Gesicht.

Ich tippte mir nachdenklich mit dem Zeigefinger gegen den Mund und überlegte laut: "Naja, das ist eine ernste Sache. Um diesen großen Minuspunkt auszugleichen, müsste er in anderen Dingen überaus talentiert sein."

Ein Schimmer überzog Noahs Augen und er grinste süffisant: "Ach ja? Das trifft sich gut, denn vor dir sitzt einer der talentiertesten Männer überhaupt."

Ich beäugte ihn scheinbar skeptisch. 

"Ich kann dir zwar nicht aus dem Stegreif das gesamte Periodensystem oder sämtliche Nachkommastellen von Pi aufzählen wie es Jamie könnte, aber zufälligerweise bin ich nicht nur klug und außerordentlich gutaussehend, sondern zudem noch ein wahnsinnig guter Küsser. Ich könnte dir in vier Sprachen meine Liebe gestehen oder ein Gedicht über dich schreiben."

Ich hob eine Augenbraue: "Jamie kennt alle Nachkommastellen von Pi?"

Noah schnaubte: "Ich erzähle dir gerade, dass ich dich in vier Sprachen anmachen kann und du fragst nach Jamie?"

Ich lachte, während er mich mit zerzausten Haaren ansah.

"Du kannst mich jederzeit in einer fremden Sprache anmachen", ich biss mir auf die Lippe und fuhr mit den Fingern sein Kinn entlang.

"J'ai envie de toi."
"Was?"

"He estado pensando en ti todo el día."
"Du sprichst Spanisch?"
Noah grinste.

"Das ist heiß", sagte ich seufzend.

"Ich wollte immer eine weitere Sprache lernen", gestand ich ihm.

"Was hält dich davon ab?", er strich sich die Haare, die ihm über die Augen gefallen waren zurück.

Ich zuckte mit den Schultern.
"Vermutlich kann ich es nicht ausstehen, schlecht in etwas zu sein."

Nicht gut genug. Für die Sprache.
Für meinen Vater.

Schnell winkte ich ab. "Ach egal, ist nicht so wichtig. Was ist mit dir? Willst du noch eine Sprache lernen? Dann kannst du mich in fünf Sprachen anmachen, wie wärs mit Russisch?"

Ich erwartete einen sarkastischen Kommentar, stattdessen war da ein rätselhafter Ausdruck in Noahs Augen.

Verlegen räusperte ich mich und richtete meinen Blick auf die Filmauswahl vor mir.

"Also, du hast die Wahl zwischen Kein Ort ohne dich und-"

"Wenn du es nicht versuchst wirst du immer schlecht darin bleiben. Ich sehe also keinen Grund, der dagegenspräche."

Ich brauchte einen Moment, um dem plötzlichen Themenwechsel zu folgen, als ich es jedoch geschafft hatte, glitten meine Augen wieder zu Noah.

"Du verstehst das nicht", murmelte ich.
"Was verstehe ich nicht?"
"Wie es sich für mich anfühlt."
"Eine neue Sprache zu lernen?"

Ich seufzte und erwiderte zögerlich: "Wie es ist, etwas zu wollen und nicht gut genug zu sein." Irgendwo in einem rationalen Teil meines Gehirns war mir klar, dass ich streng genommen nicht scheitern konnte, aber dieser Teil schien für mein weiteres Gehirn irrelevant zu sein.

Eine kurze Pause entstand, dann fragte Noah: "Wie kommst du darauf, ich wüsste nicht, wie es ist, nicht gut genug zu sein?"

"Du bist eben...du", ich wedelte mit der Hand in seine Richtung und hielt den Blick auf die Filme vor mir gerichtet.

"Und ich zu sein verbietet es mir zu scheitern?", ich war mit sicher, wenn ich jetzt aufsah, würde er die Stirn runzeln, doch ich tat es nicht.

"Was willst du hören? Dass ich schlecht in der Schule war? Dass ich mir jahrelang die Nächte um die Ohren gehauen habe, um gute Noten zu schreiben? Dass ich schlecht Anschluss bei neuen Leuten finde?", als er das sagte, sah ich doch auf. Er kräuselte missmutig seine Lippen.

"Denn das wäre gelogen und ich werde nicht Lügen, nur damit du dich besser fühlst."

"Aber ich kann dich in deinen Wünschen bestärken. Ich kann dir meine Hilfe anbieten, wenn du sie willst. Ich kann dich abfragen und du kannst mir jederzeit Fragen stellen."

Ich starrte Noah an. Vor meinen Augen sah ich uns hier sitzen, Notizen vor uns ausgebreitet. Noah würde eines der Blätter mit meinen Notizen aus dem Kurs in die Hand nehmen und es mit seiner unausstehlichen Ernsthaftigkeit studieren, als beinhalte es den Schlüssel für den Weltfrieden. Er würde mich dabei erwischen, wie ich seinen Mund anstarrte, während er die Worte, die ich nicht konnte noch einmal langsam und deutlich aussprach.

"Ich...ich werde darüber nachdenken", murmelte ich und rieb mir, peinlich berührt, von meinen Gedanken, den Nacken.

Noah nickte und sagte dann: "Kein Ort ohne dich klingt gut."

Ich brauchte einen Moment um zu verstehen, dass er den Film gemeint hatte.

"Oh, okay, super. Dann wäre das geklärt", ich klang etwas zu erleichtert und wir beide wussten, dass ich nicht über die Filmauswahl sprach.

In den nächsten zwei Stunden, tat ich alles dafür, dem Film zu folgen und nicht Noah anzustarren, der neben mir saß und so verdammt perfekt aussah.

Broken Souls - Gebrochene SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt