KAPITEL 51

469 28 3
                                    

J I M I N

Nachdem Yoongi und ich mit dem Frühstück fertig geworden sind, trennten sich unsere Wege kurz und Yoongi wartete im Wohnzimmer auf mich, während ich im Badezimmer verschwand, um mich etwas frischer und wacher aussehen zu lassen. Ein Blick in den Spiegel zeigte mir, wie mir die Traurigkeit gestern zu schaffen gemacht hatte. Meine Augen waren angeschwollen und sahen schon fast wie leere Hüllen aus. Meine Kopfschmerzen waren noch da, und würden sich bestimmt auch für die nächsten zwei Tage bemerkbar machen.

Allerdings waren die Kopfschmerzen zu diesem Zeitpunkt mein kleinstes Problem, denn ich verstand nicht, was in mich gefahren war. Wie konnte ich es nur zulassen, so vor ihm auszubrechen? Wie konnte ich es nur zulassen, ihm erneut das zu zeigen, wovor ich mich fürchtete? Ihm zu zeigen, welch Kampf mein Inneres immer noch führte, zu zeigen, wie es vor und nach der Explosion aussah.

Doch trotz des Chaos, fühlte es sich diesmal so befreiend und ermüdend zu gleich an. Lag es daran, dass ich nicht allein war, wie sonst auch? Hatte ich mich schon so daran gewöhnt, mich vor diesem Menschen fallen zu lassen? Weil mein tiefes Inneres wusste, er wäre da? Er würde nicht gehen und mich zurück lassen, sondern versuchen, mich zusammenzubauen?

Ich schüttelte mit dem Kopf und um Yoongi nicht noch länger warten zu lassen, fuhr ich mir mit beiden Händen durch die Haare, ehe ich das Bad verließ und den Flur betrat, in welchem ich sanfte Töne aus dem Wohnzimmer vernahm. Ohne weiter drüber nachzudenken, ging ich mit schnellen Schritten durch den kleinen Flur, nur um Yoongi, mit einer Gitarre auf seinem Schoß zu erblicken. Er schien total abgelenkt, während er auf dem schwarzen Instrument mit den Saiten spielte, um diesem wunderschöne Töne entlocken zu können. Etwas schräg hinter ihm stehend, beobachtete ich ihn leise, bis er seinen Kopf durch den Raum schweifen ließ und an mir stehen blieb, was ihn abrupt mit spielen aufhören ließ.

Mit ertappten Grinsen, blickte er mich an, dann machte er Platz, weshalb ich mich neben ihn setzte und sein Grinsen erwiderte. Yoongi setzte sich mit schüchterner Haltung auf, um dann weiter zu spielen, während er mich intensiv ansah. Aufmerksam hörte ich ihm zu, schon fast dabei versuchend, mir jeden einzelnen Ton und seine Fingerbewegung einzuprägen, sowie, um ehrlich zu sein, sein Aussehen dabei. Die Attraktivität, die er mit der Gitarre hatte, war anders anziehend, auch wenn ich dies nicht zugeben wollte. Doch, ich musste mir eingestehen, dass Yoongi nun einmal ein gut aussehender Junge war, egal ob wir uns hassten oder nicht.

Allerdings davon abgesehen, kam mir ein Gefühl auf, welches ich nicht beschreiben konnte. Und das nicht nur heute oder in dieser jetzigen Situation. Ich konnte nur darüber spekulieren, was dieses schöne Gefühl in mir war, woher es kam und was genau der Auslöser war, aber ich wusste, es war näher, als ich vielleicht dachte und zu weit hergeholt, doch nicht ausgeschlossen.

Die Stille, welche entstand, als Yoongi aufgehört hatte, zu spielen, riss mich aus den Gedanken. Lächelnd blickte er mich an. „Worüber denkst du nach?", fragte er mich, was mir warm werden ließ. „Das war toll", beantwortete ich seine Frage, zwar nicht ganz, aber ich konnte ja nicht einfach sagen, was ich über ihn dachte. „Fandest du?" Ich nickte schon fast schüchtern. Gegenseitig blickten wir dem anderen in die Augen, was sich für mich wie eine Ewigkeit anfühlte. Yoongi unterbrach allerdings den Blickkontakt, indem er mich folgendes fragte: „Sag mal, hast du..Lust was zu backen?" Überrascht blickte ich ihn aus großen Augen an und konnte es mir nicht verkneifen, zu kichern.

Es kam wie aus dem nichts und das Yoongi, dass anscheinend ernst gemeint hatte, machte das Ganze umso besser. „So bescheuert?", fragte er und musste breit grinsen, während ich abwinkte. „Nein, ganz und gar nicht. Ich..würde gerne mit dir backen." Nach dem ich diese Aussage getätigt hatte, war ich etwas perplex von mir selbst. Hätte mich jemand anderes gefragt, ob ich mit ihm backen möchte, hätte ich wahrscheinlich abgelehnt und mich in meinem Zimmer verkrochen. Jedoch war es Yoongi, der mich gefragt hatte und nun hatte ich auch Lust darauf. Auch dachte ich, vielleicht wäre das ganz gut, von belanglosen Gedanken wegzukommen und etwas Spaß zu haben. Zwar fühlte ich mich noch etwas ausgelaugt und runtergezogen vom gestrigen Abend, aber vielleicht würde sich das gleich legen. Zudem hatte ich keine Lust, den ganzen Tag abzuwarten, bis sich das schlechte Wetter von draußen bessern würde, denn danach sah es bis jetzt überhaupt nicht aus.

Yoongi war mittlerweile schon aufgestanden und hielt mir seine Hand hin, welche ich stumm annahm und mich hochziehen ließ. Dann machte Yoongi sich, gefolgt von mir, auf den Weg zur Küche und packte nebenbei sein Handy heraus. In diesem tippte und scrollte er eine Weile rum, bis er mir das Display mit dem geöffneten Rezept hin hielt. „Was hältst du von Kkwabaegi?" Ich nickte nur, denn mir war alles recht. Klwabaegi nannte man auch koreanische Donuts, sahen aber überhaupt nicht aus wie welche. Es war eher verdrehter Teig mit Zimt und Zucker, ähnelte einem Zopf, schmeckten dafür aber sehr.

„Okay, Mehl, Butter, Trockenhefe, Zucker, Milch, ein Ei, Salz, Öl und Zimtpulver", murmelte Yoongi vor sich hin und suchte alle Zutaten aus den Tiefen der Schränken, welche er auf der Theke ordnete. „Hast du Kwabaegi schonmal gemacht?", fragte ich, während der Ältere noch das Zimtpulver dazustellte. „Ja, mit meiner Familie oft, als ich noch klein war. Das letzte Mal ist aber vielleicht ein paar Jahre her." Verstehend nickte ich und widmete mich, genau wie Yoongi, seinem Handy. Anschließend fingen wir, ohne lange darüber zu reden, mit den ersten Schritten an, bis wir den Teig fertig hatten. Dieser musste jedoch für eine Stunde ziehen, weshalb wir die Zeit nutzen und etwas Nachhilfe von gestern aufholten. Währenddessen stand Yoongi auf, um diesen zu kneten und ließ ihn erneut für eine halbe Stunde stehen.

Schneller als gedacht, ging es weiter und wir fingen mit dem formen an, weitere 45 Minuten folgten, bis wir endlich zum Braten der Donuts kamen. Da übernahm diesmal ich die Pfanne, während Yoongi jeden einzelnen Teigzopf nahm und diesen in eine Tüte gab, in welcher Zimt und Zucker gemischt waren, und schüttelte diese vorsichtig. Zum Schluss servierten wir die fertigen Kwabaegi auf einem Teller und lobten uns. „Jetzt müssen sie nur noch schmecken." Ich nickte mit einem kleinen Lächeln, nahm, wie Yoongi, einen von oben und biss gleichzeitig mit Yoongi rein. Wir fingen an, dass Gesicht des jeweils anderen zu studieren, bis Yoongi unsere Gedanken aussprach.

„Ich glaube, wir haben uns selbst übertroffen, Jimin."

𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀  / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt