Alltag am Nachthof

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„Ich kann das selbst!" murrte Ophilie den Schattensänger müde an, der gerade dabei war sich an ihrem Verband schaffen zu machen.

Es war nun drei Tage her, seit Ophilie aufgewacht war. Drei Tage in denen ihr der Schattensänger nicht von der Seite gewichen war.

Er aß, wenn sie aß. Zumindest, wenn Ophilie endlich einmal etwas vom Essen aß, das ihr gebracht wurde. Und es nicht wie viele der Gerichte stehen ließ, was Azriels Laune nicht gerade verbesserte. Egal wie lecker der Braten oder das Steak auch war. Sie berührte nicht einmal eine Erbse, die auf dem selben Teller lag.

Er schlief in seinem alten unbequem aussehenden Holzstuhl, wenn sie in seinem Bett schlief. Und sogar wenn sie las, ließ er es sich nicht nehmen auch zu lesen. Allerdings waren es Manuspripte und Unterlagen aus Rhysands Büro, in denen er seine Nase hineinsteckte.

Wieso wollte er nicht gehen? Wieso warf er sie nicht endlich aus seinem Zimmer und ließ ihr ihre Ruhe vor ihm? Dann könnte sie endlich mit Rhysand klären, dass seine Idee, sie an seinem Hof zu behalten, keine gute Idee war.

Aber Ophilie kannte die Antwort wohl genauso gut wie Azriel selbst. Er wollte für sie da sein. Ihr zeigen, dass er es besser konnte.

Aber jetzt war es zu spät, Ophilies Ansicht nach. Und so kläffet und fauchte sie ihn an und versuchte ihm zu verdeutlichen, dass sie ihn nicht bräuchte - obwohl sie es wohl insgeheim besser wusste.

Ohne ihn hätte sie keine Nacht so friedlich schlafen können. Und irgendwie, ja, so musste sie zugeben, da ... sie wusste auch nicht ganz ... da war sie vielleicht auch froh, dass ihm ihre Hilfnachricht doch erreicht hatte. Ihm. Nicht Rhys oder Cas. Sie hatte sich in der Sekunde ehe sie auf der Wiese hinter ihrem Haus, zusammenbrach, sich nach seinem schönen Gesicht gesehnt und gehofft, dass sie es wiedersehen würde.

Dennoch ging ihm die Säuberung ihrer Wunde eindeutig nichts an. Dafür gab es Heilerinnen. Oder sie selbst. Noch vor wenigen Tagen, musste sie sich selbst um jede Verletzung kümmern. Ganz ohne Kräutertränke oder heilende Verbände.

"Deine Wunde muss gereinigt und frisch gewickelt werden. Ich habe alles wichtige gleich hier stehen. Und im Gegensatz zu dir, bin ich es gewohnt auch unappetitliche Wunden zu versorgen. Ich habe mehr als einmal Cassians Gedärme wieder in seinen Körper gestopft müssen und habe ihm die wohl übelsten Wunden genäht." Azriels Stimme war nur ein leises Brummen.

"Unappetlich? Denkst du die meisten meiner Narben sahen bei ihrer Entstehung wie ein Blumenmeer aus? Du bist wohl der einzigste hier, der die meisten meiner Narben gesehen hat. Glaubst du, die wurden mir mit einem Papierflieger zubereitet?" fragte Ophilie mit dem Hauch eines sanften Lächelns auf den Lippen nach.

Der Schattensänger verdrehte die Augen, half dann der High Fae mit seinen beiden Händen dabei sich im Bett aufzusetzen und hob das weitere lockere weiße Hemd soweit an, dass es bis zum beinahe zum Einsatz ihrer Brust reichte.

Inzwischen wusste Ophilie, wem diese Hemden gehörten, in die sie immer wieder gesteckt wurde. Und über den eigentlichen Eigentümer der Hemden, war sie nicht allzu froh.

Wenigstens musste sie den Geruch von Zedernholz und Nachtkältenebel nicht riechen.

Ophilies Wangen färbten sich schlagartig rot als sie seine kühlen Fingerspitzen an ihrer Haut spürte. So nahe ihrer Brust.

A Court of Fire and Ice | Azriel Fanfiction  | Watty 2022 ShortlistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt