31. Kapitel

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Harry wartet. Er sagt nichts, sondern gibt mir Zeit, bis ich mich etwas beruhigt habe. Ich schaue in meinen Garten. Der Gärtner kommt alle paar Wochen und pflegt die kleine Grünanlage. Mein Grill steht unter dem Terrassendach und ist abgedeckt. Es ist eine Ewigkeit her, seitdem ich ihn das letzte Mal genutzt habe. Wieso haben wir keinen Grillabend gemacht, als meine Familie hier war?

Ich trinke mein Wasser aus. Langsam werden meine Gedanken wieder geordneter. Ich sehe zur Fensterscheibe. Shit happens.

„Wieso hast du mir nichts gesagt?", frage ich Harry ein paar Augenblicke später. „Was? Wovon sprichst du?", möchte er verwundert wissen. „Von New York.", antworte ich knapp. „Ich dachte, das hätten wir schon geklärt.", entgegnet er irritiert. „Weiß Mister Johnson davon?" – „Ich denke, er ahnt es." – „Wieso?" – „Der Vertrag ist bisher nur auf ein Jahr beschränkt, weil TAA das so wollte.", erklärt er. „Weil du es so wolltest.", korrigiere ich ihn, aber er zuckt mit den Schultern. „Beides. Ich fand es beim Zeitpunkt des Vertragsschlusses zumindest nicht schlecht." – „Mhm." Eine kurze Zeit lang ist es erneut still zwischen uns.

„Hat Kenny wirklich gesagt, dass du deine Sachen packen und gehen sollst?" – „Ich habe meinen Kram da gelassen. Ich brauche das Zeug nicht mehr." Harry seufzt. Ich weiß, dass es ihm bei der Frage nicht darum ging, aber so ganz ist es immer noch nicht angekommen, was heute geschehen ist.

„Er hat nicht gesagt, dass ich bleiben soll, das ich meinte, dass meine Zeit als NHL-Spieler wohl vorbei ist.", erzähle ich kurz danach und sehe auf das leere Glas in meinen Händen. „Er weiß alles, das von uns, das mit Noah und mir und was vorm Hattricks passiert ist. Er weiß auch, dass Liam und Zayn Bescheid wissen. Ich bezweifle, dass es jetzt noch lange dauern wird, bis es die Runde macht.", gebe ich meine Gedanken preis. „Ich denke, wenn ihr in Ruhe darüber sprecht, gibt es bestimmt eine Lösung." – „Wie kannst du nur so optimistisch sein.", sage ich eher zu mir selbst, als zu ihm.

„Also fliegst du nach England?" Ich zucke mit den Schultern. „Wieso nicht? Ich möchte schon seit viel zu langer Zeit wieder dorthin. Vielleicht ist es ja besser so." – „Dass du kein NHL-Spieler mehr bist." – „Mhm. Ja. Ich habe genug Geld, um auszukommen, wenn ich mir nicht gleich übermorgen eine Yacht oder so einen Mist kaufe.", erkläre ich ihm. „Ich könnte mir in Doncaster ein Zuhause suchen." Harry schweigt einen Moment lang, bevor er fragt: „Also für immer?" – „Ich weiß nicht... es ist nur ein Gedanke." – „Du weißt, dass ich nicht mit nach England kommen werde.", gibt er zu Bedenken und wieder nicke ich.

„Was würde das für uns bedeuten? Ich dachte, du möchtest nur für ein paar Wochen dorthin?", fragt er mich und auch, wenn er es nicht durchblitzen lassen möchte, höre ich klar und deutlich heraus, dass es ihm sorgen bereitet. „Deswegen werde ich erst einmal zurückkommen." – „Wegen mir?" – „Was hält mich sonst hier?", frage ich und sehe ihn an. „Wieso sollte ich in Amerika bleiben?" – „Du hast Freunde hier." – „Die fast alles Eishockeyspieler sind.", werfe ich ein und zucke mit den Schultern. „Ich habe hier dich, ich komme gerne mit nach New York, wenn du wirklich zurück möchtest, das habe ich ernst gemeint."

Harry mustert mich einen kurzen Augenblick lang. Ich weiß, dass er es noch nicht vollkommen ernst nimmt, aber genau so meine ich es. „Wenn du zurück nach Norden ziehst, komme ich mit. Vorausgesetzt natürlich, du möchtest das.", stelle ich klar. „Ich kann das nicht von dir erwarten." – „Das tust du nicht. Ich mag den Gedanken nicht, so weit weg von dir zu sein und wenn du dort einen guten Job hast, werde ich eben den Big Apple kennenlernen. Ich habe genug verdient, um dorthin zu gehen, wo ich will. Es gibt quasi keine Einschränkungen für mich.", entgegne ich und lächle sogar ein bisschen. „Ich war schon so oft in New York für Auswärtsspiele, aber ich war noch nie auf dem Times Square oder dem Empire State Building." – „Ich werde dir dort gerne alles zeigen.", lächelt Harry schließlich und kommt einen Schritt näher.

Lightning Strikes TwiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt