KAPITEL 38

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J I M I N

Gesagt, getan machten Yoongi und ich uns, nachdem er von der Schule wiederkam und mich von seinem Apartment abholte, auf den Weg, zu meinem Haus. Ich hatte die Nacht, in dem Gästezimmer von Yoongi übernachtet, nachdem er mir bequeme Schlafsachen, die etwas groß waren, geliehen hatte. In die Schule war ich jedoch nicht gegangen, da ich mich von gestern noch etwas neben der Spur fühlte und immer noch sichtbare Flecken im Gesicht hatte, die ich ungern präsentieren wollte.

„Ist alles okay, Jimin?", fragte mich Yoongi etwas unerwartet, was mich mit einem Mal aus meinen Gedanken riss und die Stille, die bis jetzt zwischen uns herrschte, unterbrach. Etwas nachdenklich sah ich ihn an. „Es geht schon..irgendwie." Bedrückt sah Yoongi mich an, ehe er stehen blieb und nach vorne sah. „Ist es das Haus?", fragte er vorsichtig und zeigte mit dem Zeigefinger darauf.

Ich nickte nur und lief zur Seite der Garage, um in eines der schmalen Fenster hineinzublicken. Doch alles was ich sah, war ein leerer Platz, weshalb ich einmal beruhigt aufseufzte. Anschließend nickte ich Yoongi zu, welcher mir bis zur Haustür folgte, welche ich sogleich aufschloss und ihn nach mir eintreten ließ. Yoongi blickte einmal durch den Flur und kurz in daneben liegende Räume. „Schönes Haus, habt ihr", murmelte er, woraufhin ich nur einen leisen, zustimmenden Laut von mir gab und mit ihm auf mein Zimmer ging.

Auch hier musterte Yoongi einige Ecken, was mich ihn ansehen ließ. „Gemütlich hast du-." Yoongi stoppte, um mich mit zusammengepressten Lippen anzusehen. „Tut mir leid, Jimin. Ich wo-", „Ist schon okay. Du hast ja..irgendwo recht." Ich winkte mit einem leichten Lächeln ab, sah von meinem Zimmerboden auf und drehte mich zum Kleiderschrank, aus welchem ich eine Tasche herauszog. In dieser packte ich mit schnellem Griff, mein Ladekabel und von jedem Kleidungsstück, mehrere Teile ein. Dann huschte ich ins Bad, um mir meine Utensilien zu schnappen und sie gleich daraufhin in die Tasche zu werfen. Nachdem ich einen letzten Blick reingeworfen und im Kopf alles durchgegangen bin, schloss ich die Tasche.

„Hast du alles?", fragte Yoongi und lehnte sich neben das Fenster. Ich nickte und packte noch restliche Schulmaterialien in meine Schultasche, um sie danach auf meinen Rücken zuwerfen. In einer meiner freien Hände, zog ich die vollbepackte Tasche vom Boden. Doch bevor ich sie schon richtig im Griff hatte, kam Yoongi auf mich zu und nahm sie mir mit einem kleinen Lächeln aus der Hand, welches ich mit einem dankbaren Nicken erwiderte. „Dann los", flüsterte Yoongi hörbar und lief schon die ersten Treppenstufen nach unten, als er plötzlich stehen blieb und ich mich gerade noch so zu halten versuchte.

Mit einer schnellen Bewegung, drehte er sich zu mir um und musterte mich aus großen Augen. „Jimin, dein Va-", fing er an, wurde aber von einem lauten Knall unterbrochen. Daraufhin stellte Yoongi die Tasche ab und trat auf die nächste Stufe. „Warte, Yoongi. Was hast du vor?", flüsterte ich, was Yoongi sich umdrehen ließ. „Lass mich machen, okay? Warte hier", antwortete er nur und entfernte sich immer weiter von mir, was mich zittern ließ.

„Wo ist diese erbärmliche Schwuchtel, hm?!", schrie eine aggressive Stimme laut, brachte meinen Körper zum Zucken und gab mir augenblicklich Gänsehaut. „Schwuchtel?", fragte Yoongi verwirrt und drehte sich in einer hastigen Bewegung zu mir um. Ich biss mir nervös auf die Lippen und blickte beschämt auf den Boden, versuchend so gut es ging, die Tränen zurückzuhalten. „Und wer zur Hölle bist du?! Sag nicht, dass du ein Freund dieser Fehlgeburt bist?!" Ich verkrampfte die Arme, um meinen Oberkörper, darauf bedacht, leise zu sein. „Min Yoongi, und wieso schreien Sie so?", fragte der schwarzhaarige Junge emotionslos. „Wieso nennen Sie ihn Schwuchtel?", „Eine Schande, eine große Schande für die gesamte Familie! Erbärmlich und widerwärtig!" Ich atmete erschrocken auf, weshalb ich mir die Hand auf den Mund drückte.

„Bitte? Jetzt hören Sie mir mal zu, mir scheiss egal, ob Sie älter sind. Vor so jemanden wie Ihnen, habe ich keinen einzigen Funken an Respekt, denn das ist Ihr Sohn, den Sie akzeptieren sollten, so wie er ist. Wenn jeder so ein schrecklicher Mensch wie Sie wäre, würde es keinen Grund mehr für eine glückliche Welt geben! Sie fügen Ihm seelische und körperliche Schmerzen zu und Ihnen ist es egal? Ich denke, Sie sind die Schande. Man müsste Sie mal so verprügeln!", schrie die andere Stimme, weshalb ich überrascht aufsah. Yoongi stand mit solch einer selbstbewussten Haltung vor meinem Vater, dass ich Angst hatte, er würde nun auf ihn losgehen. „Komm Jimin, wir gehen!" Yoongi drehte sich abrupt um, kam zu mir hoch, um meine Tasche und mein Handgelenk zu nehmen und zog mich mit schnellen Schritten bis zum Flur. „Was fällt dir ein! Jimin geht nirgendwo hin, ist das klar?!"

Yoongi zog mich raus vor die Tür, um hinter mir seinen Mittelfinger hochzunehmen und die Tür hinter sich ins Schloss fallen zu lassen. Dann gingen wir durch den Vorgarten und entfernten uns so weit vom Haus, dass man es nur noch aus der Entfernung gerade so sehen konnte. Den ganzen Weg über redeten wir nicht, da die Schamgefühle noch in mir tobten und Yoongi anscheinend noch dabei war, seine Gedanken zu ordnen.

Jedoch blieb er nach einer Weile stehen, um mich ansehen zu können. „B-bist du wirklich..schwul?" Fast schon mit ertappten Blick, biss ich mir in die Unterlippe. Verdammt, was sollte ich jetzt bloß sagen? Das ich eigentlich gar nicht schwul war und mein Vater sich nur einen Grund ausgedacht hat, um sich für seine Reaktionen rechtfertigen zu können oder ihm doch lieber die Wahrheit gestehen?

„I-ich..", „Jimin..bitte sag es mir", „Yoongi..", „Also ja?" Mit genauem Blick, durchbohrte Yoongi meine Mimik, ehe ich vorsichtig anfing, zu nicken und an ihm vorbei, auf den grauen Asphalt blickte. Yoongi kam auf mich zu und zog mich in eine Umarmung. „Das ist doch nicht schlimm, Jimin", zögerlich erwiderte ich die warme Umarmung und konnte es nicht verhindern, kleine Tränen zu verlieren. „Hey, nicht weinen. Alles ist gut." Er entfernte sich von mir, um mich aufmunternd anzulächeln und mir die Spuren der Tränen wegzuwischen. „D-Danke, Yoongi..", hauchte ich, was ihn umso mehr lächeln ließ. „Ich mag dich so wie du bist, Jimin und keine Angst, bei mir bist du sicher." Freudig nickte ich, ehe wir uns weiter auf den Weg, zu Yoongis Apartment machten.

𝙎𝘼𝙑𝙀 𝙈𝙀  / 𝙥𝙟𝙢 𝙭 𝙢𝙮𝙜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt