Y O O N G I
„Mama, wir müssen jetzt wirklich anfangen", antwortete ich daraufhin nur und sah sie leicht genervt an. Ich hatte ihr doch erzählt, dass Jimin und ich nicht die allerbesten Freunde waren und trotzdem machte sie solche Anspielung..und immerhin stand ich doch gar nicht auf Jungs? Zwar war ich mir nicht hundertprozentig sicher, aber das wusste sie doch garnicht. „Sag mal, Jimin. Hast du eine Freundin oder eventuell sogar einen..Freund? Hast du zurzeit jemandem im Auge?", fragte sie auf einmal, weshalb ich kurz aufhustete. Was sollte denn diese Frage?
Jedoch etwas neugierig sah ich zu Jimin, welcher nur die Augen aufgerissen hatte und sich nervös auf seiner Unterlippe kaute. „Jimin, beruhig dich. Ist eine ganz normale Frage, du musst sie ja nicht beantworten", sagte ich nur, denn Jimin schien plötzlich total verängstigt, weswegen man seinen lauten Atem hören konnte. Was hatte er denn? „I-ich, ehm..n-nein nichts d-dergleichen", stotterte er und wandte seinen Blick von meiner Mutter zu meinem Hefter, der schon offen mit meinen Aufgaben da lag.
Bittend sah ich meine Mutter an, die nur ergebend seufzte. Anscheinend war sie mit ihrem Casting noch nicht ein mal fertig. „Na gut, dann lass ich euch mal alleine. Wenn ihr irgendwas braucht, ich bin drüben." Ich nickte nur dankend, ehe sie verschwand und ich zurück zu Jimin schaute. „Alles klar?", fragte ich in die Stille, worauf Jimin seinen Kopf hob und nur nickte, seine rechte Hand verkrampfte sich um seinen linken Arm. „Willst du..irgendwas trinken?"
Es war vielleicht die typische Standardfrage, aber ich wusste einfach nicht, wie ich mit Jimin sonst reden sollte. Er war für die kurze Zeit überhaupt nicht mehr anwesend und sein Gesicht hatte etwas an Farbe angenommen. Hatte ihn diese Frage so sehr aus der Bahn geworfen? Als Jimin mit dem Kopf schüttelte, wurde ich somit aus meinen Gedanken gerissen. „Wir sollten..", merkte Jimin an. Ich nickte einmal, rutschte etwas zu ihm rüber und ließ ihn einen Blick auf das vollgekritzelte Blatt werfen. Während er sich die Aufgaben und meine Fehler ansah, konnte ich es nicht lassen, mir sein Gesicht von der Seite anzusehen, da ich heute näher, als normalerweise neben ihm saß.
Seine hellbraunen Haare, die zu seiner wirklichen perfekten und hellen Haut passten, sowie der weiße Kragenpullover, der seinen Hals bedeckte. Dennoch fiel mir in diesem Moment auf, dass sein Hals mehr Farbe hatte, als der Rest seiner Haut. Leichte Hautrötungen, kleine Schwellungen und Kratzer, die wirklich frisch aussahen und die man durch den Stoff nur halb sehen konnte, zierten seine makellose Haut.
Skeptisch zog ich meine Augenbrauen zusammen und sah zu Jimin, welcher gerade dabei war, zum reden anzusetzen, jedoch von mir unterbrochen wurde, als ich meine Hand hob und mit einem Finger den Kragen etwas runterzog. Dabei reagierte Jimin sofort, als er es realisierte. Er schlug meine Hand weg und drückte den Stoff zurück an seinen Hals, den er mit seiner Hand noch zusätzlich bedeckte, als würde er sicher gehen, dass ich es nicht noch einmal probieren würde.
Erst hatte ich gedacht, dass ich es gewesen sein könnte, wenn ich an unsere kleine Auseinandersetzung am Montag im Flur der Schule nachdachte, doch dafür sahen die Rötungen viel zu frisch aus und ich würde niemals jemandem körperlich absichtlich wehtun, weswegen ich schon darauf geachtet hatte, Jimin nicht allzu sehr zu verletzen, sondern einfach nur einzuschüchtern.
„Was ist mit deinem Hals passiert?", fragte ich mit vorsichtigem Unterton, bedacht darauf ihm nicht zu nahe zu treten. Jimin sah runter auf den Tisch, versuchte seine verkrampfte Haltung zu lockern, ehe er mir leise antwortete. „Ist heute im Sport passiert." Verwirrt, auf das was er gesagt hatte, sah ich zu ihm rüber. „Aber..am Freitag haben wir doch gar keinen Sport", antwortete ich nur, schon fast mir selbst. „War auch Vertretung", entgegnete Jimin etwas leiser auf mein fragendes Gesicht. Dabei hatte ich doch heute morgen erst nachgesehen und da stand Sport definitiv nicht in der Zeile des Vertretungsplans.
„Hier hättest du das gegenteilige Vorzeichen verwenden müsse. Das darfst du nicht vergessen", sagte Jimin plötzlich, weshalb ich ihm noch ein Mal einen verwirrten Blick zu warf. „Na, deine Aufgabe..", fing er an, weswegen ich einen letzten Blick auf ihn warf, versuchte die Sache von eben schleunigst zu vergessen und sah mit ihm aufs Blatt.
***
Es waren nun mehrere Stunden vergangen, seitdem Jimin gegangen ist. Meine Mutter wollte ihn zwar etwas länger hier behalten, damit er vielleicht mit zu Abend essen und sie ihn weiter mit fragen durchlöchern konnte, doch er lehnte dankend ab und verschwand genauso schnell, wie er gekommen war. Ich seufzte einmal hörbar aus und musste an die heutige Nachhilfestunde denken. Natürlich entging mir nicht, wie Jimin mich angelogen hatte, denn als ich einen erneuten Blick in den Vertretungsplan der Schule geworfen hatte, stand nichts von einer Sportstunde am Freitag drinnen, was hieß, dass es diese niemals gab und Jimin diesbezüglich gelogen hatte.
Jedoch konnte ich es wieder einmal nicht lassen, darüber zu grübeln, nach Antworten und Ursachen, warum er gelogen hatte. Auch, wieso es mich denn auf einmal so interessierte. Dabei sollte es dies gar nicht. Mir sollte egal sein, ob er mich anlügt oder wen anderes. Jimin war nichts weiter als mein Klassenkamerad, der mich nicht ausstehen konnte, sowie ich ihn nicht. Was genau so hieß, mich nicht in seine Angelegenheiten einmischen zu wollen.
In der Stille, in der meine Gedanken lauter waren, klopfte es an der Tür und meine Mutter steckte ihren Kopf durch den Spalt, ehe sie die Tür ganz aufzog. Lächelnd sah sie mich an, lehnte sich an den Türrahmen. „Worüber denkst du nach?", fragte sie, stieß sich ab und kam zu mir rüber.
Seufzend schüttelte ich den Kopf, welchen ich sogleich wieder in den Nacken fallen ließ. „Belanglose Dinge", „Sieht aber nicht nach "belanglosen Dingen" aus", merkte sie lächelnd an und verschränkte die Arme. „Nicht so wichtig", sagte ich nur und rümpfte einmal meine Nase hoch, wodurch ich dachte, meine Mutter zum gehen animiert zu haben, doch kurz darauf konnte ich eine Wölbung meiner Matratze spüren, auf welche sich meine Mutter kurzerhand niedergelassen hatte, bevor ich mich in meinen Gedanken wieder verlieren konnte.
„Yoongi, ich sehe, dass du mir irgendwas sagen willst." Ich sah sie kurz nachdenklich an, leckte mir über die Lippen und setzte mich richtig auf. „Wie..", fing ich zögernd an. „Wie hat dein schwuler Arbeitskollege herausgefunden, dass er auf Männer steht?" Sofort schossen die Mundwinkel meiner Mutter nach oben. „Wieso fragst du mich sowas?", fragte sie beinahe schon provokant grinsend, ich jedoch schüttelte mit dem Kopf. „Ist für einen Freund, er ist sich nicht ganz sicher." Mit klopfendem Herzen presste ich meine Lippen aufeinander, dabei zusehend wie sie mich überlegend ansah.
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𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀 / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜
FanfictionJimin gesteht seinen Eltern an seinem 17. Geburtstag, dass er schwul ist. Seine Mutter akzeptiert es, sein Vater ist jedoch ganz anderer Meinung und behandelt Jimin so, wie man sein eigenes Kind nicht behandeln sollte. Doch ein Junge aus Jimin's Sch...