Eispalast

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Erschöpft lagen beide auf dem Boden des Wohnzimmers und schnappten nach Luft.

Sie hatten ein Trümmerfeld hinterlassen.

Der Couchtisch war in zwei Teile zersprungen. Das Sofa hatte einen langen Riss abgekommen. Das Bücherregal in der Ecke war umgestürzt und die bunten Vorhänge im Flur in Richtung des Balkons, waren heruntergezerrt oder gefallen. Und was nicht in Trümmern lag, war mit einer dicken Eis- oder Schneeschicht überzogen.

„Rhys wird dir dein Gehalt kürzen." schnaufte Ophilie an seiner Brust.

Die Arme des Schattensängers waren eng um die High Fae gelegt, als hätte er Angst, dass sie ihm jede Sekunde wegrennen könnte.

Auch wenn er es in seinem schlaftrunkenen Zustand vielleicht ohnehin nicht geschafft hätte, sie aufzuhalten.

Doch dafür war Ophilie selbst zu erschöpft.

„Soll er machen. Im Vergleich zu früher, halten wir uns schon deutlich zurück." murmelte Azriel mit geschlossenen Augen.

Ophilie grinste an seiner Haut. „Eindeutig."

Azriel schnurrte etwas, das Ophilie als bejahenden Laut aufnahm. Dann jedoch öffnete er die Augen. Sein Herz schlug schneller. „Lilie?"

„Mhm?"

Sanft begann der Schattensänger über den weichen Rücken seiner Liebsten zu streicheln. „Das zwischen uns ... ist das jetzt offiziell?"

Ophilie zog verwirrt die Brauen zusammen, hielt die Augen jedoch geschlossen. „Was meinst du mit offiziell? Ich küsse dich in der Öffentlichkeit, wir hatten Pläne übers zusammenziehen gemacht. Ich schlafe wieder mit dir. So ziemlich jeder deiner Familie weiß, dass wir wieder zusammen sind. Was lässt dich vermuten, dass ich dich nicht offiziell machen will?"

Azriels Schatten umflogen den zarten Körper der High Fae. Genau wie seine Hände. „Unsere Vergangenheit. Mein Benehmen zu dir. Meine Taten. Ich habe dir viel Schmerz angetan. Ich könnte es verstehen, wenn du es dir jederzeit mit mir anders überlegen würdest oder wenn du das ganze hier nur als Affäre haben willst. Ich könnte dir nichts davon übel nehmen."

Nun schlug sie doch die Augen auf und sah zum Schattensänger missverständlich auf. „Wir haben beide Fehler gemacht. Ja. Du vielleicht noch größere als ich. Aber wir haben uns doch nun eingestanden, dass wir ohne den anderen nicht gut leben können und ich habe dir gesagt, dass ich bleibe. Ich vergebe dir."

Azriels linke Hand wanderte zu ihrem Gesicht auf und berührte die warme weiche Haut ihrer Wange. „Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob du mir all das vergeben solltest, was ich dir angetan habe. Dass ich dich im Stich gelassen habe. Dich in Gefahr gebracht habe und Mitschuld daran trage, dass du nie wieder etwas riechen kannst. Hätte ich dir deinen Wunsch nach einer Familie erfüllt - oder zumindest mit dir darüber geredet, dass ich unheimliche Angst davor habe dich zu verlieren, wenn du unser Kind austragen würdest, hätte unsere Wiedervereinigung schon vor Jahrhunderten stattfinden können.
Hätte ich das getan - mit dir darüber zu reden und dich zum Bleiben überreden können - hättest du nicht Jahrhundertelang auf Flucht sein müssen. Man hätte dir nicht das halbe Gesicht aufgeschnitten oder dir so oft die Nase gebrochen, dass du deinen Geruchsinn verloren hättest.
Wir waren jung, ja, aber ich habe dich damals so geliebt wie heute - wie in all der Zeit dazwischen, in der ich mir eingeredet habe, dass du mit einen anderen glücklicher werden würdest und wir die Sache mit den Gefährten uns doch nur eingebildet haben.
Wir wären an der Sache gewachsen. Und ich schätze, du hättest Rhys in mancher Lage wesentlich besser helfen können als ich es getan habe."

Ophilies Blick war voller Neugierde. Sie schnaufte leicht auf. Ein leises kleines Lächeln bildete sich auf ihren vollen Lippen ab. „Wären wir. Sicherlich. Aber ich sehe das noch ein kleines bisschen anders als du;
Unsere Zeit war damals nicht dafür bestimmt, eine Familie zu gründen. Ich war jung. Du noch viel jünger. Wir waren halbe Teenies, die dauergeil aufeinander waren.
Und wäre ich geblieben, an eurem Hof, in eurem Reich und bei dir, wäre Feyre wohl nie hierher gekommen. Cassias hätte nie Nesta getroffen und ihr helfen können, über sich hinaus zu wachsen. Dass ich nicht mehr hier war, als Rhysand unter den Bergen von Amarantha festgehalten wurde, wäre wohl auch nie mit dem geendet, wie es heute war. Vielleicht hätten wir uns da bereits für immer verloren, wenn mein Vater nicht ohnehin schon Krieg gegen euch geführt hätte. Unsere Kinder wären nie sicher gewesen, wenn ich die Geburt denn überlebt hätte. Wir waren ja noch so jung und unerfahren und waghalsig.
Ich glaube, dass unsere Zeit zusammen einfach damals nicht sein sollte. Du hast mich gerettet, du hast mein Herz und mein Leben wieder in Einklang gebracht. Vielleicht sind dir und mir schlimme Dinge widerfahren. Mehr als uns vielleicht zustände.
Aber ich glaube, dass uns noch düsteres und grausameres erwartet hättet, wenn wir uns nicht getrennt hätten."

A Court of Fire and Ice | Azriel Fanfiction  | Watty 2022 ShortlistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt