Kapitel 9

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Kapitel 9

Lilly

Am nächsten Morgen herrschte etwas Gewusel. Das gute Wetter der letzten Tage war weg und es regnete in Strömen. Ich machte zusammen mit Wincent die kleinen fertig und brachte sie in die Halle zum Frühstück. Während dem Frühstück kümmerte sich Luisa direkt um die beiden, sodass ich noch etwas beim Aufbau vom Merch half und dann beim Soundcheck zuguckte. Nach dem Mittagessen chillten wir oben im Bus. Malina und Jona waren bei mir und Marie im Arm und die Jungs neben uns spielten auf ihren Gitarren und probierten einiges für das neue Album aus. Am nächsten Abend spielten die Jungs ein richtig geiles Konzert. Luna hatte die Halle vorher richtig zum Beben gebracht, aber Wincent setzte noch einen obendrauf. Es war schön die lachenden Gesichter in den ersten Reihen zu sehen und auch Wincents Elan, war nicht zu übersehen. Nach dem Meet and Greet gingen wir nach oben in den Bus, wo Malina und Jona schon friedlich am Schlafen waren. Ich kuschelte mich an Wincents Brust und schloss die Augen.

Das nächste Konzert ist in drei Tagen, weshalb wir uns in Stuttgart im Hotel gemütlich einrichteten. Das Wetter war immer noch nicht schön, sodass wir einen Netflix Tag einlegten und uns Essen aufs Zimmer liefern ließen. Am Abend nutzen wir die kleine Regenpause, um etwas Raus zu gehen. Es war richtig schwül und war, so eine richtige Gewitter Luft. Im Supermarkt nebenan besorgten wir Nachschub für die kleinen, denn die beiden essen im Moment einen Mix aus Brei, Milch und kleinen Snacks. Da muss man immer etwas dabeihaben, sonst hat man irgendwann zwei schreiende Kinder vor sich.

Die Nacht war sehr unruhig. Es Gewitterte mehrere Stunden. Für die kleinen war das alles neu und ungewohnt. Sie quengelten viel und konnten nicht schlafen, ich denke sie hatten verständlicherweise Angst. Wincent hingegen schlief tief und fest. Ich machte ihn einmal kurz wach, damit er mir vielleicht ein Kind abnimmt, allerdings fielen seine Augen direkt wieder zu.

Wincent

Ich weiß selber nicht genau was diese Nacht los war, allerdings sagte mir mein Instinkt, dass etwas nicht stimmt. Lilly liegt komplett von mir weggedreht und unsere Kinder lagen in der Bettmitte. Mein Handy zeigte 8 Uhr, solange habe ich seit Monaten oder so nicht geschlafen. Ich bestellte vom Bett den Zimmerservice und sprang unter die Dusche. Passend klopfte die Dame vom Service und brachte das Frühstück. „Guten Morgen, Frühstück ist da." flüsterte ich und strich meiner Frau über die Stirn. Sie grummelte nur zurück und setzte sich langsam auf. „Alles gut?" fragte ich. Bevor Lilly antwortete, musste sie einmal ordentlich Gähnen. „Naja, bin noch etwas müde und ich brauche Kaffee." „Bitte schön, einmal Kaffee mit Milch für die Dame." Sagte ich und reichte ihr die Tasse.

„Wann treffen wir uns mit den anderen?" fragte sie. „Ich glaube um halb elf." „Ok, ich gehe mich schon mal fertig machen, du kannst die Mäuse ja schon mal wickeln." Sagte sie trocken zu mir und ging ins Bad. Was war denn los bei ihr? Vor ein paar Tagen kriegten wir nicht genug voneinander und jetzt kriege ich nicht mal einen richtigen gute Morgen Kuss. Was solls, ich wickelte die kleinen, zog ihnen frische Kleidung an und räumte etwas auf. Als Lilly aus dem Bad kam, suchte ich das Gespräch.

„Hey, was ist los? Keine Ahnung, was heute Nacht war, aber ich habe absolut nicht mitbekommen." „Das habe ich gemerkt. Zieh dich einfach schnell um, wir müssen gleich los." Sagte sie trocken und wollte an mit vorbei. „Warte mal." Hielt ich sie auf und packte sie an der Hüfte. „Rede mit mir, bitte." Versuchte ihr zu ihr durchzudringen. „Ich hab dich heute Nacht einfach genauso beschissen geschlafen, wie deine Kinder, ok." „Und warum hast du mich nicht wachgemacht?" „Das habe ich, mehrmals sogar. Du bist aber immer wieder eingeschlafen oder hast mich angebrummt." Sagte Lilly genervt und guckte zum Boden. „Kannst du mich bitte angucken. Es tut mir leid, dass ich heute Nacht nicht da war und dir geholfen habe, aber musst du mich deswegen so kalt ignorieren und anfahren, nur weil ich so einen tiefen Schlaf habe?" „Man du bist ein Arsch, das war nicht böse gemeint, aber irgendwie schon und dann war ich genervt, weil die kleinen geschrien haben, nicht schlafen wollten du aber geschlafen hast wie ein Stein und, ach ich weiß doch selber nicht." Redete sie und guckte mich an. „Kann es sein, dass du gerade auch eine schlechte Woche hast?" fragte ich vorsichtig und merkte, wie sie an meiner Brust nickte. „Ist nicht schlimm, ok. Alles gut. Wir packen jetzt die Tasche, ich zeihe ein frisches Shirt an und dann gehen wir los, einverstanden." „Einverstanden, aber eine Hose wäre auch nicht schlecht." Murmelte meine Frau und deutete auf mein Boxershorts. „Ach quatsch, nichts was die noch nicht gesehen haben." Lachte ich du holte mir von Lilly einen Kuss.

Pünktlich um halb elf kamen wir am Bus an, der etwas abgelegen auf einem Parkplatz stand.

Wir holten die Bänke und Sitzsäcke hervor und setzten Malina und Jona auf ihre Decke. Die beiden beschäftigten sich direkt wieder mit ihrem Spielezug und waren glücklich. Mit der Band und ein paar anderen saßen wir entspannt da und bastelten an den neuen Songs. Wir schrieben gerade an einer Nummer, wo ich über mich selber singe, aber nicht über die Zeit in Costa Rica, sondern über die Zeit mit meiner Familie.

Wenn ich die Augen schließ, dann bin ich frei
Und kann heute schon woanders sein
Wenn ich nur will
Wenn ich nur will

Jeder Tag ist so gleich, wie der davor
Das Gefühl für die Zeit hab ich schon lange verloren
Ich seh nur auf Bildern, wo ich gerne wär

Müsste einfach mal raus, für paar Sekunden
Doch ich stecke fest, drehe endlose Runden
Jeden Weg, den ich nehm, führt mich wieder hierher

Wir hatten schon den pre Refrain und die erste Strophe grob fertig, allerdings wusste ich nicht, wie ich den Refrain aufbauen soll.

'Wenn ich nur will dann, bin ich einfach da, ganz egal wo, ich bin da. Ich kann nicht warten, bis was neues passiert, nein ich bin da.' bastelte ich in meinem Kopf. „Ach scheiße man, dass ergibt doch alles keinen Sinn. Wie soll das denn gehen. Mit den Worten drücke ich überhaupt nicht das aus, was ich will. Ich hab langsam keinen Bock mehr, wie soll ich denn das Album fertigkriegen?" verzweifelte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Die Jungs versuchten mich aufzubauen, aber es brachte mich nur noch mehr an den Rand der Verzweiflung. „Sag doch mal, was du in deinem Kopf hast." Mischte Lilly sich ein. Ich liebe sie ja über alles, aber Songs schreiben überschreitet ihr Fähigkeiten dann wohl doch etwas, oder nicht. Naja, egal. Ich sprach dann meine Gedanken kommentarlos aus und wartete gespannt auf eine Antwort. „Ok, aber schau mal. Wenn du das 'bin ich einfach da' durch 'weit weg' ersetzt, dass du quasi von deinem normalen Leben weit weg bist und dann sagst, du kannst die Welt von oben sehen, obwohl du ja eigentlich am Boden bist. Verstehst du? Du verlässt dein 'normales Popstar Leben' und schwebst mit deiner Familie auf Wolke sieben." Ich dachte nach. „Schreiben wir das mal auf." Murmelte ich und steckte mit den Jungs die Köpfe zusammen.

Es ist kaum zu glauben, aber am späten Nachmittag, stand der Song, ebenso wie sie Melodie. Die Band hat nebenbei immer ein paar Sachen ausprobiert und rumgeklämpert, was aber am Ende das Erfolgsrezept war und den Song ausmachte. Dazu der Anstoß von Lilly und wir hatten den Song in unseren Köpfen.

„Ich will ja nichts sagen, aber langsam sterbe ich vor Hunger." Warf Luisa irgendwann in den Raum. „Ich auch" meldete sich Lilly zu Wort. „Oh, es ist gleich halb fünf, kein Wunder, dass der Hunger so langsam kommt." Sagte Manu. „Ich bin dafür, wir bestellen Pizza!" lächelte ich und nahm die Bestellungen an, die ich direkt bei Lieferando eingab. „Ich habe da eben noch den Beamer gefunden, theoretisch können wir eine Mario Kart Session starten." Schlug Amelie vor. Alle waren direkt einverstanden, sodass wir begannen alles umzuräumen, den Beamer aufbauten und Teams bildeten. Ich war mit Paul und Flo in einem Team. Wir spielten gegen Lilly, Benni, Manu; Amelie, Mani, Tom und Luisa, Tim, Phillip. Bevor wir starteten, schalteten wir die Musikbox an, nahmen uns ein Bier und aßen die Pizza, bis der Kampf eröffnet war.

Es war sowas von amüsant, ich habe die alle noch nie so krass lachen gesehen. Benni, motze immer rum, weil wir ohne seinen liebgewonnenen 'behinderten Modus' spielten, sodass es möglich war von der Strecke zu fallen. Gerade bei der Regenbogen strecke, kamen einige Schimpfwörter aus seinem Mund und ich musste mich zusammenreißen, nicht mit zu fluchen, weil es bei mir nicht besser lief. Am Ende war es ein unentschieden zwischen Amelies und Lillys Team. Ich musste mich schweren Herzens geschlagen geben.

Spät am Abend, räumten wir alles wieder auf, schnappten uns Malina und Jona, die oben im Bus am Schlafen waren und spazierten zum Hotel zurück.

„Die Idee von dir heute bei dem Song, war echt gut, das muss ich dir lassen." „Danke schön, es war aber auch schön zu sehen, wie ihr das zu einem richtigen Song gebastelt habt. Tschuldigung nochmal wegen heute Morgen." „Es ist wirklich alles gut, du musst dich nicht entschuldigen. Da bin ich mindestens genauso schuld dran." Beendete ich das Gespräch über das Thema und gab ihr einen Kuss.

Tausend Meilen mir dir...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt