Die Welt um mich herum schien wie stehengeblieben. Nichts und niemanden, außer Johnny, nahm ich noch wahr. Sein Geruch, seine Wärme, seine Nähe, das Heben und Senken seiner Brust gegen meine eigene. Ich ertrank in seinen dunklen Augen, die meinen bis ins letzte Detail glichen. Mein Verstand hatte seine Mühen damit, das, was er mir gerade gesagt hatte, zu verarbeiten.
"W... Wieso?...", war alles was über meine Lippen kam.
Johnny hielt mich immer noch fest im Arm und machte keine Anstalten seine Augen von mir zu nehmen.
"Du weißt wer ich bin...", raunte er. "Es scheint, als würdest du mich besser kennen als ich mich selbst."
Seine Worte brachten mich zum Erschauern. Allein der Klang seiner Stimme löste Gänsehaut bei mir aus.
"Du verstehst mich...", fuhr er fort. "Obwohl wir uns kaum kennen ... fühlt es sich so an, als würde ich dich seit Ewigkeiten kennen. Bei dir kann ich sein, wer ich bin... Wer ich wirklich bin... Das erste Mal in meinem Leben scheine ich zu begreifen, wer das ist..."
Sein Geständnis machte mich sprachlos. Ich wusste, ich ließ mich gerade auf den Teufel höchstpersönlich ein. Und ich wusste ebenfalls, dass ich es verdammt nochmal lassen sollte. Es wäre besser für mein Seelenheil, am Absatz kehrt zu machen. Nur war ich machtlos gegen ihn, wie ich in jenem Moment feststellte.
"Ein Wort von dir und ich lass dich los. Ich gehe und komme nie wieder zurück. Wenn es das ist, was du willst...", murmelte er in mein Haar. Als ich allerdings nichts erwiderte, küsste er mich zärtlich auf die Stirn.
"Wenn du mich verletzt, Johnny... Das würde ich nicht überstehen... Zuviel hab ich mitmachen müssen...", meinte ich schließlich und schluckte den Kloß im Hals hinunter.
"Ich weiß, meine Worte sind nicht viel wert.", antwortete er ruhig. "Aber ich habe nicht vor dich zu verletzen. Niemals."
Ich wusste, diesen Worten durfte man nicht trauen. Zu oft hatte ich miterlebt, dass sie wie ein Fluch waren. Leider hatte Johnny mich schon längst in seinem Bann. Ich schluckte wieder und versuchte zur Besinnung zu kommen.
"Wir sollten gehen... Du wolltest für mich kochen", meinte ich und lächelte ihn an.
Johnny schmunzelte ebenfalls und küsste meine Wange, ehe er mich losließ. Wir nahmen die Körbe und gingen Richtung Kassa, wobei er meine Hand nahm und unsere Finger verschränkte. Meine Haut kribbelte immer noch. Nie hätte ich gedacht, dass ich mal solch ein großes Glücksgefühl empfinden könnte. Obwohl ich bis dato bereits sehr glücklich mit meinem Leben gewesen war. Aber das übertraf alles. Einfach alles. Obwohl ich wusste, es würde nicht so bleiben. Es würde höchstwahrscheinlich zu einem tragischen Drama werden. Wollte ich jedoch nur für einen Moment, die Sorgen ignorieren und es genießen.
Zu Hause angekommen packten wir die Sachen aus, räumten jene ein, die nicht gebraucht wurden und richteten alles her. Ich reichte Johnny eine Schürze und grinste bei dem Anblick. Kurz darauf scheuchte er mich aus der Küche. Zu gerne ließ ich es mir gefallen und setzte mich vor den brennenden Kamin. Hin und wieder linste ich zu ihm rüber und beobachtete ihn. Ab und an schien er seine Schwierigkeiten zu haben, aber im Großen und Ganzen stellte er sich richtig gut an. Wieder wanderten meine Gedanken zu dem Whiskey im Schrank. Whiskey liebte ich bereits vor meinem ersten Glas vor etlichen Jahren und Irland hatte eine weitaus größere Genießerin aus mir gemacht. Ich trank nicht viel, aber am Abend vor allem, trank ich gern ein Glas. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe. Natürlich würde ich Johnny dem nicht aussetzen. Da ich wusste, mit was er zu kämpfen hatte, wollte ich es ihm nicht unnötig schwer machen. Von Alkohol hatte ich eigentlich nie viel gehalten. Alleine wegen meiner Vergangenheit. Trotzdem fand ich den Gedanken, nie mit Johnny gemeinsam ein Glas trinken zu können, traurig.
So in Gedanken versunken, bekam ich gar nicht mit, dass Johnny bereits fertig war und anrichtete. Erst als er die Pfannen in die Spüle gab, wurde ich hellhörig und stand auf. Es duftete verführerisch. Grinsend setzte ich mich an den Tisch vor dem Teller mit Steak, Wedges, Gemüse und einer Ananasscheibe. Johnny legte die Schürze ab und setzte sich zu mir.
"Das sieht köstlich aus", meinte ich und lächelte ihn dankbar an.
"Ich hoffe, es sieht nicht nur gut aus, sondern schmeckt.", entgegnete er lachend. "Mahlzeit."
"Mahlzeit", erwiderte ich und fing an zu essen. Genüssliche Geräusche drangen aus meiner Kehle.
"Johnny!", rief ich und schluckte runter. "Das ist himmlisch!"
Er lachte verlegen. Seine Grübchen wollten mich ins Grab bringen. "Freut mich zu hören.", antwortete er schmunzelnd.
Himmel, wusste dieser Mann überhaupt wie wundervoll er war? Gott, wahrscheinlich nicht. Er musste ständig so viele Komplimente hören, dass er ziemlich sicher kein einziges davon glaubte. Doch er war mehr als wundervoll. Nicht wegen seinem attraktiven Äußeren, nicht wegen seiner Schauspielkunst, seinem Talent oder seinem Sexappeal. Nein. Er war eine wundervolle Seele. Sein Herz war am richtigen Fleck. Und jede Kante, jede Ecke an ihm, machte ihn zu dem, was er war. Ein atemberaubender Mensch mit einem grandiosen Charakter und einer reinen Seele.
"Hab ich etwas im Gesicht?" Seine Frage riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte ihn die ganze Zeit angestarrt. Jetzt lief ich rot an.
"N... Nein...", entgegnete ich schnell und wandte mich wieder dem Essen zu. Schnell merkte ich, dass ich nicht anders konnte, legte das Besteck beiseite, sah ihm in die Augen und teilte ihm jeden meiner Gedanken, die ich gerade eben gedacht hatte, mit.
Johnny sah mich überrascht an. Nachdem ich fertig war, fasste er sich nervös an den Nacken und sah auf seinen Teller. Es war deutlich zu erkennen, dass ihm das nie jemand so gesagt hatte.
"Und du hast mich ernsthaft gefragt warum...", raunte er. Ich wusste was er meinte und musste lächeln. Er hatte recht. Warum verkaufte ich mich unter meinem Wert? Ich war vielleicht kein Model, keine Schauspielerin, kein Star in Hollywood. Aber ich besaß ein großes Herz. Und ich war bereit, es ihm zu schenken. Mit aller Hingabe und Liebe.
Nach dem Essen räumten wir gemeinsam auf. Ich war nervös, da ich nicht wusste, wie ich mich ihm gegenüber jetzt verhalten sollte. Was war das nun zwischen uns? Der Anfang von etwas? Eine Beziehung? Oder lediglich eine Affäre?
Johnny schien meine Gedanken zu bemerken. Er zog mich plötzlich von hinten an der Taille zu sich und legte sein Kinn sanft auf meine linke Schulter. Überrascht über diese plötzliche Geste, hatte ich meine Hände hochgehoben, wie ein umstellter Bankräuber.
"Danke...", hauchte er in mein Ohr. Er musste nicht mehr sagen. Ich verstand sofort. Langsam ließ ich meine Hände wieder sinken und legte meine Arme auf seine.
"Bist du dir sicher, dass dies eine gute Idee ist?", fragte ich schließlich unsicher. "Es könnte uns beide zerstören..."
Seine Lippen streiften leicht über die Haut an meinem Hals, was sofort Gänsehaut bei mir auslöste. Instinktiv legte ich meinen Kopf etwas zur Seite. Wahrscheinlich wusste er genau, dass ich dort empfindlich war. Er war ja nicht gerade auf den Kopf gefallen.
"Ich würde nicht hier stehen, wenn ich es nicht wirklich wollen würde...", entgegnete er, bevor er sanfte Küsse auf meinem Hals verteilte. "Ich denke jede Sekunde an dich... Du lässt mich meine Sorgen vergessen...", fuhr er fort. "Seit ich dich kennengelernt hab, hab ich kein einziges Mal ... an Alkohol gedacht."
Seine Worte ließen mich erzittern. "Johnny...", flüsterte ich zittrig. "Was... Was willst du?"
"Dich.", raunte er mit tiefer Stimme an mein Ohr. "Jetzt und in Zukunft."
Ich war mir sicher, gleich den Halt zu verlieren, aber er hielt mich fest in seinen Armen. Nie zuvor hatte ich mich so sicher und geborgen gefühlt wie bei ihm.
"Wenn du es auch willst... Werde ich alles daransetzen, damit es funktioniert... Wenn nicht ... verschwinde ich aus deinem Leben...", fügte er nach einigen Minuten hinzu. Langsam drehte ich mich zu ihm um und sah ihm in die Augen. Sein Ausdruck war ehrlich.
"Und dann? Wenn du verschwindest, wirst du mich vergessen wie die anderen? Wieder eine Neue finden? Eine Stripperin, ein Model oder eine Schauspielerin?", fragte ich den Tränen nahe. Johnny legte eine Hand an meine Wange.
"Du... Du hast immerhin auch gesagt, dass du diese Frau liebst... Sie hat dir all das angetan... Zerrt dich immer noch vor Gericht... Aber damals sagtest du, du würdest sie ewig lieben...", fuhr ich zittrig fort. Eine Träne fand schließlich den Weg an die Freiheit. Johnny wischte mir die salzige Perle liebevoll mit seinem Daumen weg.
"Ich weiß, ich kann nichts sagen, was dir beweisen würde, dass es bei dir nicht so ist.", antwortete er ruhig. "Ich hab etliche Fehler gemacht... Mehr als mir lieb ist... Und ja, zugegeben, damals dachte ich wirklich, ich würde sie ewig lieben. Das war falsch. Über die letzten drei Jahre hinweg, hab ich gemerkt, dass sie mich abhängig gemacht hatte. Das hat nichts mit Liebe zu tun. Ich gebe niemanden die Schuld außer mir selbst. Ich bin das Problem. Niemand sonst. Deswegen kann ich dich nur bitten, mit eine Chance zu geben, mein Bestes zu versuchen... "
Mein Hals fühlte sich trocken an und mein Herz schlug schneller als üblich. Seine Worte waren ehrlich und voller Zuneigung für mich. Zumindest war es das, was ich empfand. Angst, mich zu täuschen, überkam mich. Dennoch hatte jeder eine Chance verdient. Ganz gleich, ob es mich am Ende vielleicht mein Herz kosten würde.
Ohne länger darüber nachzudenken, legte ich meine Lippen auf seine und schloss die Augen. Er erwiderte den Kuss leidenschaftlich und ließ eine Hand in mein Haar gleiten. Gierig kostete er von mir, als wäre ich das Wasser und er seit Tagen am verdursten.
Nach einem romantisch witzigen Film, lagen wir Arm in Arm in meinem Bett und bewunderten den klaren Sternenhimmel durch mein Oberlicht. Ich war stolz auf mich und erleichtert, dass wir nicht gleich miteinander geschlafen hatten. Auf keinen Fall wollte ich so sein wie die anderen Frauen. Johnny machte keinerlei Anstalten, mich zu drängen, was ich ohnehin nie von ihm geglaubt hätte. Er war ein Gentleman, der wusste, wie man Frauen behandelte. Obgleich er Fehler gemacht hatte. Das hatte schließlich jeder mal. Missgeschicke waren da, um daraus zu lernen und ich hoffte inständig, dass er dies hatte. Sanft strich ich mit meinen Fingern über den Teil seiner Brust, den der Ausschnitt seines Hemdes frei gab. Er hatte seinen Arm fest um mich geschlungen. Mit der anderen Hand strich er meine Taille und meinen Arm auf und ab.
Es gab Dinge die besser als Sex waren. Und das war eines davon. Es wäre gelogen, zu behaupten, ich hätte nicht das Verlangen, ihm näher zu kommen. Allerdings stand das für mich nicht an erster Stelle. Jener Moment unter dem Sternenhimmel war mehr wert als alles andere. Ich genoss jede einzelne Sekunde.
"Erzähl mir mehr von dir...", meinte er plötzlich nach langem Genießen des Schweigens.
Einen Moment lang überlegte ich, schließlich fing ich irgendwo an. "Ich liebe meine Familie. Trotz der Fehler die sie machten. Sie lieben mich aus ganzem Herzen und haben stehts versucht mir das Leben zu erleichtern. Obgleich wir etliche Schulden hatten... Und immer noch nicht gerade reich sind... Sie gaben stehts ihren letzten Penny, um mich und meine Schwester glücklich zu machen. Jeden Tag habe ich mir gewünscht, erfolgreich zu werden, um ihre Schulden abzubezahlen und ihnen das Leben zu erleichtern. Ihnen all das zurückzugeben, das sie uns geschenkt haben. Diese ganze Aufopferung. Ich konnte zwar nicht alles, noch nicht alles erreichen. Aber zumindest haben sie nicht mehr solche Geldsorgen wie früher und ich ein Haus in Irland. Selbst meine Schwester lebt mittlerweile glücklich mit ihrem Freund zusammen. Ich möchte weiterarbeiten und so gut werden, dass ich ihnen ein Schloss bauen könnte. Zur Zeit kann ich gerade gut leben. Zumindest sorgenfrei. Manchmal denke ich darüber nach, wie schön es wäre, so viel Geld zu haben, dass ich alles kaufen könnte, was ich wollte. Das Schönste im Leben kann man letzten Endes nicht kaufen. Familie, Gesundheit und Liebe. Wer geliebte Menschen um sich hat, ist wahrlich reich. Da verzichte ich gerne auf ein Leben im Luxus."
Johnny hörte mir aufmerksam zu und küsste meine Stirn. "Deine Eltern können sich glücklich schätzen, solch eine Tochter zu haben. Sie sind bestimmt mehr als stolz auf dich.", hauchte er.
Unter dem Sternenhimmel erzählte ich ihm von dem jahrelangen Kampf mit meiner Krankheit. Meinem Burn-Out, meinen schweren Depressionen, meinen Angstzuständen, Panikattacken, meiner Insomnie und Paranoia bis hin zu dem Punkt, an dem ich den Großteil davon überwunden hatte, obwohl fast jeder Arzt gesagt hatte, es sei unmöglich ganz ohne dem zu leben. Johnny schlang beide Arme um mich und drückte mich fest an sich. Als wollte er mich beschützen. "Ich bin stolz auf dich...", raunte er in meine Haare. "Du bist stärker... Stärker als ich es jemals war... Du bist die unglaublichste Frau, die ich jemals getroffen habe..."
Seine Worte brachen meine letzte Mauer und die Tränen überkamen mich. Johnny hielt mich schützend in seinen Armen und schnell wurden daraus Freudentränen. In jener Nacht schlief ich so gut, wie seit Jahren nicht mehr.
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Hollywood Love
RomanceWas würde passieren, wenn du einen der berühmtesten Stars triffst? Und das ausgerechnet mitten im Nirgendwo. Hättest du jemals glauben können, dass jemanden wie dir, einem Normalsterblichen, kein Star, so etwas passieren könnte? Natürlich kann es da...