Kapitel 19

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L E Y A

Nervös lief ich auf und ab. Ich konnte mich kaum halten, so aufgeregt war ich. In nicht mal zehn Minuten würde ich vor Cassandra Sawyer eine Show abliefern müssen, die sie hoffentlich überzeugen würde.

Das wäre das erste mal, dass ich an etwas ernsthaftem dran wäre.
Das erste Mal seit Jahren.
Seit diesem Tag.

Meine Hände wurden schweißnass und zitterten unkontrollierter denn je, während sich mein Herzschlag von Minute zu Minute beschleunigte.

Als sich die Tür der Kabine öffnete, hoffte ich inständig, dass Adam endlich da wäre. Als wir gestern zum letzten Mal trainierten versprach er mir, mich zu unterstützen und für mich ein gutes Wort einzulegen.

Aber er reagierte weder auf Anrufe, noch auf meine Nachrichten.

Mir war vollkommen bewusst, dass Adam und ich keine besten Freunde waren, geschweige denn einem Paar.
Darauf wollte ich auch niemals hinaus.

Trotzdem wollte ich in diesem Moment so sehr, dass er einmal nicht nur an seine Arbeit und seine Bedürfnisse dachte, sondern auch an mich. Immerhin gab er mir so viele Gründe weiterzumachen. Genauso, wie den wunderschönen Ort, den er mir zu Verfügung gab.

Und nun, wo er nicht auftauchte wurde mir immer schlechter.

Als sich die Tür wieder schloss, blickte ich auf und sah in das Gesicht von Will, anstatt in das von Adam.

Ich verspürte wie sich die Enttäuschung in mir breit machte, ehe ich mir ein nervöses Lächeln auf die Lippen zauberte.

Will erwiderte und setzte sich auf die Bank neben mich.

"Wie geht es dir?", fragte er vorsichtig.

"Wie soll es mir schon gehen? Ich werde mich wahrscheinlich, in genau fünf Minuten zur Witzfigur machen", erwiderte ich nach einem kurzen Blick auf die Wanduhr ironisch.

Entschuldigend sah mich Will an. "Tut mir leid, die Frage war wirklich überflüssig."

"Schon okay."

Als die Durchsage kam, dass sich alle Kandidaten vor der Bahn versammeln sollten, wurde mir plötzlich noch schlechter.

"Ich weiß du wirst das schaffen, Leya", hauchte Will und strich mir freundschaftlich über die Schulter.

"Da wäre ich mir nicht so sicher", murmelte ich stattdessen und stand mit wackeligen Beinen auf.

"Wieso bist du eigentlich hier? Und weißt du wo Adam ist? Er sollte schon längst hier sein."

Ich wurde immer panischer.

Was blieb mir auch anderes übrig? Meine Eltern, Brooke, Jack, sowie Will waren da. Die wichtigsten Personen.
Doch das reichte mir nicht. Denn ich wollte, dass Adam hier war.

Er begleitete mein Training, gab mir Tipps in Bezug auf seine Mutter und nun, am wichtigsten Tag ließ er mich im Stich.

"Als ich vom Büro losgegangen bin, war er noch in einem wichtigen Meeting. Wollte er etwa dabei sein?"

Die Skepsis die in seiner Stimme mitschwang entging mir keinesfalls. Ganz im Gegenteil; Es war nicht üblich, dass der eigene Arbeitgeber bei solch einer privaten Angelegenheit dabei war.

"Einem Meeting?", wiederholte ich vor ungläubigkeit schnaubend, während ich schnell meinen Zopf noch fester zog.

Er bevorzugte ein Meeting, welches er verschieben könnte. Natürlich. Was dachte ich auch? Das ich plötzlich der Mittelpunkt in seinem Leben wäre?

Gott, was war bloß los mit mir?

"Ich verstehe zwar nicht, wieso du willst, dass er hier ist, aber dennoch solltest du jetzt los. Die letzten Kandidaten sind gerade vor der Bahn angekommen."

Dankbar sah ich Will an und bewegte mich mit schnellen Schritten auf die kleine Gruppe von Eisläufern zu. Alle ihre Kleider glitzerten in den verschiedensten Farben, während mein weißes Kostüm eher an den sanften Schneefall erinnerte.

"Viel Glück, Leya. Du schaffst das", hauchte mir Will nochmal ins Ohr, bevor er sich zu meiner Familie auf die Tribüne setzte.

Es waren sehr wenige hier. Nur die Familien und Freunde der anderen Frauen. Soweit ich sehen konnte, waren hier keine Männer.

Es befanden sich gerade fünf Trainer in der Halle, darunter Cassandra. Ich erkannte sie sofort an ihrem strengen Dutt, der ihre rabenschwarzen Haare glänzen ließ. Dazu trug sie einen bissigen roten Anzug, der sich perfekt an ihren elegant sportlichen Körper schmiegte.

Doch die gesamte Aura die sie ausstrahlte, schüchterte mich ein, obwohl es keinesfalls so sein sollte.

Aber wer konnte dieser Frau aufrecht und ohne Furcht in die Augen sehen?
Ich sicherlich nicht.

"Nun, da sich alle potenziellen Läufer versammelt haben, beginnen wir mit der Jahrelang erfahrenen Läuferin und Trainerin. Ihre mehrfachen Siege bei der Olympia machen diese Frau zu einer der besten Läuferinnen in der ganzen EU und Weltweit. Ich bitte um Applaus für Cassandra Sawyer."

Der Sprecher verstummte und die wenigen Menschen in der Halle, schenkten der Frau einen großzügigen Applaus.
Auch ich klatschte.

Die Frau lächelte stumpf, ehe sie ihren Blick durch die kleine Masse schweifen ließ und wie ich es befürchtete bei mir stoppte. Sie betrachtete mich ganz genau, bevor sie dem Sprecher etwas zuflüsterte.

"Leya Smith ist die erste Läuferin. Ich bitte die anderen Kandidaten in ihre Kabinen zu gehen, bis sie einzeln aufgerufen werden, für ihren jeweilige Wahltrainer zu laufen", ertönte es erneut und brachte mich zum panischem Luftschnappen.

Die Blicke der anderen Frauen bohrten sich in mich und verursachten eine schmerzhafte Gänsehaut.

Ich ließ mich von ihnen jedoch nicht beirren und ließ mich auf das glatte Eis gleiten. In der Mitte stoppte ich und sah von dem Eis, dass mein verängstigtes Gesicht spiegelte auf, zu meiner hoffentlich zukünftigen Trainerin.

Meine Augen zuckten immernoch nervös hin und her, versuchten verzweifelt Adam auszumachen.

Aber er war wirklich nicht hier.
Jetzt, wo ich ihn brauchte.
Seinen kritischen und doch zugleich warmen und vertrauten Blick.

Er hatte mich im Stich gelassen.

Dabei war er derjenige, der darauf bestand, dass ich mein bestes gab. Nicht aufgab, wenn ich fiel.

"Leya Smith", ertönte plötzlich die Stimme von Cassandra, als sie etwas weiter weg von mir auf den Eis zum Stehen kam.

Ihr Blick prüfend.

"Mehrfache Siegerin sämtlicher Wettbewerbe und Turniere Europa- und Weltweit. Beeindruckend. Ich sah Videos von deinen damaligen Turnieren und muss sagen, dass ich lange keine so gute Läuferin sah", sie machte eine Pause und ließ ihren Blick an meinem Körper hinaufschweifen. "Wirklich tragisch dieser Unfall. Aber ich bin äußerst daran interessiert deine Fortschritte zu sehen."

Trotz ihrer nett gemeinten Worte, wurde mir schwindelig.

Ihre Erwartungen waren hoch. Verdammt hoch.

Und sofort wurde mir bewusst, wie wenig ich trainierte. Es war nicht genug.

"Fang an", sagte sie und entfernte sich wieder, bis sie an das Geländer stieß und sich mit einem Klemmbrett jede meiner Bewegungen einprägte.

Also fing ich an. Ohne Adam.

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Schöne Ferien an alle, die genauso wie ich seit Freitag Ferien haben. Oder sogar schon länger.

Der interessante Part kommt dann doch erst im nächsten Kapitel, aber ich hoffe ihr seid genauso gespannt darauf, wie ich.

-Ally

Dancing With My Boss Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt