26. Kapitel

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Die Stille zwischen uns ist drückend, fast schmerzhaft könnte man schon sagen. Harry denkt über meine Worte nach, das kann ich ihm ansehen. Dagegen habe ich nichts, absolut nicht, nur werde ich von Sekunde zu Sekunde nervöser. Harry räumt die leeren Einkaufstaschen weg und nimmt sich dann etwas zu trinken, bevor er sich zu mir umdreht und sich gegen die Arbeitsplatte lehnt.

„Ist es wirklich so schlimm für dich?" – „Was?", frage ich verwirrt und er seufzt. „Ist es so dermaßen schlimm, dass Liam und Zayn es wissen? Ich akzeptiere, dass du dich für die Öffentlichkeit nicht outen willst, aber du tust so, als wäre es der Weltuntergang, dass die beiden nun von uns erfahren haben." Ich schweige einen Moment. Harry spricht kurz danach weiter. „Mir ist klar, dass dir nicht gefällt, was an dem Abend vor dem Hattricks passiert ist, aber so wie du es gesagt hast... ich wusste in dem Moment nicht, ob du nicht alles meinst; unsere komplette Beziehung. Es hat sehr weg getan, Louis, tut es noch." Ich sehe zur Seite und versuche meine Gedanken zu ordnen. Dass ich ihm weh getan habe weiß ich, aber es so direkt von ihm zu hören, ist, als würde man mir ein Messer direkt in den Brustkorb stechen.

„Es tut mir leid, Harry, ehrlich." – „Bereust du es?", fragt er mich darauf hin. „Mein Freund zu sein?" Perplex sehe ich ihn an. „Was? Scheiße, nein! Harry, ich liebe dich!", antworte ich sofort und mache unüberlegt einen Schritt auf ihn zu. „Am liebsten würde ich jedem erzählen können, was ich Glück ich habe, mit dir zusammen zu sein, aber damit muss ich mich noch gedulden und -", ich seufze und streiche mir die Haare aus der Stirn. „Ich werde mit Zayn und Liam reden, okay?" – „Und mit Kenny.", verlangt Harry. „Was? Wieso das?", frage ich sofort und merke erst danach, wie panisch das geklungen haben muss. Ich sehe es in seinem Blick.

„Er ist dein Teamcaptain. Und außerdem musst du nach seiner Ansage an dich wirklich dringend mit ihm sprechen, wenn du weiter spielen willst. Er hat dich doch schon aus der ersten Reihe genommen, wie deutlich soll er noch werden, dass es nicht okay ist, wie du dich im Augenblick verhältst?" – „Du weißt ganz genau, dass ich das nur machen muss, weil meine Teamkollegen hirnverbrannte Hinterwäldler sind." – „Nicht alle von ihnen; oder schätzt du Zayn, Liam oder Ian auch so ein?" Ich verdrehe die Augen. Wie war das noch? Ausnahmen bestätigen die Regel. „Kenny wird dir schon nicht den Kopf abreißen, aber er sollte wissen, was los ist, damit er dir helfen kann." – „Und wie soll er das machen?", frage ich Harry und lache bitter. „Was soll er tun, Harry?" – „Er könnte zum Beispiel strenger darauf achten, dass dumme Kommentare von Duckie oder sonst wem nicht einfach akzeptiert werden, das sollte er meiner Meinung nach sowieso stärker tun.", erwidert er und ich schüttle den Kopf.

„Das bringt doch nichts." – „Wenn jeder so denken würde, würde Homosexualität immer noch als Krankheit gelten, Louis. Wenn jeder sagt das bringt doch nichts, ändert sich auch nichts, also sprich mit Kenny.", argumentiert er. Ich seufze. „Sind wir das quitt?" – „Du glaubst, ich möchte das von dir, damit wir quitt sind?" Ich zucke mit den Schultern. „Unter anderem." – „Scheiße, Louis, ich möchte, dass du das machst, weil ich mir sicher bin, dass es dir danach besser gehen wird! Spring über deinen Schatten und oute dich. Wenn du möchtest, kann ich dabei sein, dich unterstützen, aber wenn du möchtest, dass ich dabei zusehe, wie du deine Karriere langsam aber sicher ruinierst, weil du den Mund nicht aufmachen willst, hast du dich geschnitten, das werde ich nicht tun.", stellt er klar und mein Herz zieht sich zusammen. „Du stellst mir also auch ein Ultimatum. So wie Kenny es getan hat.", fasse ich zusammen. „Du hast doch immer gesagt, dass man niemanden zu einem Outing zwingen soll und du hast gesagt, dass du es akzeptierst, dass ich es noch nicht möchte und jetzt stellt du mich vor die Wahl? Entweder oute ich mich, oder was, du machst Schluss?!", rege ich mich auf.

„Ich möchte dir helfen, Louis.", sagt er ruhig, aber ich kann nur den Kopf schütteln und lachen. „Das nennst du helfen? Ich bin hergekommen, um mich bei dir zu entschuldigen, weil ich weiß, wie beschissen ich mich verhalten habe und wie gemein es war, zu sagen, dass ich wünschte, dass das alles nie geschehen wäre, aber dir fällt nichts Besseres ein, als mich zu zwingen, mich zu outen? Was soll er Mist, Harold?!", möchte ich wütend von ihm wissen.

„Ich zwinge dich doch nicht!" Nun wird er auch lauter. „Vielleicht siehst du es nicht, vielleicht erwartest du sogar, dass jeder dich dann eklig und abstoßend findet, aber das wird nicht passieren! Es tut mir leid, dass du in deiner Umgebung so viele homophobe Vollidioten hast, aber weder Kenny noch Ian oder auch Drew zum Beispiel würden dich Verurteilen deswegen!" – „Du lebst in deiner wunderschönen, friedlichen, wir-sind-alle-so-lieb-zueinander-Regenbogenwelt, Harry! Aber ich liebe nun einmal in der Sportwelt der NHL!"

Daraufhin sagt er einen Moment lang nichts mehr. Ich hasse es, mit ihm zu streiten und ich hasse es, ihn anzuschreien, aber ich konnte nicht ruhig und gefasst bleiben. Wir hatten diese Diskussion schon so oft, wie kann er denn immer noch nicht verstanden haben, dass ich keine Wahl habe?

„Ich werde dich nicht zwingen, dich zu outen, Louis, ich sage nur, dass ich denke, es würde einiges einfacher machen, wenn Kenny es weiß; und wenn du endlich Klartext mit Liam und Zayn sprichst." Ich schnaube. „Schön. Mit den beiden werde ich reden, aber nicht mit Kenny." Harry nickt. „Daran kann ich wohl nichts ändern." – „Das merkst du aber früh.", erwidere ich trocken und weiß nicht recht, was ich danach noch sagen soll.

„Ich denke, ich sollte besser gehen.", durchbreche ich die Stille wenig später. „Nein, wieso?" – „Weil ich kaum glaube, dass es so eine kluge Idee ist, jetzt noch mit deiner Schwester gemeinsam essen zu gehen. Wenn sie mich gestern nicht schon entschlossen hat, mich nicht zu mögen, wird sie es spätestens jetzt getan haben.", erwidere ich und Harry schüttelt den Kopf. „Nein, sie wird dich mögen." – „Nachdem was ich gerade alles gesagt habe? Und wie ich dich angeschrien habe? Wohl kaum.", antworte ich ihm. Er macht einen Schritt auf mich zu und schiebt vorsichtig seine Finger zwischen meine. „Wir bekommen das hin, Louis, das klappt schon irgendwie." – „Wieso bist du dir jetzt wieder so sicher, dass es funktionieren wird?", möchte ich verwundert wissen und er zuckt mit den Schultern. „Du hast eingewilligt, mit Liam und Zayn zu sprechen, das ist ein Anfang und ich bin zuversichtlich, dass Kenny bald folgen wird." Ich verdrehe die Augen. Schön, wenn er zuversichtlich ist, aber das passiert nicht.

„Und ich möchte mich noch für die Blumen bedanken.", fügt er hinzu und löst eine Hand aus meiner, ehe er sie zögerlich auf meine Hüfte legt. Ich komme ihm etwas entgegen, mache einen kleinen Schritt auf ihn zu und seine Hand gleitet zu meinem Rücken. „Ich liebe dich, Harry." – „Ich weiß, ich dich auch.", antwortet er lächelnd und mein Herz schmilzt bei diesem Anblick nur so dahin. Harry sieht auf meine Lippen. Sofort wird mir wärmer und eine Gänsehaut überzieht meinen Körper. Dann lehne ich mich ihm entgegen und küsse ihn sanft. „Es tut mir ehrlich leid. Und ich bereue ganz und gar nicht, dein Freund zu sein.", wiederhole ich leise und er küsst mich erneut.

„Ich denke mal, ihr habt es geklärt.", werden wir kurz danach unterbrochen und ich drehe mich um. Harrys Schwester steht im Türrahmen und mustert uns beide. „Erst einmal schon.", antwortet Harry und zieht mich zu sich heran, sodass ich mich instinktiv gegen seine Brust lehne. Sein Herz schlägt kräftig und etwas schneller als üblich in seiner Brust und zu wissen, dass ich der Grund dafür bin, lässt mich glücklich dreinblicken. „Wir werden Mittagessen gehen.", sage ich Gemma dann. „Und ihr dürft gerne aussuchen, wohin. Ich lade euch ein.", füge ich hinzu.

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Meint ihr, Louis wird mit Liam und Zayn sprechen? Und könnt ihr Harry verstehen? Glaubt ihr, es wäre gut, wenn Louis mit Kenny redet? 

Love, L 

Lightning Strikes TwiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt