KAPITEL 57

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J I M I N

Nachdenklich kaute ich mir auf meiner Unterlippe rum, während wir unsere Schalen leerten. Ich konnte mir denken und war mir schon relativ sicher, dass Yoongi gesehen hatte, was sich unter meinem Pullover befand. Seine Mimik mochte gleich sein, doch seine Augen sagten soviel. Schock, Mitleid. Aspekte, die sonst kaum einer zu sehen bekam. Ich wollte nicht, dass er davon mitbekam, damit er mich mitleidig ansah, sondern die Angst, er könnte sich vor mir abschrecken, war der Grund, weshalb ich es versteckte.

Vor ihm versuchte ich immer so zu tun, als würde es mich nicht interessieren, als würde es an mir abprallen, scheiterte aber schon beim ersten Versuch. Ich schloss mich ein, tat so, als würde es mir gut gehen. Doch eigentlich, hatte ich die ganze Zeit nur Angst. Angst, ich würde ihn damit belasten, ihm wertvolle Zeit rauben. Angst, ihn wegzustoßen, allerdings war Yoongi zu liebevoll, um jemanden in solch einem Zustand alleine zu lassen. Allerdings war meine größte Angst, ihn in mein verschlossenes Zimmer zu lassen. Das er sehen würde, was ich tagtäglich zuvor gedacht und gefühlt hatte. Ihm das zu sagen, ohne das er dachte, ich wäre zu dramatisch, würde übertreiben, hatte mir Angst gemacht.

Doch hier, wollte ich reden und gehört werden. Ich wollte ihm alles sagen, was er wissen wollte und ihm jedes noch so kleine Detail verraten, um mich zu kennen. Er hörte mich und das, befreite mich von negativen Sachen aus meinem Kopf. Ich wollte so gerne neue Erinnerungen schaffen und alte vergessen, doch so lange mein Vater noch da war, konnte ich dies nicht.

Und auch so sehr ich zur Polizei gehen und ihn melden wollte, so fürchtete ich mich trotz allem, meinen Vater aus meinem Leben streichen zu müssen.

Yoongis ausgestreckter Arm, welcher nach meiner Schüssel griff, riss mich aus meinen Gedanken. Mit einem Bein schob er den Hocker nach hinten, bevor er die Idee hatte, loszulaufen. „Warte, lass mich das machen", stoppte ich ihn und hielt seinen Arm fest, ehe ich ihm das Geschirr abnahm. Er segnete dies nur mit einem Lächeln ab und ließ sich zurück auf den Stuhl fallen, während ich um die Theke lief, um die Spülmaschine zu öffnen und alles darin zu verstauen.

Dabei entging mir allerdings die Präsenz, welche ich nachdem schließen der Spülmaschine, ganz dicht hinter mir, sowie die Hände an meiner Hüfte spürte, nicht. Mein Rücken wurde vorsichtig umarmt und der Duft von Yoongi hüllte mich ein. „An was denkst du?", kam es leise von hinten und ich legte mir die Wörter auf der Zunge zurecht. „Du..hast das vorhin gesehen, oder?" Yoongi schien seinen Atem verloren zu haben, denn selbst das hörte ich nicht in der Stille, welche entstanden war. Erst dachte ich, ich hatte ihn nun doch wirklich verschreckt, doch sobald er mich zu ihm umdrehte und aus leicht besorgten Augen musterte, war der Gedanke verschwunden.

Yoongi legte eine Hand auf meine Wange und streichelte diese behutsam, während er mich ruhig musterte. Er fragte mich nichts, und ich, musste nichts sagen. Als würde er mich, wie ein offenes Buch lesen. Als würden wir uns beide, auch ohne Worte verstehen. Und so, sollte es auch erstmal bleiben. Denn ich wollte nicht, dass Yoongi sich dazu verpflichtet fühlte, mich zu fragen, wie es mir ging, auch, wenn ich mehr, als dankbar war. Doch ihn hatte ich nicht einmal gefragt, und das, gab mir Gewissensbisse. Es ging nur noch um meinen Vater, sowie meine Situation, aber das wollte ich nicht. Ich wollte glückliche Momente, nach all den schrecklichen und ich kannte Menschen, die mir dabei halfen. Das war von jetzt an, meine Priorität.

„Du siehst wunderschön aus, wenn du lächelst", sagte Yoongi plötzlich und strich eine Strähne aus meiner Sicht, was mich ihn aber nur perplex ansehen ließ. Bis eben, hatte ich die hochgezogenen Mundwinkel meinerseits gar nicht bemerkt, hätte Yoongi nichts gesagt. „Dank dir." Die Augen von dem Größeren wurden augenblicklich groß und auch bei ihm, entstand ein breites Lächeln.

Dabei konnte ich nicht anders und versuchte so gut es ging, meine Schüchternheit vor Yoongi abzulegen, ihn an den Wangen zu packen und ihm meine Lippen aufzudrücken. Er ließ gar nicht lange auf sich warten, nahm meinen Schritt hin und erwiderte den langen, aber auch schönen Kuss, welcher voll mit frischen Emotionen waren, die ich so gut es ging, Yoongi übermitteln wollte. Doch, es schien schwierig, während in meinem Bauch es nur an Schmetterlingen wimmelte. Ich konnte mich nur auf Yoongi's Lippen, sowie das kitzeln meinerseits konzentrieren, und es war einer der schönsten Gefühle, die ich je gefühlt hatte.

Allerdings beendeten wir den vertiefenden Moment, als Yoongi seinen Blick senkte und sich auf die Lippen biss, welche leicht zitterten. Danach schniefte er die Nase hoch, nur um sie dann mit einem Finger zu verdecken und lächelnd nach oben zu schauen. Seine Augen waren plötzlich leicht rot. „Hyung?", fragte ich vorsichtig in die Stille, Yoongi räusperte sich nur. „Ah? Was ist denn jetzt?", fragte er, sprach aber anscheinend zu sich selbst. Er fuhr sich durch die Wange, meinen besorgten Blicken versuchte er, auszuweichen. Und sofort verstand ich, dass es Yoongi unangenehm war, so vor mir zu stehen.

„Tut mir leid, Jimin",

„Huh? Was tut dir leid, Hyung?",

Schwer atmete er aus, während tatsächlich eine Träne seine rote Wange hinunterlief.

„Manchmal denke ich, wenn ich es nur früher gemerkt hätte, in was für einer Situation du warst, dann hätte ich dir eher helfen können." Entgeisterten Blickes musterte ich sein Gesicht, welches auf den Boden sah. Jetzt zu wissen, dass Yoongi der Jenige war, der sich die ganze Zeit über die Schuld gegeben hatte, war wie ein Stich in mein Herz. Hatte ich ihm das unabsichtlich eingetrichert oder war er wirklich der Meinung?

„Hyung, dass ist doch gar nicht wahr! Es gab keine Möglichkeit, es eher zu bemerken. Also, trägst du überhaupt keine Schuld!" Ich überbrückte den kleinen Abstand zwischen uns und zog ihn in meine Arme. „Vielleicht hätte es eine gegeben." Ich schüttelte mit dem Kopf, strich behutsam den Rücken meines Freundes entlang. „Sag das nicht. Du weißt, dass das nicht stimmt. Ich bin dir für alles dankbar was du getan hast, egal, wie es vorher zwischen uns oder bei mir aussah. Ich war ein Idiot, dabei wolltest du mir nur helfen und du hast es trotzdem getan. Nur das zählt für mich."

Yoongi hob seinen Kopf von meiner Schulter, woraufhin ich ihm die Tränen um die Augen weg wischte. „Es macht mich nur so..unfassbar wütend, bei dem, was er dir angetan hat. Und währenddessen war ich genau so ein Arschloch."

„Du konntest das nicht wissen und ich bin dir auch nicht böse! Bitte, mach dir keine Vorwürfe, Yoongi, okay? Dank dir bin ich zurzeit so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Nur das, ist jetzt wichtig."

𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀  / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt