Y O O N G I
Schnell griff ich nach seiner Sporttasche, welche auf seinem Rucksack befestigt war und hielt Jimin beim gehen ab. Sofort kam er mit seinem Gewicht zurück geschnellt und knallte gegen meine Brust, als ich mich noch rechtzeitig hinter ihn gestellt hatte. „Wieso hast du gelogen?", fragte ich die Frage, die mir seit einiger Zeit auf der Zunge lag. „Mit was hab ich gelogen?", hörte ich Jimin vorne fragen, weshalb ich leicht seufzte. „Jimin, ich weiß, dass es niemand von hier war." Gespannt, ob Jimin noch etwas sagen würde, ließ ich ihn los und drehte ihn zu mir um.
Und zum ersten Mal, konnte ich in seinen Augen mehr als den Hass, den er auf mich gehabt haben muss sehen, denn es war Angst. Seine Augen waren voll mit Angst und seine Unterlippe begann leicht zu zittern, weshalb ich kurz dachte, er würde frieren, doch er war nicht gerade dünn eingepackt, weswegen es vielleicht daran nicht liegen konnte. „Das geht dich überhaupt nichts an", kam es auf einmal zischend von ihm, unverständlich sah ich ihn an. „Jimin, ich will wirklich nur helfen", „Ich will aber deine blöde Hilfe, dein Mitleid oder was auch immer du versuchst, nicht", entgegnete er mir schon fast wütend, was mir ein unangenehmes Gefühl gab. Hatte er wieder diesen Hass auf mich bekommen? Oder war dieser einfach nie verschwunden?
Jimin warf mir einen genervten Blick zu, drückte sein Gesicht, welches mittlerweile durch die Kälte rot angelaufen war, in seinen Schal und drehte sich ruckartig um. Den Weg kam er aber nicht weit, denn als Jimin sich umgedreht hatte, fiel er plötzlich nach vorne, weshalb ich mich so schnell wie möglich vor ihm aufbaute und ihn in letzter Sekunde in meinen Armen auffing. Jimin verzog sein Gesicht schmerzvoll und hielt sich den Kopf, als ich ihm meinen Arm als Stütze gab. „Ich begleite dich lieber nach Hause", sagte ich, was ihn auffahren ließ und er taumelt auf seinen Beinen stand. „Nein, nein. Ich schaff das schon..irgendwie", murmelte er und lief an mir vorbei, blieb aber noch mal stehen, um langsam auszuatmen. Skeptisch beäugte ich ihn und lief, mit etwas Abstand, Jimin hinter her zur Bushaltestelle.
Zusammen ließen wir uns auf die alte, holzabgeblätterte Bank fallen und versanken in unseren Gedanken, welche sich um den Kleinen neben mir drehten. Ich wusste nicht, warum Jimin so verschlossen und distanziert war, warum er jegliche Hilfe, die ich ihm anbot, nicht annahm. War es, weil ich es war? Oder brauchte er doch keine Hilfe? Steigerte ich mich da zu sehr rein und er hatte recht, dass es mich nichts anging?
Und auch wenn ich meiner Neugierde keine Aufmerksamkeit schenken wollte, so sprachen der blaue Fleck am Unterarm, die Schwellungen am Hals und das blaue Auge Bände und zudem wollte ich kein Recht behalten, denn doof war ich ja nicht und da ich Jimin nicht wirklich kannte, erschwerte mir die Sache etwas darüber herauszufinden etwas. Jedoch wollte ich keine voreiligen Schlüsse ziehen und die ganze Sache weiter beobachten, denn wer weiß, vielleicht ist es am Ende dann von meiner Seite doch ganz missverstanden.
Jedoch trotz meiner Gedanken, konnte ich es nicht lassen zu denken, dass irgendwer mit Absicht Jimin wehtat, welcher solch eine Angst in sich trug, dass er niemandem davon erzählte. Bestimmt wussten es nicht mal Jungkook, Hoseok und Jin, dabei waren die drei seine engsten Freunde, aber das hätte jeden Grund haben können. Die Bank, auf welcher wir bis eben zusammen gesessen und gewartet hatten, knarzte unerwartet, als Jimin sich erhob und dem Bus, welcher gerade die Straße entlanggefahren kam, zusah bis er vor uns stehen blieb.
Schnell stand ich auf und folgte Jimin ins Businnere, nachdem ich, so wie er, ein Ticket bezahlt hatten. Für gewöhnlicher Weise fuhr ich auch kein Bus, denn ich hatte meist nur einen zwanzig minütigen Fußmarsch von meinen Apartment, was wirklich nicht die Welt war. Etwas nervös ließ ich mich im selben Gang wie Jimin, aber nicht neben ihn, sondern ein Sitz weiter daneben fallen. Ich wollte ihm wirklich nicht zu nahe treten und ihm das Gefühl geben, ich würde ihn in irgendeiner Art und Weise bedrängen oder gar Schamgefühl entwickeln lassen.
Während der Busfahrt, schweifte mein Blick zu Jimin, welcher wieder starr aus dem Fenster sah und mir wurde nach zu fokussiertem Starren bewusst, was für ein schöner Junge er eigentlich war und doch hatte ich ihn nie mit einem breiten Lächeln gesehen. Kann ja sein, dass er davor vielleicht auch gelächelt hatte, denn da hatte ich ihn ja nie wirklich beachtet, aber seit einiger Zeit, in der wir uns regelrecht den Alltag mit Beleidigungen schwer gemacht hatten, fiel es mir auf. Und auf einmal bekam ich das Gefühl, es sehen zu wollen.
Der Bus ruckelte kurz und blieb stehen, weshalb ich meine Gedanken kurz beiseite schob und Jimin hinterherlief, welcher schon aufgestanden war und die hinteren Zweiertüren ansteuerte. Zusammen traten wir an die kalte Luft, die uns freudig empfang, nachdem wir die Wärme des Busses verlassen hatten. Vor der Bushaltestelle kamen wir zum stehen, schlugen aber statt den Weg zur Schule, den Weg nach Hause an, da es einfach keinen Sinn mehr gemacht hätte, den Unterricht fortzusetzen, da schon mehr als eine halbe Stunde vergangen war.
Gezielt lief ich Jimin hinterher, da ich für den Anfang den selben Weg lang müsste, aber da ich gemerkt hatte, dass Jimin sich nicht wohl fühlte und versuchte, mich abzuwimmeln, ging ich ihm solange hinterher, bis ich mir sicher war, dass er sicher zu Hause angekommen war.
Denn mit solch einem Hintergedanken, dass ich Jimin sich selbst in seinem jetzigen Zustand überlassen hatte, würde ich nicht in Ruhe schlafen können, so dumm es auch klingen mag. Jimin, welcher eben noch in schnellem Schritttempo lief, blieb stehen und drehte sich langsam zu mir um, weshalb ich ebenfalls stehen blieb und abwartete. Genervt sah er mich an.
„Hör auf, mir zu folgen!", fuhr er mich mit genervtem Unterton an, was mich aus meiner Haltung zog und ich langsam auf ihn zuging. Ruhig sah ich ihn an, was seine Gesichtszüge weicher werden ließ und seine Wangen leicht an Farbe annahmen. „Und was dann, huh? Was ist, wenn du aus den Latschen kippst und vors Auto fällst?" Jimins Augen wurden größer, während ich mit ernstem Gesicht und kaltem Atem vor ihm stand.
Ich wollte nicht am nächsten Tag erfahren, dass mein Nachhilfelehrer und Feind, den ich um ehrlich sein nicht mehr als diesen sah, an Schläuchen hängt. „Geht's hier lang?", fragte ich nach längerer Zeit der Stille und zeigte in die Richtung, in die wir zuvor gelaufen sind. Jimin schluckte einmal, nickte und lief leise neben mir her. Es dauerte nicht lange, als wir die Brücke, die auf dem Weg lag, überquerten und zu einer Gegend kamen, wo mehrere schöne Häuser nebeneinander standen. Still folgte ich dem hellbraunen Haarschopf, bis er stehen blieb und sich händespielend zu mir umdrehte.
In dem Moment, bemerkte ich diese ängstliche Haltung, die von Jimin ausging.
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𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀 / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜
FanfictionJimin gesteht seinen Eltern an seinem 17. Geburtstag, dass er schwul ist. Seine Mutter akzeptiert es, sein Vater ist jedoch ganz anderer Meinung und behandelt Jimin so, wie man sein eigenes Kind nicht behandeln sollte. Doch ein Junge aus Jimin's Sch...