8. Kapitel

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„Das könnt ihr besser!" Coach Warrens Stimme zerschneidet die Luft und mein Griff um den Lenker des Trainingsfahrrads wird fester. Zayn neben mir geht es nicht sonderlich besser. „Scheiße.", höre ich ihn leise fluchen und stimme ihm gedanklich zu. Das Training heute verlangt uns allen Höchstleistungen ab und wir sind noch einmal auf dem Eis gewesen. Plötzlich kommt Harry auf uns zu, stellt sich genau vor uns und hält die Kamera auf mich und meine Kollegen. Nur wenige Sekunden scheint er zu filmen, dann nimmt er das Handy wieder runter und sieht auf den Bildschirm. „Musste das sein?", frage ich außer Atem und er grinst scheinheilig. „Fick dich.", murmle ich und trete kräftiger in die Pedale.

Harry lacht nur und geht weiter seiner Arbeit nach. Auch, wenn ich nicht zur Seite schaue, weiß ich, dass Zayn mich gerade anblickt und stumm bete ich, dass er einfach weiter trainieren und nichts sagen wird. Wenig später wird uns eine kurze Pause gegönnt. Zayn möchte gerade etwas sagen, da schneide ich ihm das Wort ab. „Warren ist heute echt mies drauf. Und wir müssen das ausbaden." – „Wir haben nicht einmal Mittag.", antwortet er und ich greife nach meiner Wasserflasche. „Das macht es noch schlimmer." Liam stößt zu uns und gibt Zayn ebenfalls etwas zu trinken. „Ich habe nur ich das Gefühl, oder ist das Training heute schlimmer als sonst." – „Meine Louis auch gerade schon.", antwortet der Verteidiger und ich nicke.

Erst einen Augenblick später merke ich, in welcher Situation ich mich befinde; ich stehe etwas abseits mit genau den beiden Kollegen, die mitbekommen haben, wie mein Ex mich geküsst und wie ich mich wenig später hilfesuchend an Harry gedrückt habe. Verdammte Scheiße, ich muss hier weg. Ich sehe mich um, keine beachtet uns, aber da trifft mein Blick den unseres Pressemanagers. Mein Herz macht einen Sprung, aber die Nervosität der schlechten Art bleibt nach wie vor. „Louis, hast du später kurz Zeit? In der Mittagspause oder -" – „Nein.", unterbreche ich Zayn sofort. „Ich hab zu tun.", füge ich etwas zu schnell hinzu. „Sicher, dass du keine fünf Minuten hast?" – „Ja. Sorry.", entschuldige ich mich und gehe zu den Waschräumen. Man könnte auch sagen, dass ich flüchte.

Vielleicht tue ich genau das. Ich stöhne genervt und schaue mein Spiegelbild an. Wieso haben die zwei keinen Filmriss? Jemand hätte ihnen einfach mehr Drinks andrehen müssen, dann hätte ich das Problem jetzt nicht. Es vergehen nur wenige Sekunden, da öffnet sich die Tür zum Waschraum. Alarmiert drehe ich mich zur Seite, sehe dann aber, dass es nur Harry ist. Zum Glück nicht Zayn oder Liam. Er schließt die Tür hinter sich und bleibt stehen. Er sagt nichts, sieht mich einfach nur an und ich drehe mich wieder nach vorne. „Was möchtest du mir sagen?" – „Was denkst du, was ich sagen möchte?", stellt er die Gegenfrage. „Dass ich mit ihnen reden solle.", antworte ich und er nickt. „Das kommt hin." – „Werde ich aber nicht." – „Wieso nicht?", möchte er wissen. Ich antworte auf diese Frage nicht. Weil ich die Hoffnung habe, dass sie es ganz zufällig und plötzlich vergessen? Nein, selbst ich erkenne, dass das lediglich in die Kategorie „Wunschdenken" fällt.

„Haben sie etwas zu dir gesagt?", möchte ich dann wissen, aber er schüttelt den Kopf. „Noch nicht, ich denke aber, dass zumindest Zayn auf mich zukommen wird, wenn du ihm weiter aus dem Weg gehst." – „Was wirst du ihm dann sagen?", frage ich und sehe ihn durch den Spiegel an. Harry seufzt. „Ich bin ziemlich sicher, dass er verstanden hat, dass wir zusammen sind." – „Ziemlich sicher ist nicht 100% sicher." – „Und? Er weiß zumindest, dass du auf mich stehst. Was macht das für einen Unterschied?" Ich schweige, versuche eine Antwort zu finden, aber es klappt nicht. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Harry macht einen Schritt auf mich zu. „Hab etwas Vertrauen, Schatz." – „Schatz?" verwundert sehe ich ihn an. „Ich... sorry, ich habe nicht darüber nachgedacht.", Er lächelt unsicher. „Magst du es nicht?", fragt er anschließend unschlüssig. „Dann mache ich es nicht noch einmal."

„Ich weiß nicht.", erwidere ich ehrlich. „Ich war nur überrascht." – „Positiv oder negativ?" Ich zucke mit den Schultern. Harry kommt mir wieder ein Stück näher. Unser Blickkontakt reißt auch jetzt nicht ab und mein Herz fängt an, schneller zu schlagen. Ich spüre, wie ich zunehmend nervöser werde. Je näher er mir kommt, desto stärker spielt mein Körper verrückt. Er mustert mich einen kurzen Moment lang und fängt meinen Blick erneut mit seinem ein. Eine Gänsehaut läuft mir über den Rücken und mir wird gleichzeitig wärmer. Harry stellt sich hinter mich, erst berührt er mich nicht, dann aber spüre ich seine Brust an meinem Rücken und lehne mich instinktiv ein wenig gegen ihn. Ich sehe, dass er lächelt, nur ein wenig, aber er lächelt. Ich erschaudere, als seine Hände plötzlich auf meinen liegen. Hauchzart streicht er mit den Fingerspitzen über meine Handgelenke, meine Unterarme und meine Oberarme. Mein Herz flattert noch schneller.

Selbst über durch den Stoff merke ich seine zarten Berührungen noch, als seine Finger über meine Schultern tanzen und zu meinem Nacken wandern. Ohne etwas zu sagen, beginnt er vorsichtig damit, meine Muskeln zu massieren und ich stöhne genießend auf. Er küsst meinen Nacken und schiebt das Trainingsshirt etwas zur Seite, bevor er mit der Massage weiter macht. Ich stütze mich mit beiden Händen auf der Ablagefläche neben den Waschbecken ab und mein Kopf fällt nach vorne. Harrys Berührungen sind der Wahnsinn.

Immer wieder küsst er mich zwischendurch und jedes einzelne Mal überholt mein Herzschlag sich dabei selbst. „Mhm... Love.", murmle ich und wieder drückt er einen Kuss auf meine Haut. Dieses Mal platziert er ihn an meinem Hals kurz unter meinem Ohr. Ich seufze auf. „Besser?", fragt er nach einigen Augenblicken leise und ich nicke. „Mhm. Ja." Ich bin deutlich entspannter als noch vor wenigen Minuten und ruhiger sowieso. „Gut." Seine Hände nimmt er von meinem Nacken und legt sie auf meine Hüfte. „Drehst du dich zu mir?", bittet er mich und natürlich mache ich es. Harrys Nase berührt fast meine und als er lächelt, kann ich nicht verhindern, es auch zu tun. Dann küsse ich ihn. Ich kann nicht anders. Wie sollte ich es nicht tun, wenn er mir so nah ist und meinen Verstand so dermaßen durcheinander bringt? Er erwidert den Kuss, bewegt seine Lippen sanft zu meinen und drückt mich leicht gegen die kühle Steinplatte. Meine Finger streichen durch seine Haare und über seine Hüfte, auch wenn das Hemd an dieser Stelle zwischen meiner und seiner Haut liegt.

„Sehen wir uns heute Abend?", frage ich spontan und mein Blick wechselt von seinen Augen zu seinen pinken, vollen Lippen und wieder zurück. Ich liebe es, wie sie aussehen, wenn wir uns geküsst haben. Sie sind dunkler, glänzen leicht und laden geradezu ein, ihn erneut zu küssen. „Möchtest du das denn?" – „Sonst würde ich kaum fragen.", antworte ich amüsiert. Er streicht meine Haare nach hinten und krault meine Kopfhaut. Ich seufze leise und schließe kurz die Augen. „Was möchtest du denn machen?" – „Bei dir sein.", erwidere ich unüberlegt. Harry lächelt etwas mehr. „Vielleicht einen Film sehen, ein Bier trinken, oder eben Wein, und dich küssen. Ich möchte dich kann oft küssen.", füge ich hinzu. Ihm gefällt diese Antwort offenbar. Okay. Ich werde schauen, dass ich nicht allzu viel Arbeit mit nach Hause nehme.", antwortet er. „Soll ich uns etwas kochen?" Ich schüttle den Kopf. „Ich werde mich um das Essen kümmern." – „Du bestellst also.", antwortet er amüsiert. „So bist du schneller mit der Arbeit fertig und kannst dich mir zuwenden.", argumentiere ich.

„Darum geht es dir also.", grinst er wissend. „Möglich.", erwidere ich schulterzuckend. „Dann habe ich nichts dagegen." Er küsst mich noch einmal. Es ist nicht heiß und verlangend, eher liebevoll und ruhig. Vertraut. Wie gerne würde ich die nächste Stunde mit ihm einfach hier bleiben und ignorieren, was hinter der Tür rechts von uns ist. Unsere Zungen umspielen einander, tanzen und mein Herz bekommt nicht genug von Harry.

Dann wird plötzlich die Tür aufgestoßen und wir fahren auseinander. Zayn. Er bleibt in der Bewegung stehen und sieht uns verwundert an. Dann schwingt die Tür hinter ihm zu. „Äh... sorry, ich wollte nicht stören." – „Hast du nicht.", antworte ich etwas zu schnell und die Ruhe von gerade ist vollkommen verschwunden. Stattdessen macht sich Panik in mir breit. Harry sieht kurz zu mir. „Ich gehe dann mal besser.", sagt er noch, bevor er aus dem Waschraum verschwindet. „Ich wusste nicht, dass ihr hier seid.", meint Zayn anschließend, aber ich schüttle sofort den Kopf. „Kein Problem. Das ist ein Waschraum für alle." Ihm ist anzusehen, dass er es ansprechen will, aber ich gehe mit schnellen Schritten zur Tür. „Bis gleich. Ich sollte zurück zum Training." – „Wir haben noch Pause.", antwortet er, aber ich ignoriere es. Erst als die Tür hinter mir wieder zu fällt, atme ich etwas erleichtert auf und schließe für einen Moment die Augen. Das darf doch alles nicht wahr sein.

Das beklemmende Gefühl geht nicht weg. Ich hatte die Hoffnung, dass das Training mich ablenken wird, aber dem ist nicht so. Die ganze Zeit geistern die Gedanken und meinem Kopf herum und wollen keine Ruhe geben. Ausgepowert und verschwitzt folge ich am frühen Abend meinen Teamkollegen in die Dusche. Von den Jungs abgewandt starre ich an die Fliesen und greife nach meinem Shampoo. Ich höre nur mit halbem Ohr zu, worüber sie reden, und verlasse den Duschraum wieder, sobald ich fertig bin. Als einer der ersten, packe ich meine Trainingstasche zusammen. 

„Ich muss los. Bis morgen.", verabschiede ich mich knapp und gebe damit wieder Liam, noch Zayn die Chance, mich erneut anzusprechen, denn beide sind erst halb fertig mit Anziehen und werden mir so nicht nach draußen folgen. 

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Das lief ja eher suboptimal. Meint ihr, Zayn schafft es, Louis dazu zu bringen mit ihm zu reden oder wird das nichts? 

Love, L 

Lightning Strikes TwiceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt