Blut lief in heißen Rinnen ihre Kehle herab und tropfte lautlos auf den verschneiten Boden zu ihren Füßen.
Nichts war mehr von blütenweißen Schneedecke übrig geblieben. Überall lagen tote Soldaten des High Lords des Herbstreiches. Blut und Dreck hatten das zarte glitzernde Weiß befleckt.
Doch ihre Gedanken halten nur einem; der ihrer Tochter.
Um sie herum lauterten sieben Soldaten, die langsam auf sie zu kamen. Dahinter weitere zehn.
Sie wusste, dass die Lage aussichtslos war. Ihre Wunde am Hals würde sie töten. Sie verlor zu viel Blut. Aber sie würde nicht kampflos sterben. Nicht als Göttin von Schnee und Eis. Sie würde jetzt und hier ihr Leben verlieren. Doch es würde der Tag kommen, an dem sie den Mann dafür bestrafen würde, was er ihr und ihrer geliebten Tochter angetan hatte.
Das Schwert raste auf sie zu - und Odluna spürte nichts als Freiheit und Erlösung ehe die Welt um sie herum schwarz wurde.
Ophilie rieß panisch die Augen auf und setzte sich in ihrem Bett auf.
Ihr Atem raste heftig ein und aus.
Sie hatte noch nie vom Tod ihrer Mutter geträumt.
Nie zuvor.
Und doch stellte es sich jetzt eher als Wunder heraus, da sie wohl das größte Opfer von Berons Macht war. Ihre eigene Mutter getötet auf Befehl ihres Vaters hin.
Und ihr einziger Gedanke galt ihr. Ihrer Tochter.
Ophilie wagte einen kurzen Blick zur Seite.
Auch wenn es dunkel war, erkannte sie Amrens tiefe leichte Atemzüge, die sie wissen ließen, dass die einstige Göttin tief und fest schlief.
Ohne weiter zu zögern, riss Ophilie die Decke zur Seite und stand auf.
Ihr Magen rebellierte. Ihre Füße zitterten bei der Berührung mit dem hölzernen Boden.
Sie griff sich den hellblauen Morgenmantel vom Nachttisch und warf ihn sich über, bevor sie das Zimmer verließ und die Tür leise hinter sich zu zog.
Sie brauchte Schlaf. Dringend.
So sehr sie ihre Mutter auch vermisste und bereit war, für sie in den Kampf zu ziehen, so bewusst war ihr auch, dass sie es niemals schaffen würde, mit ihr zu reden oder sie gar im Schneeland zu finden, wenn ihre Gedanken weiterhin bei der Enthauptung Odlunas waren.
Sie hatte nur einmal gegen die Nachbartür zaghaft geklopft, als Azriel sie bereits öffnete und sie ohne weitere Worte in den Arm nahm. „Alles wird gut." murmelte er in ihr rotes Haar hinein und nahm sie mit in sein Zimmer herein.
*
Die Gegend war eisig kalt und bei den Gedanken daran, diese Kälte noch weitere Stunden zu ertragen, ließ Ophilies Knochen müde werden.
Sie und Amren war in den dicksten Sachen angezogen, die das Inventar des Nachthofes zu bieten hatten. Trotzdem reichte es für die High Faen gerade so, nicht wild mit den Zähnen zu klappern.
„Wir suchen jetzt schon seit drei Stunden nach diesem verdammten Ort! Rhysand hat doch gesagt, es wäre einfach ihn zu finden. Kann deine Fledermaus nicht los fliegen und mal die Gegend absuchen?" meckerte Amren hinter Ophilie und Azriel, die weiter die Gegend mit ihren Blicken prüften.
Ophilie drehte sich ein Stück zu ihrer Freundin herum und versuchte es mit meinem Lächeln. „Azriels Flügel würden die Kälte nicht schaffen ohne Schaden zu nehmen. Die Kälte hier ist eine andere als im Nachtreich. Außerdem bin ich fest von überzeugt, dass wir gleich was finden."
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A Court of Fire and Ice | Azriel Fanfiction | Watty 2022 Shortlist
FanficSie sollte die erste High Lady werden. Ophilie. Tochter von Beron. Doch ihre Liebe zum Schattensänger Azriel stellte sie vor die Wahl. High Lady über das Herbstreich werden oder gemeinsam mit ihrer Liebe verschwinden und den Titel der High Lady für...