Y O O N G I
„Okay, bereit?", fragend sah ich Jimin an, nachdem ich lässig meine Schultasche schulterte. Er antworte mir nicht und seine Unsicherheit stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Jimin, wenn du doch nicht gehen möchtest, ist das vollkommen in Ordnung. Du hattest eine scheiss Woche, da verstehe ich das komplett." Jimin, welcher mich hellhörig angesehen hatte, biss sich nachdenklich auf die Lippen, bevor auch er seine Schultasche, an einer seiner Schultern hängen ließ.
„Nein..ich..krieg das schon hin." Er setzte sich ein leichtes Lächeln auf und ging an mir vorbei zur Tür, welche er auch schon einen Spalt öffnete. Mit einem zusammengepressten Grinsen, stand ich hinter him, griff jedoch, als ich bemerkte, das Jimin dabei war, mein Apartment zu verlassen, nach meinem schwarzen Schal, welcher an einer der Hacken hing. Ich packte Jimin leicht am Arm, hielt ihn somit ab, auf den Gang zu treten und drehte seinen Körper zu mir.
Erst sah ich in sein perplexes Gesicht, welches sich jedoch in ein überraschtes verwandelte, als ich ihm den Schal, um den Hals streifte. „Der gehört dir", sagte ich und drückte den Schal noch zusätzlich in seine Jacke. Wie in Trance, starrten meine Augen in seine, unter ihnen, seine roten Wangen. Meine Hände steckten noch in dem Stoff, während mein Körper anfing, warm zu werden und mein Bauch sich stechend zeigte. Es kamen plötzlich so viele unbekannte Gefühle in mir hervor und das, wann immer ich bis jetzt in Jimins Augen gesehen hatte. Sie strahlten so eine Ruhe und Schönheit aus, dass ich sogar befürchtete, mich in ihnen zu verlieren und mein Umfeld komplett ausblenden könnte.
Allerdings klingelte, als ich immer noch am schwärmen war, keine Minute später mein Handy, weshalb Jimin einen Schritt zurückging und ich fast schon innerlich fluchend, mein Handy aus der Hosentasche zog. Dieses stellte ich erstmal auf lautlos, bevor ich auf die Nachricht, welche ich von Taehyung bekommen hatte, drauf geklickt hatte.
Ich wurde auf unseren Chat weitergeleitet, welchen er gerade verließ und ich mir eine Antwort überlegte, auf die Frage, wo ich denn sei und wann ich kommen würde, da sie anscheinend schon auf mich warteten. Ich schrieb ihm also, dass ich gerade los gemacht hätte und warf einen kurzen Blick auf die Uhr, bevor ich es wieder wegsteckte. „Wollen wir?", fragte ich dann Jimin, welcher nickte und vor mir auf den Gang trat. Hinter mir, verriegelte ich noch die Haustür, ehe wir beide in den Aufzug stiegen und mit einem kleinem Abstand, in Stille, hinunterfuhren.
Mir wurde erheblich warm, Nervosität überkam mich und das Gefühl von Enge, welches in dem kleinen Aufzug herrschte. Doch er rüttelte, so wie er es sonst immer tat, wenn man unten angekommen war. Ich wollte in dem Moment vorsichtshalber zu Jimin sehen, jedoch habe ich so spät geguckt, dass mein Gesicht sich in seinem Haarschopf versteckt hatte und mein Körper leicht zurückgedrückt wurde.
Dann schoben sich die Türen zur Seite und einer meiner Nachbarinnen, Frau Seo musterte uns perplex, bevor Sie grinste. „Guten Morgen, Yoongi", fing Sie als erste an und stemmte die Arme in die Hüften. Sie kam gerade von Ihrer Joggingrunde wieder, was man Ihr deutlich ansah und ich Sie so gut wie jeden Tag, auf dem Weg nach unten traf. Jimin atmete erschrocken auf und entfernte sich von mir, um sich mit mir zu verbeugen. „Oh, wie ich sehe, hast du einen Freund bei dir", merkte Sie an und zuckte mit einer Augenbraue.
Ich warf einen Blick zu Jimin, welcher seinen auf den Boden gerichtet hatte. „Ja..kann man so sagen", antwortete ich leicht lächelnd, was Sie ebenfalls lächeln ließ, jedoch mit hochgezogenen Augenbrauen. „Na los, ab in die Schule", sprach Sie nun und scheuchte uns mit einer Handbewegung, aus dem Fahrstuhl. Jimin und ich verabschiedeten uns noch hektisch, bevor wir schnell aus dem Gebäude liefen. Zusammen gingen wir mit schnellen Schritten und in Stille den Weg zur Schule entlang.
Allerdings trennten wir uns die letzten Meter, um wie sonst auch, alleine zu unseren Freundes Gruppen zu gehen. Für sie waren wir immer noch Feinde, weshalb wir in ihrer Anwesenheit erstmal so tun mussten oder wollten, als würden wir uns weiterhin an den Kragen gehen wollen. Denn es wusste ja niemand, dass Jimin nun bei mir wohnen würde, geschweige denn in welcher Lage er sich befand.
Ich musste zugeben, dass, seitdem Jimin an diesem Abend mit verprügeltem und tränenüberströmten Gesicht zu mir gekommen war und sich mir über seine momentane Familiensituation anvertraut hatte, empfand ich solch eine Wut, Trauer und sogar Schuld zu gleich. Er wurde jeden Tag geschlagen, beleidigt, gedemütigt, angeschrien und ich wollte gar nicht wissen, was diese Art von Person ihm noch alles angetan hatte oder hätte tun können. Ich fühlte mich schuldig, dass ich in Streitigkeiten, ihm so nahe gekommen bin, nur um ihn weiter einzuschüchtern, als er es ohnehin schon war.
Ich hatte eine Seite an ihm gesehen, von der ich niemals gedacht hätte, sie irgendwann sehen zu müssen. Das sein einziger Ausweg war, zu gehen und nach einem Ort zu suchen, der ihn besser empfangen konnte. Ein fremder Ort, ohne die nähesten Verwandten. Wie aufgewühlt, verletzt und verstoßen er sich gefühlt haben muss und sich mir letztendlich anvertraut hatte, obwohl ich niemand war, der Jimin großartig nahe stand, waren ein Zeichen von großer Stärke. Ich war froh, dass er sich mir geöffnet hatte, auch wenn ich es gerne eher gewusst und einige Situation somit hätte vermeiden können.
So gerne würde ich jeden seiner Freunde einweihen, zur Unterstützung und ihn auf andere Gedanken bringen würden. Doch ich würde niemals etwas verraten, was Jimin nicht möchte und ihm die Entscheidung einfach wegnehmen, wenn er sich nicht bereit oder wohl fühlte. Ich würde hinter ihm stehen und jeden seiner Schritte akzeptieren und ihn dabei unterstützen, damit er sich wenigstens außerhalb von seinem zu Hause wohl fühlen konnte.
Ich sah ihm noch hinterher, wie er mit seinen Freunden ins Gebäude lief, bevor wir drei es ihnen nachtaten.
***
Ich verabschiedete mich noch von meinen Jungs, ehe sie den kleinen Berg runter zur Bushaltestelle liefen und fing an, mich nach Jimin umzusehen. Ich konnte ihn relativ schnell ausfindig machen, da er schräg von der Seite hinter mir hervorkam. Leicht lächelte ich ihn an, als ich in sein emotionsloses Gesicht blickte. Dieses änderte sich jedoch schnell, nachdem er zu mir hochgesehen hatte. Mit einem Kopfnicken deutete ich auf den Weg, weshalb er nickte und wir uns ohne Wort, auf den Weg machten. „Jimin?", sprach ich den Kleineren neben mir an, welcher mit später Reaktion, mein fragendes Gesicht musterte.
„Was würdest du davon halten, wenn wir die Nachhilfe weiter bei mir zuhause machen würden?" Jimin vergrub seine Hände in seiner Jackentasche und blickte überlegend zu Boden. Es vergingen wenige Sekunden, bis er wieder hochblickte und mit einem kleinen Lächeln nickte. „Hört sich..gut an", murmelte er und zufrieden nickte ich.
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𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀 / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜
FanfictionJimin gesteht seinen Eltern an seinem 17. Geburtstag, dass er schwul ist. Seine Mutter akzeptiert es, sein Vater ist jedoch ganz anderer Meinung und behandelt Jimin so, wie man sein eigenes Kind nicht behandeln sollte. Doch ein Junge aus Jimin's Sch...