KAPITEL 37

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J I M I N

„Hey, dir muss nichts leidtun. Ist schon okay", antwortete Yoongi beruhigend und versuchte mich, mit einem kleinen Lächeln, auf seinen Lippen aufzumuntern. „Ich h-hätte nicht..herkommen s-sollen." Etwas bedrückt entfernte ich mich von Yoongi, welcher seinen Griff, um mein Handgelenk lockerte, mir jedoch noch einige Schritte, die ich nach hinten machte, folgte. „Jimin, rede mit mir. Was ist los?" Mit zitternder Haltung und ausweichenden Blicken, sah ich an Yoongi vorbei.

Ich wusste nicht, wie ich es sagen sollte, ob ich es sagen sollte und ob es was ändern würde. Ich hatte mich in eine Situation gebracht, in welcher ich schlecht lügen konnte. Yoongi bemerkte es und hatte es zudem schon einige Male gesehen, also was brachte mir das drum herum reden? Das Lügen? Ich meine, ich stand direkt vor ihm. Er sah all die Spuren, der Wut eines anderen Menschen und ich hoffte weiterhin, er würde nichts davon mitbekommen, obwohl diese Hoffnung schon kläglich gescheitert war.

Schluchzer verließen meinen Mund, welche immer lauter wurden und den ganzen Raum einnahmen. Ich hielt mir den Mund, mit dem Ärmel von Yoongis Pulli zu, doch trotzdem konnte man sie genau so gut hören und feststellen, dass jemand kurz davor war, zusammenzubrechen. Es war erneut der Moment, an welchen ich nicht vor Yoongi kommen wollte.

Das ich so vor ihm stehen würde und kurz davor war, zu schreien, um mich zu schlagen und zu beten, es würde endlich ein Ende finden. Doch die Tränen meinerseits hatten es noch nicht gefunden. Immer mehr verließen meine Augenhöhlen, flossen in meinen Mund und durchnässten den warmen Stoff. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, hier zu stehen und zu wissen, dass man beobachtet wurde. Jedoch ging das Gefühl so schnell weg, wie es gekommen war, als ich an eine warme, mir noch nicht wirklich bekannte Brust gedrückt wurde.

Wie versteinert stand ich da, meine Hand wurde durch den Druck, des anderen Körper, auf meine eigene Brust gepresst und mein Zittern hielt sich durch die entstandene Enge in Grenzen. Yoongi umarmte mich und es war eines der schönsten Gefühle, die ich seit langem spüren durfte. Er tat es mit solch einer Vorsicht und Zuneigung, dass ich vergaß, wieso ich eigentlich her gerannt und was vor nicht mal einer halben Stunde passiert war.

Ich fühlte mich so geborgen, weshalb ich mich einfach weiter in seine Arme drückte und mich seinen Streicheleinheiten am Rücken, hingab. „Du kannst es mir sagen, wenn du möchtest. Ich werde dich nicht drängen. Tut mir leid." Wir beide lösten uns aus der warmen Umarmung, ehe ich mir die Nässe aus dem Gesicht wischte. „N-nein, s-schon okay. I-ich schulde dir e-eine Erklä-rung", „Nein, Jimin. Das war nicht richtig. Wenn du nicht darüber reden möchtest, verstehe ich d-",

„M-Mein..Vater",

„Huh?" Überrascht sah Yoongi mich an. „Die Verletzungen, d-die sind alle v-von meinem V-Vater", gab ich stotternd, bei dem Versuch, stark zu wirken, von mir. Schlagartig änderte sich Yoongis Gesichtsausdruck erneut zu purem Schock. Jedoch versuchte ich nicht zu sehr ihn anzusehen, denn ich schämte mich so sehr. Es mochte nicht so aussehen, doch diese kleinen Worte waren so viel mehr, als nur daher gesagt. Sie taten so unglaublich weh und fühlten sich ausgesprochenen, wie Schnitte in meinen Stimmbändern an. Wie Messerstiche in meinem Rücken, bei jedem noch so kleinen Wort.

„E-er hört ni-nicht auf. Ich k-kann ei-einfach n-nicht meh-." Ich verschluckte hörbar einen Schluchzer, als Yoongi wieder auf mich zukam. Von oben sah er mich stumm an, biss sich auf die Unterlippe. „Verdammt, Jimin. Ich wusste nicht..ich hatte ja keine Ahnung. Gott, tut mir leid. Ich.." Ich schüttelte mit dem Kopf, während er sich vorwurfsvoll die Arme, über den Kopf schlug und sich von mir wegdrehte. „Y-Yoongi", warf ich in den Raum, was ihn rumfahren ließ. „Weiß noch jemand davon?" Ich schüttelte mit dem Kopf. „Jungkook? Hoseok? Jin?" Erneut schüttelte ich mit dem Kopf.

„Ich..muss dann mal langsam..", „Ist das dein Ernst, Jimin? Wir sollten zur Polizei! Das ist ein klarer Fall von häuslicher Gewalt." Stark fing ich an, mit dem Kopf zu schütteln, um Yoongi zu signalisieren, was ich von dieser Idee hielt. „K-keine Poli-zei", flehte ich schon fast, bekam jedoch nur einen unverständlichen Blick meines Gegenübers. „Jimin..", „N-nein Yoongi, keine Polizei..b-bitte." Yoongi stieß einen bedrückten Seufzer aus, während er langsam auf mich zu kam.

„V-versprich es m-mir",

„Okay, in Ordnung, keine Polizei. Aber ich lasse dich nicht nach Hause. Du..bleibst vorübergehend bei mir, okay?"

„Aber..ich kann nicht h-hier bleiben."

„Wieso nicht? Was spricht dagegen?", fragte er und kam mit kleinen Schritten weiter auf mich zu.

„Das macht z-zu viele Umstände u-und wenn mein Vater davon erfährt, wird er mich ei-eigenhändig umbringen." Angespannt, wartete ich auf die nächsten Worte von Yoongi. Er seufzte und schlug seine Hände ineinander. „Jimin, du machst mir keine Umstände, im Gegenteil. Ich bin sowieso alleine, Gesellschaft schadet nie. Außerdem wird dein Vater nichts erfahren. Wir holen deine Sachen und verschwinden wieder. Also, was sagst du?"

„Yoongi..", „Jimin, du musst natürlich nicht. Ich möchte dich nur beschützen, denn ich will nicht, dass man dir sowas noch weiter antut, verstehst du? Du kannst bei mir wohnen, das ist überhaupt kein Problem", überlegend sah ich Yoongi an, denn tatsächlich zog ich in Betracht, das Angebot anzunehmen. Ich wollte, dass sich etwas änderte, auch wenn ich es nicht sofort glaubte, zweifelte und alles hinterfragte, doch ich wollte nicht mehr so weitermachen. Yoongi war vielleicht in dem Moment meine einzige Chance, meinen Alltag ändern zu können, auch wenn ich noch mit Angst, diese Entscheidung treffen musste.

„O-Okay", „Ja? Das freut mich, Jimin", lächelnd kam Yoongi auf mich zu und zog mich erneut in eine Umarmung. „Ich bin für dich da", flüsterte er, bevor ich eine Hand an meinen Haaren spürte, über welche behutsam gestreichelt wurden. „Komm." Yoongi löste sich aus der Umarmung, umfasste mein Handgelenk und zog mich hinter sich her, aus dem Wohnzimmer in einen kleinen Flur, in welchem vier Türen zu sehen waren.

„Also, in dem Zimmer hier, wirst du dann schlafen", fing er an und zeigte auf die Tür zwischen den zwei anderen, welche er auch schon öffnete und mir somit einen kleinen Einblick verschaffte. „Hinter der rechten Tür ist das Badezimmer und in der linken mein Zimmer", redete er weiter und schloss die Tür des freien Zimmers, bevor er mich abwartend ansah. „Ich hoffe, ich überrumple dich jetzt nicht völlig", lächlte Yoongi schüchtern, entspannte sich jedoch, als ich leicht mit dem Kopf schüttelte.

„Dann holen wir morgen nach der Schule deine Sachen."

𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀  / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt