KAPITEL 16

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Y O O N G I

„Wie meintest du das?", fragte ich neugierig, während ich mich versuchte, ihm zu nähern.
„Fass mich nicht an", zischte Jimin, welcher sich erneut zu mir umgedreht und mich leicht genervt angesehen hatte. „Was ist denn los?", fragte ich ihn verwirrt, doch da entzog er sich schon aus meinem Griff. „Was hast du nur für ein Problem?", fragte ich erneut. „Das geht dich überhaupt nichts an", antwortete er etwas leiser, sodass ich ihn gerade noch verstehen konnte. „Jimin", „Was willst du eigentlich noch? Ich gebe dir schon dein blödes Geld zurück oder ist dir das nicht genug?", erhob er seine Stimme und sah mich ernst an.

„Was ich will? Ich will gar nichts, sondern nur versuchen, nett zu dir zu sein, da ich mich wirklich schlecht gefühlt habe, bei dem was ich zu dir gesagt habe, aber du kannst ja scheinbar nicht normal mit einem reden!", wurde ich nun auch lauter und sah ihn genau an. Sein Blick verriet mir, wie ihn meine Worte überrascht hatten. Er antwortete mir auch gar nicht mehr, starrte mich einfach nur unbeholfen an, bevor Jin mir einen letzten finsteren Blick zu warf und den Kleineren mit sich zog.

„Was hast du getan, dass Jin kurz davor war dich zu töten?", ertönte Taehyungs Stimme fragend hinter mir, bevor ich einmal tief seufzte und ihnen einen bedrückten Blick zuwarf. „Yoongi?", „Ich hab ihn gestern bei der Nachhilfe als Nutte bezeichnet und das er mich nur unterrichtet, um sich beim Direktor einzuschleimen", ratterte ich runter, in der Hoffnung sie hatten es nicht gehört, doch da kamen die beiden schon auf mich zu und sahen mich erschrocken an. „Du hast was?", fragte Namjoon aufgebracht und sah an meiner Schulter vorbei. „Ja ich weiß, verdammt. Es ist mir einfach so rausgerutscht. Ich wollte ihn doch nicht verletzen", jammerte ich und sah wieder zu Boden.

„Ich verstehe auch gar nicht, wieso ihr beiden euch auch immer so zofft? Er scheint wirklich nett zu sein und dennoch macht ihr euch beide so runter", „Was war denn überhaupt der Auslöser?", fragte nun Taehyung, mit den Armen in die Hüfte gestemmt, nachdem Namjoon mich vorwurfsvoll angesehen hatte. Nachdenklich zuckte ich mit den Schultern. „Ich glaub, es gibt gar keinen", „Vielleicht mögen sich die beiden insgeheim ja, tun aber so, als würden sie sich hassen, damit es nicht auffällt." Taehyung zog eine Augenbraue in die Höhe, fasste sich gespielt grübelnd ans Kinn und lehnte sich zu Namjoon, der grinsend nickte.

„Aber Yoongi, jetzt mal im Ernst. Sonst bist du doch auch nicht so." Namjoon umfasste meine Schulter. „Namjoon, wirklich. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist und ich fühle mich wirklich schrecklich", gab ich leise zu und sah auf, als ich merkte, dass es immer leise um uns wurde. Wir drei liefen wie von alleine zusammen los, drängelten uns zwischen ein paar Schüler, ehe wir die Treppe antraten. „Du kannst es ja noch einmal versuchen. Vielleicht war er noch etwas geschockt von gestern." Ich nickte nur kurz, um Namjoon zu zeigen, dass ich verstand und seinen Tipp annehmen würde. Irgendwas in mir konnte es nicht einfach dabei belassen.

***

„Einen schönen Tag noch, liebe Schüler!", rief unsere Koreanischlehrerin Frau Yang durch den Raum, als schon die Hälfte der Klasse hinausgestürmt war. Seufzend schulterte ich meinen Rucksack und lief zu Taehyung und Namjoon, die angelehnt neben der Tür standen und mich wartend ansahen. Als sie sich aus ihrer Position neben mich stellten und bereit waren zu gehen, hörte ich gerade noch die Stimme unserer Lehrerin. „Jimin und Yoongi, ihr beiden seid heute mit dem Ordnungsdienst dran", sagte Sie, schloss das Klassenbuch und blickte zu uns beiden auf.

In dem Moment bemerkte ich, dass Jimin sogar noch mit Jin, Jungkook und Hoseok im Raum war und neben Jimin standen, der gerade dabei war, seine Schultasche zu schultern. „Das ist deine Chance, Yoongi. Wird bestimmt nicht so schlimm", sagte Namjoon, welcher versuchte mich aufmunternd anzusehen. „Bis morgen", verabschiedete sich Taehyung, nachdem wir kurz beieinander eingeschlagen hatten und sie mich hier zurückließen.

Ich stand noch mit steifer Haltung im Türrahmen, Jimins Freunde und Frau Yang verließen ebenfalls den Raum, womit wir zu zweit im stillen Raum standen, wartend, dass der andere etwas tun würde. Doch, die gewisse Spannung zwischen uns, die immer noch da war, konnte man auch jetzt noch spüren. Ich seufzte und ging zurück zu meinem Platz, um meine Tasche abzustellen. Nebenbei bemerkte ich, wie Jimin nach vorne am Lehrertisch vorbeiging, um den Eimer, der unter dem kleinen Waschbecken stand, zu befühlen und einen gelben Lappen hineinfallen zulassen. Dann drehte er sich wieder seufzend um, nahm den Lappen aus dem Eimer, den er einmal ausdrehte und anfing, den Lehrertisch sauber zu wischen.

Während er das tat, sah ich ihm leise zu, als er plötzlich seinen Kopf hob und mich verwirrend ansah. „Willst du nicht auch irgendwas machen?", fragte er, weshalb ich mich aus meiner Starre löste und schnell an ihm vorbei ging, um den Besen vom Haken zunehmen. Etwas ungeschickt fing ich an, den Besen über den Boden zu ziehen, fing mich aber schnell und konnte es nicht lassen, einige meiner Blicke zu Jimin schweifen zu lassen, der schon den letzten Tisch der ersten Reihe wischte. Ich schnaubte kurz auf, lehnte den Besen gegen die Tafel und setzte meine Beine in Bewegungen, nur um dann wartend neben Jimin stehen zu bleiben, der ungestört weiter machte. Nach einigen Sekunden nahm er den Eimer am Henkel, sah mich an und dann nach hinten.

Doch, ohne was zu sagen, wollte er schon an mir vorbei zur nächsten Reihe laufen, weshalb ich vor ihm stehen blieb, woraufhin der Eimer ein schwappendes Geräusch von sich gab und Jimin erschrocken aufatmete, den Griff verstärkend. Ich sah, dass er seinen Mund öffnen wollte, doch ich unterbrach ihn, als ich ihm den Lappen aus der Hand nahm und ihn ansah. „Jimin, können wir reden?" fragte ich bittend, doch er seufzte nur. „Wir sind aber nicht hier, um zu reden", antwortete er und zog mir, als ich kurz unachtsam war, das farbige Stück Stoff aus der Hand. Bedrückt seufzte ich. Warum konnte ich es nicht einfach dabei belassen? Warum ging es mir so nah, was ich gesagt hatte? Wieso fühlte ich solch ein Bedürfnis?

Fragen über Fragen kamen in meinen Gedanken zu Sprache, suchend nach der passenden Antwort, die mir die nötige Ruhe vor meinem Fehler geben sollte. Doch dadurch kamen immer mehr Fragen auf, in der ich befürchtete, mein Kopf würde platzen. Also seufzte ich noch einmal aus, ehe ich wieder zu dem Braunhaarigen lief, gegenüber von ihm stehen blieb und meine Hand in den Eimer griff, in der seine gerade verweilte und drückte sie tiefer hinein. Unter dieser holte ich den Lappen, welcher sich im Wasser festgesaugt hatte, hoch. Jimin nahm seine Hand heraus und trat einen Schritt zurück. Ich fing an, den Tisch selbst zu wischen, erntete aber nur einen verwirrenden Blick von Jimin, welcher es aber so stehen ließ und sich den Besen schnappte, um weiter zu kehren.

𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀  / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt