Kapitel 19

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Kapitel 19

Daheim beschäftigte ich mich mit Jona und spielte mit ihm. Ich machte ich ihm seine Flasche und brachte ihn ins Bett. Mit Babyfone setzte ich mich unten aufs Sofa. Auf Fernsehen gucken hatte ich keine Lust und zocken mit Fabi bei Twich wäre jetzt auch nicht das richtige, da kommen wieder viel zu viele Fragen. Aus dem Augenwinkel, aber sah ich meine Gitarre neben dem Wohnzimmerschrank. Ich schnappte sie mir und setzte mich. Anfangs klimperte ich etwas drauf rum, doch dann spielte ich aus Reflex das Lied, was wir auf Tour geschrieben haben. Ich nannte es 'weit weg'.

Ich kann die Erde von hier oben sehen
Obwohl ich eigentlich am Boden bin,
Wenn ich nur will
Wenn ich nur will

Jeder Tag ist so gleich, wie der davor
Das Gefühl für die Zeit hab ich schon lange verloren
Ich seh nur auf Bildern, wo ich gerne wär

Müsste einfach mal raus, für paar Sekunden
Doch ich stecke fest, drehe endlose Runden
Jeden Weg, den ich nehm, führt mich wieder hierher...

Ich war so in meinem Element, dass ich es gerade noch schaffte eine Sprachmemo zu starten, bevor ich anfing zu spielen. Wie von selbst, improvisierte ich und bastelte mir eine zweite Strophe zusammen. Ich holte schnell noch Stift und Papier und fing an den Text runterzuschrieben. Immer wieder nahm ich kleine Änderungen vor, aber am Ende war das echt gut. Ich spielte es noch einmal auf der Gitarre, mit Text und schickte die Memo an Kevin. Mittlerweile war es schon nach Mitternacht, sodass ich mich schnell ins Bett legte und die Augen schloss.

Der nächste Morgen und die nächsten Tage waren gleich. Jeden Vormittag fuhr ich mit Jona in die Klinik und verbrachte dort den Tag. Der Regen floss über die Straße, sodass ein Spaziergang fast unmöglich war. Wir verbrachten viel Zeit im Spielzimmer auf der Station. Ich setzte die beiden immer auf die kleine Rutsche und schob sie runter. Dabei lachten sie vor sich hin und hatten ihren Spaß. Lilly und mir kamen die Tage im Krankenhaus unendlich lang vor, da wir nur begrenzten Raum hatten und lange nicht so viele persönliche Gegenstände, wie zuhause. Aber irgendwie war es auch wieder eine Abwechslung und Trennung von der Welt da draußen. Mehrmals wurde ich auf der Station erkannt, aber niemand war jetzt so richtig Fan von mir, würde ich behaupten, außer Christin. Das hatte sich am nächsten Tag auch direkt wieder gelegt. Ich habe ein Foto mit ihr gemacht, ihr ein Autogramm gegeben und ihr versichert, dass sie sich nicht schämen muss, für ihr verhalten. Meinen Merch hat sie in den Vergangenen Tagen nicht nochmal getragen, weil ihr das glaube ich noch unangenehmem war. Mittlerweile konnten wir uns aber ohne Probleme unterhalten, sie wunde nicht mehr rot, wenn sie mich sah und warf auch keine unauffälligen Blicke mehr zu uns. Die beiden versicherten uns auch glaubhaft, dass alles was auf dieser Station, in diesem Zimmer passiert ist auch hierbleibt, sodass es nicht die ganze Welt direkt weiß.

Heute war der letzte Abend, den ich alleine zuhause mit Jona verbringen muss. Ich hielt auf dem Weg nach Hause noch im Supermarkt, um wieder etwas Leben in unseren Kühlschrank zu bringen und räumte das Haus auf. Dazu ließ ich noch mal ordentlich den Hausmann raushängen, schmiss die Waschmaschine an und putze noch etwas.

Hundemüde viel ich spät ins Bett. Ich stellte noch schnell einen Wecker und vergewisserte mich mit einem Blick auf das Babyfon, das Jona friedlich schlief. Durch den schrillen Wecker Ton wurde ich am nächsten Morgen geweckt. Unten stellte ich die Kaffeemaschine an und schaltete den Wasserkocher ein. Im Anschluss weckte ich den kleinen Mann und machte ihn fertig. Beim Frühstück lief das heute aber überhaupt nicht, wie geplant. Jona spielte eher mit seinem Brei, als das er ihn aß. Er spuckte ihn immer wieder aus oder lüllerte rum. Dementsprechend sah sein Outfit nach dem Essen aus, was ich ihm eigentlich gerade frisch angezogen hatte. Naja, was solls. Später als geplant fuhren wir los zu Klinik und holten die Damen des Hauses ab.

Angekommen stand Lilly schon mit gepackten Taschen im Zimmer. „Morgen" sagte ich zu ihr und gab ihr einen Kuss. Lilly berichtete mir kurz von ihrem Morgen, dass sie sehr früh wach war, direkt ihre Tasche mit den letzten Dingen gepackt hat und dann sofort ins Klinikum ist. Wir führten dann noch ein ausgiebiges Gespräch mit dem Arzt, wo uns alle weiteren Schritte erklärt wurden. Über Kinderarzt besuche, zu Kontrolluntersuchungen, Medikamenten, Rezepten und Besonderheiten, auf die wir achten mussten, wurden wir informiert. Ich hoffe Lilly hat besser zugehört als ich, sonst könnten wir ein Problem bekommen.

Lilly

Nach dem Gespräch mit dem Arzt, holten wir nur noch die Taschen vom Zimmer, verabschiedeten uns von Christin und Matthias und gingen zum Auto. Ich war heilfroh, das Klinikum nach fast 2 Wochen endlich verlassen zu können. Es ist zwar alles recht groß, aber viel Freiraum und Privatsphäre hat man auch nicht wirklich. Das einzige, was mich jeden Tag wieder motivierte aufzustehen, war die Liebe, Angst und Sorge zu Malina. Mein Herz blutete jedes Mal, wenn ich das Klinikum verließ und ins Nachbarhaus ging. Sie oben alleine zu lassen, die Verantwortung den Schwestern zu geben, ist nicht einfach. Abends schrieb ich mit Wincent, doch ich glaube er hatte mit dem Haus und Jona genug zu tun. Ich hoffe einfach, dass wenn ich gleich die Haustüröffne, mir nicht gleich das Chaos entgegenfällt.

„Ich bin froh, gleich wieder in unseren eigenen vier Wänden zu sein." Sagte ich während der Fahrt. „Ich freue mich auch, dass ihr wieder da seid und das ich nicht mehr alleine im Bett schlafen muss, besonders." Schmunzelte Wincent und legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. „Endlich wieder die eigene Küche, die Terrasse und den Pool. Ich habe es echt vermisst. Fünf Wochen müssten es gewesen sein, wo wir das letzte Mal so richtig richtig richtig zu Hause waren." Sagte ich und Wincent nickte.

Nächster Tag

Gestern passierte nicht mehr viel. Wir kamen erstmal wieder zu Hause an und packten die Taschen aus. Das Gepäck, was eigentlich für die Flitterwochen gewesen wäre, hatte Wincent schon ausgeräumt. Generell war ich erstaunt, dass das Haus so ordentlich, sauber und im Kühlschrank auch einiges zu finden war. Vor 2-3 Jahren, hätte ich niemals gedacht, das Wincent doch so viel Verantwortung übernehmen kann und so selbstständig sein wird.

Tausend Meilen mir dir...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt