34. Kapitel

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„Ich habe nichts gegen dich, Louis, wirklich nicht.", beginnt dieser einige Momente später unschlüssig. „Ich weiß nur nicht, wie es weiter gehen soll. Das bedeutet nicht, dass ich dich nicht gerne in der Mannschaft habe, aber -" – „Wieso aber?", unterbricht Harry ihn forsch. „Wen interessiert es, ob Louis auf Frauen oder auf Männer steht, solange er ein gutes Spiel abliefert? Wieso ist es wichtig, ob er schwul ist?!", regt Harry sich auf. „Wir sind seit Monaten zusammen und niemand, von Drew abgesehen, hat es mitbekommen! Louis weiß seit fast zehn Jahren, dass er auf Männer steht und trotzdem hat er es sowohl in die EIHL und die NHL geschafft. Es ist kein Hindernis verdammt, weil es überhaupt nichts mit seiner Karriere zu tun hat!"

Ich schiebe instinktiv meine Finger zwischen seine. Überrascht sieht er zu mir, aber ich schüttle nur den Kopf. „Lass es gut sein, Haz. Es ist wirklich toll, dass du dich so für mich einsetzt, aber du siehst es doch. Wie soll ich weiterspielen können, wenn ich weiß, dass nicht einmal mein Teamcaptain hinter mir stehen würde?", frage ich ihn und das bittere Gefühl der Enttäuschung macht sich in mir breit. Harry schüttelt den Kopf und auch Drew sieht das ganze wohl anders. „Teamcaptain hin oder her, du wirst weiterspielen, Louis.", stellt Drew klar. „Wie willst du das dem Vorstand erklären?", möchte Kenny wissen. „Der Vorstand muss es nicht wissen.", antwortet Harry entschlossen. „Bisher hat auch niemand Fragen gestellt, wieso sollte ich das ändern?" Kenny schweigt.

„Du wirst nichts sagen, Kenny.", stellt Drew klar. Louis wird weiterspielen. Offiziell hat er sich heute beim Training verletzt und konnte deswegen nicht spielen.", erklärt er mir und überrascht sehe ich ihn an. „Das war meine Idee.", erklärt Harry leise. „Was – du?" Er nickt. „Ich wollte verhindern, dass du wirklich alle Brücken hinter dir abreißt." – „Meinst du nicht, dass Zayn und Liam es dem Team schon erzählt haben?" – „Nein.", antwortet Harry überzeugt. „Haben sie nicht, das garantiere ich." Drew mustert ihn einen Moment. „Wieso bist du dir da so sicher?" – „Vertraut mir einfach.", antwortet er, aber Drew schüttelt den Kopf. „Nein, Karten auf den Tisch. Was weißt du, was wir nicht wissen?", möchte er wissen und Harry seufzt. „Ich kann es euch nicht sagen." – „Wieso nicht?", möchte Kenny wissen. „Weil sie Louis dann outen würden." – „Du erpresst sie.", stellt Drew fest und Harry zuckt mit den Schultern. „Was blieb mir denn anderes übrig?", fragt er, aber keiner von uns weiß eine Antwort darauf.

„Louis, du möchtest doch weiter bei Lightning spielen, oder nicht?", fragt Drew etwas ruhiger und ich zögere. „Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist. Ich reiße das Team auseinander und -" – „Tust du nicht.", unterbricht Harry mich sofort. „Du ist gut so, wie du bist." Ich drücke seine Hand leicht. „Danke Harry, aber ich weiß doch, dass es so ist." – „Dagegen lässt sich etwas tun.", wirft Drew ein. „Und zwar?", möchte ich wissen und er sieht zu Kenny. „Das wäre längst nicht so weit eskaliert, wenn du deiner Aufgabe als Teamcaptain besser nachgekommen wärst." – „Scheiße, was? Jetzt bin ich das Arschloch?", will Kenny perplex wissen. „Was soll der Mist, Drew?" – „Du bist Captain, das bedeutet, du musst unter anderem darauf achten, dass dein Team zusammenhält und dazu gehört nun einmal auch, darauf zu achten, dass niemand diskriminiert wird. Sorry Kenny, aber das hast du echt nicht gut gemacht in letzter Zeit." Kenny schnaubt. „Wie soll ich darauf achten, wenn ich nicht weiß, dass Louis ein – dass Louis schwul ist." – „Danke.", sage ich nur trocken. „Wolltest du Schwanzlutscher sagen? So wie der Rest des Teams es immer ausdrückt?", möchte ich von ihm wissen.

Kenny verdreht die Augen. „Ey sorry, Louis." Ich schüttle den Kopf. „Lass stecken." – „Da siehst du das Problem, Drew. Wie soll Louis sich im Team akzeptiert fühlen, wenn ständig diese Formulierungen benutzt werden?", möchte Harry wissen. Drew drückt sich Zeigefinger und Daumen gegen die Nasenwurzel. „Das ist keine Kleinigkeit und das sollte sich schleunigst ändern.", sagt er kurz danach. „Abgesehen davon, dass es gegenüber Louis inakzeptabel ist, würde es einen Skandal auslösen, der bestimmt nicht einfach ignoriert wird. Lightning hat sich gerade erst öffentlich dazu bekannt, für Gleichberechtigung insbesondere der LGBTQ-Bewegung einzustehen und wenn Louis jetzt das Team wirklich verlässt, wird es nicht lange dauern, bis der Grund an die Presse gerät. Scheiße, wie soll das aussehen? Ein Team, dass sich für LGBTQ einsetzt, schmeißt einen Spieler raus, weil er schwul ist? Dann können wir direkt aus der NHL aussteigen.", prophezeit er und Kenny wird aschfahl.

„Lass mich raten, du hast darüber noch nicht nachgedacht.", bemerkt Harry und der Teamcaptain schüttelt den Kopf. „Du etwa?", frage ich verwundert und er nickt. „Selbstverständlich, ich bin euer PR-Manager, aber gerade wahr es mir erst einmal wichtiger, mich um dich zu kümmern." Herr Gott, womit habe ich diesen Mann nur verdient?

„Also, was machen wir?", möchte Drew wissen. „Louis bleibt." – „Weil ich muss.", antworte ich Kenny. „Nein, weil... ich werde dafür sorgen, dass das Team wieder auf Linie gebracht wird, ich werde darauf stärker achten, okay? Und selbstverständlich bleibst du in der ersten Reihe." Ich zögere. „Ist es nicht das, was du wolltest?", möchte er irritiert wissen. Ich nicke. „Bis vor einigen Stunden, schon." – „Und jetzt?" – „Jetzt habe ich gesehen, was passieren wird, wenn es an die Öffentlichkeit gerät. Kannst du mir versprechen, dass du mich nicht anders behandeln wirst?", will ich von ihm wissen. „Ich versuche es.", antwortet er mir zögerlich.

„Er ist vollkommen überfordert.", raunt Harry mir zu. Ach was. Ich doch auch! „Gut, dann ist das ja endlich geklärt.", sagt Drew sichtlich erleichtert. „Allerdings wirst du erst wieder in einer Woche oder so spielen können.", meint er dann und verwundert sehe ich ihn an. „Wieso das?" – „Harry hat allen erzählt, du hättest dich verletzt, niemand würde es glauben, wenn du morgen wieder auf dem Eis stehen würdest.", antwortet er schulterzuckend. „Wir bleiben bei der Ausrede?" – „Wieso nicht? Niemand zweifelt daran und unwahrscheinlich ist es auch nicht.", entgegnet er.

Ich atme tief durch und versuche zu verstehen, was gerade passiert ist. „Du bleibst Spieler.", wiederholt Harry und zieht mich zu sich heran. Ich lehne mich an ihn und er drückt einen Kuss auf meine Haare. „Und du bleibst in der ersten Reihe. Sie wären schon blöd gewesen, des besten Spieler des Teams wieder herzugeben." – „Ich bin nicht der Captain.", erinnere ich ihn schmunzelnd. „Noch nicht.", antwortet Harry mir. „Ich glaube kaum, dass deine Karriere zu Ende sein wird, ohne dass du diesen Posten einmal besetzt hast.", fügt er hinzu. „Du bist süß.", antworte ich und schließe für einen Moment lang die Augen. Ich vergesse, dass Kenny und Drew noch hier sind, ich konzentriere mich nur auf die Nähe zu Harry.

„Ich werde gleich Zayn und Liam anrufen.", unterbricht Kenny uns beide. „Wieso das?" – „Damit sie nichts ausplaudern.", antwortet er mir. „Wir sehen uns nächste Woche beim Training, Louis." – „Okay.", antworte ich und wenig später sind die beiden verschwunden.

„Ich habe dir gesagt, du bleibst NHL-Spieler.", lächelt Harry und ich verdrehe die Augen. „Den Spruch konntest du dir nicht verkneifen, richtig?" – „Richtig.", grinst er und ich lache glücklich, ehe ich ihn in eine enge Umarmung ziehe. „Danke, Love. Ohne dich wäre ich durchgedreht. Und definitiv arbeitslos." – „Ich liebe dich, Louis. Ich möchte, dass es dir gut geht und das du glücklich bist.", antwortet er mir schulterzuckend. „Ich bin glücklich, sehr.", antworte ich ihm und küsse ihn liebevoll. Harry lächelt und lässt sich auf das Sofa fallen. Er zieht mich mit sich und ich drücke mich gegen ihn, als ich auf seinem Schoß sitze. Wer hätte gedacht, dass es wirklich klappt? Dass ich wirklich Spieler bleibe?

„Fliegst du trotzdem nach England?", möchte Harry wissen. Verwundert sehe ich ihn an. „Wieso sollte ich das tun?" – „Du hast eine Woche frei, du könntest rüber fliegen.", antwortet er mir und ich zögere. „Könnte ich, aber sollte ich das?" – „Wieso nicht? Was soll passieren?" Ich seufze. „Keine Ahnung." Ich bin zwiegespalten. Bleibe ich hier bei ihm und genieße meine freie Zeit oder nutze ich die freien Tage, um endlich wieder meiner Heimat einen Besuch abzustatten? 

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Hättet ihr gedacht, dass das Gespräch so ausgeht? Und sollte Louis rüberfliegen, oder nicht? 

Love, L 

Lightning Strikes TwiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt