4. Kapitel

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Verpasster Anruf: Neo

Ich verdrehe die Augen. „Was ist los?", fragt Harry verwundert und ich halte ihm mein Handy unter die Nase. Er seufzt leise. „Ich denke du solltest das mit ihm klären." Überrascht sehe ich ihn an und noch bevor ich fragen kann, spricht er weiter. „Dass er mir ein ganzes Stück unsympathischer geworden ist, brauche ich dir wohl nicht sagen, aber ich weiß, dass dir die ganze Sache keine Ruhe geben wird, bis ihr das geklärt habt." Ich weiß leider, dass er recht hat.

Harry streicht mir durch die Haare. Ich liege quer im Bett und benutze seine Brust als Kissen. „Ich will gerade nicht mit ihm sprechen. Wäre er in New York geblieben, wäre das alles nicht geschehen.", brumme ich missmutig und Harry spannt sich unter mir an. Verwirrt drehe ich mich um. „Jetzt sag bloß, dass du froh bist, dass er hergekommen ist." Er zuckt mit den Schultern. „Ich hätte die Kampagne allein nicht auf die Beine stellen können und er macht seinen Job wirklich gut. Zumal waren seine Kontakte zur Presse sehr hilfreich und -" – „Das meine ich doch nicht.", falle ich ihm ins Wort. Harry schweigt einen Moment, ich mustere ihn und schnell wird mir etwas klar.

„Scheiße, du bist froh darum, dass er mich geküsst hat." – „Louis, das ist Schwachsinn. Wieso sollte ich das gut finden?", fragt er, aber ich sehe es ihm doch an. „Dadurch haben Liam und Zayn es erfahren und das findest du gut!", schlussfolgere ich und setze mich nun richtig auf. „Das kann doch nicht dein Ernst sein?!" – „Ich finde es ganz und gar nicht gut, was da geschehen ist, aber -" – „Wenn jetzt ein aber kommt, ist alles was da vor war irrelevant.", unterbreche ich ihn und kann einen Moment nicht glauben, was ich da höre. 

„Jetzt übertreibst du aber!", widerspricht er und wird, so wie ich, etwas lauter mit seiner Stimme. „Ich denke nur, dass es nicht schlecht ist, wenn es zwei deiner Teamkollegen wissen." – „Bitte was?", entgeistert sehe ich ihn an. „Hab ich irgendetwas nicht mitbekommen?! Die zwei wollten es allen sagen und sie wissen doch, was dann geschieht! Und jetzt sitzt du vor mir und sagst mir allen Ernstes, das du das gut findest?!" Ich schüttle den Kopf und klettere aus dem Bett.

„Wow, Harry." – „Sie werden dir helfen und sie werden dich nicht outen." – „Und ob sie das werden.", murmle ich und fahre mir durch die Haare, während ich einige Schritte hin und her laufe. „Rede einfach noch einmal mit ihnen." – „Mhm." – „Bitte, Louis." Harry ist wieder ruhiger und gefasster geworden. Ich hingegen kann nach wie vor nicht glauben, was er da gerade gesagt hat. „Willst du, dass ich mich oute?", frage ich dann unüberlegt. „Was?" – „Willst du, dass ich mich oute?", wiederhole ich meine Frage. Er überlegt einen Moment, bevor er antwortet und die Zeit gebe ich ihm.

„Natürlich fände ich es schön, mit dir rauszugehen und nicht so zu tun, als wären wir lediglich Arbeitskollegen.", beginnt er und ich schließe kurz die Augen. „Ich weiß aber, dass das in dieser Situation nicht realistisch ist und wenn ich das nicht aushalten und akzeptieren würde, würde ich wohl kaum nackt in deinem Bett sitzen.", stellt er klar. Ich seufze leise und setze mich auf die Bettkante. „Du hast mir gestern gesagt, du wärst nicht wütend auf mich, wenn ich dich nach Hause bringe. Du hast mich darum gebeten, zu dir zu kommen und du warst derjenige, der sich an mich gedrückt hat, sodass jeder erkannt hat, dass wir mehr als nur Kollegen sind. Und jetzt bist du wütend." Es ist keine Frage, sondern vielmehr eine Feststellung. „Nicht auf dich." – „Du hast dich gestern dazu entschieden, zu offenbaren, dass du ganz offensichtlich irgendetwas für mich fühlst." – „Irgendetwas?", frage ich irritiert. Harry schweigt. „Als irgendetwas kann man das wohl kaum bezeichnen. Ich stehe auf dich und dass wissen die drei jetzt auch."

Harry lächelt einen kurzen Moment lang. Ich schweige ein paar Sekunden, ehe ich sage „Es hätte schlimmer kommen können; wenn Duckie oder Gibson oder Warren es gesehen hätten." – „Was möchtest du jetzt tun?", fragt Harry mich dann zögerlich. „Ich weiß es nicht.", gebe ich zu und streiche unbewusst mit den Fingerspitzen über seinen nackten Oberschenkel. „Ich mache weiter, spiele weiter und hoffe, dass du recht hast." – „Und... sonst?" – „Was meinst du?", fragend sehe ich ihn an. „Wie willst du doch verhalten? Vor den anderen meine ich." – „Was – oh.", ich verstehe es in dem Moment, indem ich nachfragen möchte. Er sieht einen Augenblick lang zur Seite. „Du meinst wegen uns." Er nickt kaum bemerkbar.

„Möchtest du Abstand?", fragt er dann und ich schüttle sofort den Kopf. „Nein, nicht schon wieder!", widerspreche ich sofort. „Das hatten wir gerade erst und es war beschissen." Harry nickt verstehend. „Können wir nicht einfach weitermachen, wie bisher?", überlege ich laut. „Ich werde nicht wieder so tun, als kenne ich dich nicht.", betone ich und er lächelt. „Gut." – „Dachtest du das?" – „Ich wäre zumindest nicht überrascht gewesen.", gibt er zu. Ich sehe auf meine Finger auf seinem Bein. „Tut mir leid." – „Wieso entschuldigst du dich?" – „Du hast eine Beziehung verdient, die du nicht verstecken musst." Mein schlechtes Gewissen überkommt mich. Harry sollte fröhlich mit seinem Partner oder seiner Partnerin oder wem auch immer durch die Straßen der Stadt gehen können, ein Dinner genießen und danach in eine Bar oder eine Kneipe ausgehen können. Mit mir kann er all das nicht ansatzweise machen.

„Ich möchte aber mit dir zusammen sein. Dann verstecke ich mich lieber, als mit wem anders auszugehen.", sagt er mit fester Stimme, entschlossen und gibt mir somit zu verstehen, dass hier keine Diskussion zulässig sich. Ich seufze, mein Herz flattert (schon wieder) und ich rutsche näher zu ihm. Einen Moment denke ich darüber nach, ob es nicht unpassend ist, aber dann ist es mir egal. Ich lehne mich zu ihm herüber und küsse ihn sanft und liebevoll. „Danke, Love." Er lächelt, antwortet nicht mit Worten, sondern legt seine Lippen wieder auf meine. Ohne Hektik oder Eile rutscht er etwas nach hinten, bis er sich an die Wand lehnen kann. Ich folge ihm und lasse mich von ihm leiten, sodass ich wenig später, ihm gegenüber und ihn immer noch küssend, auf seinem Schoß sitze. Er seufzt leise, nicht sexuell, nur genießend.

Der Moment ist nicht geladen von Lust und Verlangen, er ist viel mehr durchflutet von Liebe und Zweisamkeit. Es ist ein Moment, den nur wir beide Teilen. Wir brauchen gerade keine Worte, die Nähe ist vollkommen ausreichend. Ich weiß, dass er weiß, dass ich glücklich hier bin, dass ich nirgendwo anders sein möchte und dass ich einen Teufel tun und in die alten Verhaltensweisen zurückfallen werde. Und ich weiß, dass er sich mit der Situation arrangiert und mir ganz und gar nicht böse deswegen ist. Lächelt sehe ich ihn an und streiche seine Haare nach hinten. Seine Fingerspitzen tanzen über meinen Rücken und verursachen eine Gänsehaut, die meinen Körper hinab rennt. Er schmunzelt, als er meine Reaktion auf ihn sieht. Ich kraule mit einer Hand seinen Nacken und seine Kopfhaut, die andere liegt inzwischen an seinem Hals und mit dem Daumen streiche ich über seine Wange. Heilige Scheiße, dieser Mann ist so wahnsinnig schön.

Es vergehen einige weitere Augenblicke, bis plötzlich sein Handy klingelt und die Blase, die uns von der Außenwelt bis gerade eben abgeschirmt hat, mit einem Mal zerplatzen lässt. Er zuckt zusammen, flucht leise und greift nach dem Störenfried.

Noah Whitten

„Super.", brumme ich und Harry verdreht die Augen, ehe er abhebt. „Styles." Ich streiche weiter über seine Haut und Harry schließt die Augen, lehnt seinen Kopf gegen die Wand und lächelt sehe ich ihn an. Er genießt es sichtlich. „Mhm... nein, ich komme heute nicht mehr ins Büro... ich habe genug Überstunden... deswegen wird nicht alles direkt den Bach hinunter gehen... ja, weiß ich... ja, alles gut... okay... mhm... sag ich ihm... Bis dann." Er legt sein Handy wieder weg. „Was wollte er?" Harry küsst meine Schulter und meinen Hals. „Wissen wo ich bin, und ob ich heute noch arbeiten komme." – „Tust du nicht." – „Nein, tue ich nicht.", schüttelt er den Kopf. „Er hat gefragt, ob es dir besser geht, er ist davon ausgegangen, dass ich bei dir bin." – „Mhm. Super.", murre ich. „Und ich soll dir sagen, dass er gerne mit dir über gestern sprechen würde. Es klang so, als täte es ihm ehrlich leid." – „Mal sehen." – „Rede mit ihm, bevor er zurück nach New York fliegt.", bittet Harry mich. „Du würdest es bereuen."

„Ich will heute nicht über Noah nachdenken." Harry nickt und küsst meine andere Schulter. „Was willst du denn?" – „Mit dir im Bett liegen, vielleicht gleich einen Film schauen." – „Und?", fragt er weiter. „Schokolade. Und noch einen Tee." – „Und?" – „Kuscheln.", gebe ich dann doch zu, wissend, dass es das war, was er hören wollte. „Geht doch." – „Und Sex." – „Hat dir das vorhin etwa nicht gereicht?", fragt er amüsiert. „Ich sage ja nicht, dass es sofort sein muss. Wir haben den ganzen Tag Zeit. Heute lasse ich dich nicht mehr gehen." – „Das klingt wie eine Drohung.", grinst er provokant und platziert zarte Küsse an meinen Schlüsselbeinen. „Tu nicht so, als würdest du es nicht mögen, was ich mit dir tue." – „Ich liebe es."

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Eine kleine Diskussion und viel Zweisamkeit. Die beiden haben etwas Ruhe verdient, findet ihr nicht? :) Wird Louis noch mit Noah reden, oder belässt er es dabei? 

Love, L 

Lightning Strikes TwiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt