Kapitel 18

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Kapitel 18

Wincent

Ich holte gerade noch eine Flasche Wasser vom Flur und betrat das Zimmer. Ich ging direkt zu Lilly zu uns schlang meine Arme von hinten um sie. Sie war völlig am Ende. Ich hörte, wie sie schluchzte und versuchte das vor mir zu verstecken, was überhaupt nicht funktionierte. „Heyy, lass es raus, ich bin bei dir." Sagte ich zu ihr und legte meinen Kopf an ihren Rücken.
„Sie ist doch noch so klein." Flüsterte Lilly und guckte mich mich verquollenen Augen an. „Warum muss sie diese Krankheit haben?" fragte sie mich. Ich wusste keine Antwort, sondern zog sie in meine Arme. „Es wird alles gut, wir schaffen das zusammen ok." Sie nickte. „Versprichst du mir, jetzt aufzuhören, zu weinen und dir nicht die Schuld zu geben?" fragte ich sie. Sie wollte mir in diesem Moment nicht in die Augen gucken, das wusste ich genau, weshalb ich sie nochmals in meine Arme zog, und ihr Zeit gab, sich zu beruhigen. „Versprochen." Sagte sie dann irgendwann und gab mir einen Kuss.

Natürlich hatten auch unsere Mütter mitbekommen, dass wir im Krankenhaus sind und nicht am Flughafen, auf dem Weg in die Flitterwochen und standen am Nachmittag bei uns im Zimmer. Sie waren so nett und hatten uns ein paar Sachen mitgepackt, die schon in den gepackten Koffer waren, sodass wir auch unsere persönlichen Dinge bei uns hatten. Wir machen uns einen schönen Nachmittag zusammen, schenkten Malina sehr viel liebe und Aufmerksamkeit und unterhielten uns miteinander. Gegen Abend kam der Moment des Abschieds. Ich musste mich von meiner Frau und meiner Tochter verabschieden. Wir hatten zwar die Möglichkeit, beide im Haus nebenan zu schlafen, allerdings durften wir Jona nicht vergessen, der genauso unsere Aufmerksamkeit verdient hat. „Ruf mich sofort an, wenn etwas ist." Sagte ich zu Lilly. „Versprochen, du mich auch." Antwortete Lilly. Gemeinsam gingen wir nach draußen, wo es bereits dunkel war. Ich brachte Lilly ins benachbarte Haus und guckte mich kurz um. Sie schloss mich noch einmal in ihre Arme und verschloss unsere Lippen miteinander. Ich wollte gerade die Tür schließen, als mir eine Idee kam. Ich zog meinen Pulli über den Kopf und gab Ihn Lill. „Damit du heute gut schlafen kannst." Lächelte ich. „Danke" lächelte sie zurück.

Im Auto drehte ich die Boxen auf und schaltete meine Metal Musik an. Ich raste regelrecht über die Autobahn und kam viel zu schnell zuhause an. Nicht schnell genug, um meinen Sohn wieder zu sehen, aber zu schnell, um in Ruhe nachdenken zu können. Bevor ich das Haus betrat, klingelte ich bei Marco und Anna, um Jona abzuholen. Die drei lagen auf dem Sofa und schauten fern. Ich hielt das Gespräch kurz, da ich selbst sehr müde war. Gemeinsam mit Jona legte ich mich bei uns ins Schlafzimmer, wo ich eine Botschaft von Shay und Moritz fand. 'Die Betten sind frisch bezogen und Schokolade für die Nerven liegt im Kühlschrank' stand auf dem Zettel. Ich schrieb ihr ein kurzes Danke und schloss dann die Augen.

Sonnenstrahlen in meinem Gesicht ließen mich wach werden. Ich drehte mich direkt zu Jona, der putz munter lachend neben mir lag. Ich nahm hin hoch und setzte ihn auf meinen Bauch. Er hatte so ein süßes Lächeln im Gesicht. Immer wieder ließ ich ihn nach hinten fallen und zog ihn dann wieder hoch. Er lachte und lachte, das ließ mich direkt mit Lachen. „Papa" sagte er plötzlich, als er wieder auf meine Bauch saß. Ich traute meinen Ohren nicht: „Sag das nochmal." Guckte ich ihn an, jedoch gab er keinen Ton von sich. „Papa" versuchte ihn in aufzufordern. „Papa, Pa, Pa" nichts, nur ein Lachen. Ich nahm mein Handy und wolle Lilly davon erzählen, als ich hochschreckte. Es war bereits 10:30 Uhr, wie lange habe ich geschlafen. Schnellen Schrittes stand ich auf, zog Jona an, machte ihm eine Flasche und gab ihm diese, während ich mir die Zähne putze und vereinzelt noch Sachen zusammenpackte. Nachdem ich mich auch angezogen hatte, fuhr ich zu Magdalene. Sie passt heute auf den kleinen Mann auf. Wir wollen ihn noch nicht mit zu seiner Schwester nehmen, da sie sich erst noch etwas erholen soll.

Auf dem Weg zum Krankenhaus, hielt ich noch schnell bei einem Bäcker und kaufte ein paar Brötchen, bis ich einen Parkplatz am Krankenhaus suchte und in das Gebäude rannte, hoch zu meiner Frau und Malina.

Schweratmend kam ich an und öffnete die Tür. Alle Blicke richtete sich direkt auf mich: „Es tut mir leid, ich hab total verschlafen. Ich hab Jona gestern Abgeholt, ihm die Flasche gegeben, Zähne geputzt und bin dann ins Bett gefallen. Und heute Morgen, ich dachte es wäre noch so früh, Jona hat nicht geschrieben und der Wecker nicht geklingelt. Da habe ich mich noch mit ihm oben im Bett beschäftigt, bis er plötzlich „Papa" gesagt hat. Ich, ich" überschlugen sich meine Worte. „Hey, hey, hey, kannst du auch mal Luft holen? Schönen Guten Morgen erstmal, hast du gut geschlafen?" unterbrach mich meine Frau. Sie saß mit Malina auf dem Stuhl und gab ihr Tee. Sie hatte ebenso ein Lächeln im Gesicht. „Guten Morgen, mein Engel. Wie geht es dir, wie geht es Malina?" fragte ich und gab beiden einen Kuss. „Uns geht es sehr gut. Malina hat heute Morgen nur noch leichte Schmerzmittel bekommen und wie du siehst trinkt sie auch wieder." Berichtete sie mir. „Achso und darum bin ich auch für den Wecker verantwortlich und nicht du." Ärgerte mich meine Frau. „Du bist gemein" sagte ich zu ihr und gab ihr einen Kuss. „Hast du gut geschlafen?" fragte ich sie. „Es geht, aber durch deinen Pulli war es gut auszuhalten. Heute Morgen war ich sehr früh wach, habe mit Matthias, Christin und den anderen Eltern gefrühstückt, bis ich hier hin bin und Malina friedlich schlafen auffand." „Das freut mich." Sagte ich und beobachtete meine Tochter. „Jetzt verstehe ich, warum meine Frau Sie manchmal als Trottel bezeichnet und trotzdem in sie verguckt ist." Sprach Matthias plötzlich und bekam einen Schlag auf die Brust von seiner Frau, die nur peinlich berührt dastand. „Ist doch so, Sie sind anscheint etwas verplant, aber haben auch so eine schöne liebe besorgte Seite, das kann man nicht in Worte fassen." Ergänzte er. „Danke schön." Lachte ich, da ich das ganze ziemlich amüsant fand. „Alles gut, ich verstehe was du meinst und Lilly auch. Aber bitte sagt Wincent zu mir, sonst kann ich für nichts garantieren." Schmunzelte ich.

Malina ging es wirklich schon wieder besser, das sah man deutlich. Ich wusste nicht genau, ob es an den Medikamenten lag oder es ihr wirklich so richtig besser ging, aber das war mir auch egal, weil ich als Vater wusste, sie hatte gerade keine Schmerzen. Wir kuschelten den Tag viel zusammen und schenkten ihr viel Aufmerksamkeit. Gegen Abend fuhr ich dann wieder heim zu Magdalene, die mich auf ein Abendessen einlud. Vielleicht ist es für den ein oder anderen ungewöhnlich, alleine mit der Schwiegermutter und dem Sohn zu essen, aber für mich nicht. Ich freute mich eher, nicht kochen zu müssen und alleine zuhause zu hocken.

Die nächsten beiden Tage verliefen ähnlich. Malina ging es wieder besser und sie konnte auch von einigen Kabeln befreit werden, sodass sie oft zusammen mit Pauline auf dem Boden spielte. Heute war der Tag, wo wir Jona das erste Mal mit ins Krankenhaus nehmen wollten. Ich verabredete mich vor dem Klinikum mit Lilly, damit Jona seine Mama erstmal so wiedersehen kann und das nicht direkt alles auf ihn einprasselt. Die beiden begrüßten sich ordentlich und Lilly gab ihm den ein oder anderen Kuss.

Oben auf dem Zimmer, hielten wir den kleinen Mann vorsichtig ans Bettchen, wo seine Schwester lag und schlief. Er zeigte wenig Interesse, da er die Autofahrt verschlafen hat, sodass wir ihn unten auf der Decke spielen ließen. Als Malina wach war, setzten wir sie zu ihrem Bruder. Die beiden waren zu süß, Jona krabbelte zu seiner Schwester und wollte direkt mit ihr spielen. Wir mussten ihn etwas bremsen, da er vorsichtig mit Malinas sein muss, aber das verstand er sehr schnell. Nachmittags spazierten wir als Familie noch etwas ums Krankenhaus und ich besorgte für Lilly und mich ein Eis. Bevor ich heimfuhr, führten wir noch kurz ein Gespräch mit dem Arzt, der uns mitteilte, dass sie morgenfrüh mit der Medikamenteneinstellung beginnen werden und  wir in etwa 4-5 Tagen die Klink verlassen können, wenn alles gut läuft, versteht sich.

Tausend Meilen mir dir...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt