KAPITEL 72

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Y O O N G I

Wohlig seufzte Jimin auf, als ich ihn sanft mit dem Duschgel den Rücken einseifte. Er genoss es in vollen Zügen, während ich vorsichtig auf seine, noch sichtbaren Flecke achtete. Es war eine halbe Stunde später, welche wir für ein kleines Nickerchen genutzt hatten, allerdings waren wir schon zu wach, um länger schlafen zu können. Meine Mutter war schon zu meinem Bruder gefahren, von dessen kurzer Anwesenheit, Jimin noch nichts wusste.

Aber sobald sie wieder da war, würde ich sie ihm richtig, als diesmal meinen festen Freund, vorstellen. Er würde sich nur aufregen, würde ich ihm sagen, dass sie wieder da ist und ich wollte ihm noch die Entspannung, in dem warmen Wasser gönnen, ohne sich Sorgen machen zu müssen, ob sie ihn denn mögen würde oder nicht. Dabei tat sie dies schon, nachdem sie ihn einmal getroffen hatte. Doch, sie würde ihn lieben. Da war ich mir mehr, als nur sicher.

„Über was denkst du nach, Jiminie?", durchbrach ich die Stille, nachdem ich nur das Plätschern kleiner Wassertropfen, sowie Jimins leises Atmen hörnen konnte. Er hob den Kopf, welchen er auf seinen Knien abgelegt hatte und drehte sich zu mir um. „Darüber, wie dankbar ich dir bin." Überrascht und über die Lippen leckend, musterte ich ihn ruhig. „Du hast in nicht mal einem Monat, eine komplett andere Seite von mir kennengelernt. Es ging mir schlecht und ich war psychisch an einem Ort, an dem ich nie wieder sein will. Ich war in einem miserablen Zustand und habe mich in den Phasen, wo ich einigermaßen klar, war so geschämt." Er lächelte schluckend, nahm meine Hand in seine.

„Als ich zu dir kam, wollte ich, trotz dessen, dass ich mit blutigem Gesicht vor deiner Tür saß, stark sein und konnte es plötzlich nicht mehr. Du hast mir immer gesagt, du lässt mich nie allein und würdest auf mich aufpassen. Danke, dass du für mich da warst. Danke, dass du mir so geholfen hast. Danke einfach, dass es dich gibt. Danke, dass du das du alles mit mir durchgestanden hast und immer so viel Verständnis hattest. Ich weiß gar nicht, wie ich dir das alles je wieder zurück geben soll." Sprachlos und komplett überrumpelt hatte ich mich kein Stück bewegt. Mein Herz schoss mir durch den Brustkorb und drohte, sich mir zu entreißen.

In mir kamen plötzlich Emotionen hoch, die ich sonst immer zu verstecken versuchte. Und das aufgrund der Worte, welche er mir so wertvoll übermittelt hatte. „Ich hätte da eine Idee, wie du mir all das zurückgeben kannst", hauchte ich mit zittrigen Lippen von mir, was Jimin mich neugierig, aber auch leicht perplex ansehen ließ. „Bleib für immer bei mir." Und schon war es ausgebrochen. Die Tränen flossen mit einem Mal, die ich zwar schnell wegzuwischen versuchte, aber Jimin mich ablöste, indem er mein Gesicht in seine Hände nahm und lächelnd drüber strich.

Es war unvorstellbar, durch was er alles gegangen war. Wie viel ihm täglich an den Kopf geworfen wurde, dass er nur wegen ein paar Worten, zusammenbrach und es niemand mitbekam, oder eben ignoriert wurde. Als bei ihm eine Welt zusammengebrochen ist, nachdem sein Vater sich so dermaßen ekelhaft verhalten hatte. Er wurde enttäuscht und war immer noch hier, lächelte mich an und war dabei, mich zu trösten. Er faszinierte mich auf eine Art und Weise und in so vielen Wegen. Er hatte etwas mit mir gemacht, nach all dem Hass, der zwischen uns stand. Er brachte mich dazu, Dinge zu tun, die ich sonst nie so tun würde. Für die ich, keine Motivation aufbringen konnte. Er zeigte so viele schöne Seiten von sich, ohne es auch nur absichtlich zu tun. Jimin war so viel mehr für mich, als das ich das damals, jemals zugegeben hätte.

„Ist okay, Hyung", sprach Jimin sanft, als ich mir auf die Lippen biss, um dem Schluchzen ein Ende zu bereiten. „Tut mir leid. Du solltest dich damit nicht rumschlagen." Er schüttelte hektisch mit dem Kopf und sah mich ernst an. „Ich werde solange hier sitzen und dich trösten, bis du dich besser fühlst. Du hast mir so oft beim weinen zugesehen und immer daneben gesessen, bis ich fertig war. Das muss anstrengend gewesen sein." Nun war ich der, mit dem schüttelnden Kopf, was Jimin belächelte und mich in seine Arme zog. Er streichelte meine Haare, küsste mich und flüsterte mir Worte zu, die er sonst immer von mir zu hören bekam.

„Ich liebe dich, Jimin."
„Ich liebe dich auch, Yoongi."

Mit allen Gefühlen, die wir in uns trugen, trafen wir die Lippen des anderen. Mein Bauch kribbelte wie beim ersten Mal, was mich zum lächeln brachte. Jimin war der größte Grund dafür. „Wollen wir? Wird langsam kalt hier drinnen", lächelte Jimin schüchtern, als er sich von mir entfernte und seine Hände auf meinen Schultern verweilte. Ich nickte nur, stand auf und zog ihn mit mir. Wir trockneten uns ab und verließen das Bad mit einem Handtuch um die Hüfte gebunden, wobei es kurz rutschte, ich es festhielt und schon meine Mutter, mit wissendem Blick vor uns stand. Wir mussten ganz schön lange in der Wanne gesessen haben.

Jimin, welcher direkt knallrot anlief, versteckte sich hinter mir und verdeckte seinen Oberkörper. Sofort riss meine Mutter ihre Augen auf, deutete auf Jimin, auf welchen sie schon aufgeregt zugehen wollte, ich ihr aber signalisierte, dass wir uns erstmal was anziehen sollten. Sie nickte leicht ungeduldig und wir liefen, Jimin immer noch hinter mir, zurück ins Zimmer. Wartend blickte er mich an. „Wusstest du, dass deine Eomma heute zurückkommt?" Leicht ertappt sah ich ihn an, wollte ihn aber trotzdem nicht belügen.

„Nein, aber..ich hab sie vorhin schon gesehen." „Yoongi!",
„Sie meinte, sie trifft sich mit meinem Bruder. Ich wusste nicht, wann sie wieder kommt, ehrlich!" Seufzend kramte er aus seinem Rucksack ein paar frische Klamotten. „Man, ich hab nichts passendes. Wie soll ich denn nur einen guten Eindruck hinterlassen? Ich hab nichtmal 'Hallo' gesagt! Was, wenn sie denkt, ich sei unhöflich? Was so-",
„Jimin, beruhig dich. Meine Mutter denkt überhaupt nichts schlechtes von dir. Seitdem du das erste mal, wegen der Nachhilfe hier warst, bist du ihr schon aufgefallen! Weißt du, wie neugierig sie ist? Sie will dich unbedingt so richtig kennenlernen!" Wortlos und still musterte er mich und ließ die Hände, mit den Klamotten sinken. „Denkst du wirklich?" Selbstsicher ging ich auf ihn zu und umschloss seine Handgelenke.

„Ja, zu 100%. Sie wird dich lieben und dich vergöttern. Glaub mir." Nach kurzem Überlegen, nickte er sicher. „Zieh am besten was an, indem du dich wohl fühlst." Erneut nickte er, diesmal selbstbewusst und schlüpfte in eine Jogginghose und in einen Pullover von mir, welcher auf meinem Stuhl lag. Amüsiert blickte ich ihn an, während er sich im Spiegel musterte und ich mir genauso etwas bequemes überzog.

𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀  / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt