Der Beginn einer Liebe

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Früher, bevor ich Lilie kennengelernt hatte, war der wohl schönste Laut der einer Harfe. Es lag wohl an meiner Mutter, die mir in unserer gemeinsamen Zeit oft auf diesem Instrument vorgespielt hatte.

Ich liebte es, was die Saiten für eine Ruhe in mir auslösten. Es befreite mich von den Schmerzen und den Gefahren, zu denen ich nach einer Stunde Aufenthalt bei ihr wieder zurück musste. In meine Zelle. Ohne Licht und Fenster.

Doch es gab noch etwas anderes auf dieser Welt, was mich nicht nur beruhigt, sondern auch glücklich zu machen schien; Lilies Lachen.

Kaum hatte sie einmal damit angefangen zu Kichern und zu lachen, schien es, als wäre eine innere Wand in ihr gefallen. Sie war gelöst und offen - und es machte mir wahnsinnigen Spaß und Freude, sie zu erfreuen.

Wir liefen nun schon über eine Stunde in der Dunkelheit des Gartens umher, den man wohl eher als Park bezeichnen konnte. Wir liefen und liefen und nichts wiederholte sich in der Umgebung. Doch Lilie führte uns zielsicher umher und zeigte mir die nächtliche Schönheit des Herbsthofes.

Es war kühl geworden und ich konnte nur erahnen wie schön und bunt der Park bei Tag sein müsste. Ich kannte den Herbst kaum, doch gefiel mir die Kühle und die Schönheit der Nacht auch hier - obwohl es lange nicht an die Nächte in Velaris herankam. Obwohl ich dort nicht so wunderschöne Gesellschaft hatte.

Inzwischen hatten wir die Bäume gegen eine weitläufige Wiese getauscht, an deren rechte Seite ein kleiner See lag. Wir kamen davor zum stehen und Lilie zeigte auf eine Bank, die direkt vor uns stand. „Wollen wir uns setzen?"

Ich nickte zustimmend und folgte ihr auf die Holzbank.
Sie suchte keine Abstand mehr, sondern setzte sich genau neben mich, sodass sich unsere Schultern berührten. „Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so wunderbare Gesellschaft genossen habe."

Ich hob nachdenklich eine Braue an. „Hat dein Vater dir keine Bediensteten für sowas eingestellt? Die dich bei all deinen Studien bei Laune halten?"

Lilies volles Lächeln verschwand und wurde traurig. Am liebsten hätte ich meine letzten Worte sofort zurückgenommen. „Doch. Ich habe viele Lehrer. Mehr als mein Vater für gut verheißt. Aber wie dir vielleicht selbst schon aufgefallen ist, halten es nicht viele lange in meiner Nähe aus."

Ich drehte mich zu ihr und sah sie an. Meine Hand fuhr nach oben zu ihrem schönen langen Haar und schob sanft eine Strähne hinter ihr spitzes Ohr. „Was ist der Grund dafür?" wollte ich nun doch wissen.

Die High Fae seufzte tief und sah kurz auf den schwarzen See zu unseren Füßen. „Auf mir lastet ein Fluch, den mir mein Vater zu meiner kommenden Regentschaft auferlegt hat."

Es jagte mir sofort einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Was?"

„Er glaubt, dass ich einfacher mit Entscheidungen bei den Regierenden durchkommen würde, wenn Leute in mir nicht die zarte kleine Frau sehen, sondern zu Beginn die Frau, die sie sofort ins Bett haben wollten - und kurz danach eine Frau, die mit ihren Blicken töten könnte. Es ist ein ziemlich komplexer Fluch, der behaftet ist mit Illusionen. Illusionen, die ich nicht brechen kann und die bei jedem erscheinen."

„Bei mir nicht, Lilie. Ich sehe dich genauso wie du bist." sagte ich leise und empfand es in diesem Moment als wichtig ihr die Bedeutung meiner Worte nochmal mit meiner Hand, die ich auf ihr Knie legte, zu unterstreichen.

Ein zartes Lächeln trat auf ihre Lippen und sie sah mich wieder an. „Ich weiß zwar nicht, wie du das geschafft hast, aber inzwischen glaube sogar ich, dass du es kannst. Nur wüsste ich gerne den Grund dafür."

A Court of Fire and Ice | Azriel Fanfiction  | Watty 2022 ShortlistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt