"Beruhig dich, Baby", raunte Johnny seine Arme von hinten um meine Taille schlingend. "Wer auch immer dahinter steckt, wir finden es heraus."
Ich kaute auf meiner Unterlippe herum. Der metallisch süße Geschmack von Blut breitete sich auf meiner Zunge aus. Draußen regnete es in Strömen. Die meisten aus dem Dorf waren bereits abgereist. Nur meine engsten Freunde befanden sich noch im Schloss. Zu viert standen sie im Türrahmen des Kaminzimmers und sahen mir besorgt dabei zu, wie ich unruhig auf und ab lief.
"Es is doch klar, dass 'n verrückter Fan das Zeug geschrieb'n hat", brummte Connor.
"Mir macht weniger der Brief sorgen und viel mehr, woher derjenige von dem Schloss hier weiß...", murmelte ich.
Johnny strich mir immer wieder behutsam über meine Schultern. Obgleich ich sein Gesicht im Moment nicht sehen konnte, wusste ich, dass er sich für den Drohbrief die Schuld gab. Gleich nachdem er ihn gelesen hatte, hatte er Mike angerufen. Nun kümmerte sich zwar ein ganzes Team darum, ja, es war sogar jemand gekommen, der den Brief mitgenommen hatte, um ihn im Labor zu untersuchen. Allerdings war mir der Fetzen Papier herrlich egal, wenn man bedachte, dass irgendein Irrer unsere neue Adresse kannte. Mike hatte uns einige Personenschützer organisiert, die zum morgigen Tag eintreffen sollten. Darüber hinaus hatte er eine Firma beauftragt, das Schloss mit der neusten Sicherheitstechnik auszustatten. Bereits jetzt fühlte ich mich wie in einem Gefängnis.
"Darling?", hörte ich Johnny's Stimme. Ich hatte immer noch nichts gesagt. Nun aber hob ich meinen Kopf und stieß die Luft hörbar aus.
"Ich hab ja gewusst, auf was ich mich einlasse...", murmelte ich. "Allerdings dachte ich nicht, dass sie uns finden und mir gleich Drohungen dalassen."
Meine Stimme zitterte ein wenig. Genug, dass man es wahrnahm, wenn man aufpasste. Meine psychische Gesundheit hatte sich gebessert, war jedoch noch lange nicht vom Tisch.
"Wenn ich den erwische, der dahinter steckt...", murmelte Connor in seinen Bart. Wenn man genau hinhörte, bemerkte man das Geräusch seiner knackenden Finger. Connor konnte problemlos das doppelte seines Gewichts stämmen. Bei meinen Freunden fühlte ich mich sicher und ich ging nicht davon aus, dass mich jemand aus dem Dorf verraten hätte. Jedermann hatte seinen Mund gehalten, als Johnny in unsere Pampa gekommen war. Sie würden uns schützen wie ein Burggraben mit Krokodilen.
In Gedanken ging ich jeden Post, jedes Bild, einfach alles durch, das unseren Aufenthaltsort verraten hätte können. Mir fiel keine einzige Sache ein.
"Fest steht, dass irgendjemand verrückt genug ist, um das Ganze auf sich zu nehmen", sagte Flynn und brachte mir ein Glas Whiskey.
"Leute?", ertönte Malice' Stimme. "Wer sagt uns eigentlich, dass die Drohung wirklich aus Eifersucht entstanden ist?"
Alle Blicke richteten sich auf meine beste Freundin.
"Immerhin stand dort nur Du wirst bereuen, was du getan hast", fügte sie hinzu. "Wieso gehen wir sofort davon aus, dass es wegen Johnny ist?"
Wir wussten, sie hatte Recht. Selbst Connor, ganz gleich, ob er es zugeben wollte oder nicht.
"Woran soll 's sonst liegen?", brummte er. Mir war, als hörte ich ein Schmollen heraus. "Was sollt 's bei Lu für nen Grund geben, Hm?"
"Was auch immer es ist, wir finden es heraus", meldete sich nun James, dessen Englisch am klaresten war.
Connor, der einen Schottenrock trug (wie so oft), stellte einen Fuß auf einen kleinen Hocker neben dem Kamin und fuhr sich über den Bart.
Johnny's Handy vibrierte. Es gab weder gute noch schlechte Neuigkeiten. Der Brief wies weder Fasern noch Fingerabdrücke auf. Der Täter war äußerst vorsichtig vorgegangen.
Kurze Zeit später klingelte Malice' Telefon. Es war Rose. Niemand hatte sich im Dorf nach mir oder Johnny erkundigt, noch hatte man Fremde gesehen. Es gab somit keine Anhaltspunkte.
"Ma'am?", die Stimme von Niles riss mich aus den Gedanken. Er stand im Türrahmen und räusperte sich. "Die Herren vom Sicherheitsdienst sind eingetroffen und warten in der Empfangshalle."
Johnny legte mir im Vorbeigehen eine Hand auf die Schulter. "Ich mach das", raunte er gefolgt von einem Kuss auf die Wange, bevor er sich aus dem Staub machte. Ich hätte ohnehin nicht gewusst, wie ich mit denen umgehen sollte.
"Mohnkuchen, wir kriegen das schon hin", sagte meine Freundin und legte einen Arm aufheiternd um mich.
"Im Netz steht euer Standort nicht. Weder der eine noch der andere", meinte nun Flynn. Er kannte sich recht gut mit Technik aus, was die Untertreibung des Jahrhunderts war. Mit seinem Smartphone hatte er problemlos das Dark, Deep und was weiß ich schon Web durchsucht. Wie genau er solche Kunststücke vollführte, wusste keiner von uns.
"Fürs erste können wir eh nichts machen", sagte Malice. "Aber ich weiß, was es besser machen könnte.", fügte sie grinsend hinzu und zog an einer dicken Kordel neben dem Kamin, mithilfe dessen man Niles rufen konnte.
"Mylady habt gerufen?", ertönte seine raue Stimme kurz darauf.
"Bringen Sie uns etwas vom gutem Stoff, mein Bester", verlangte Malice.
"Mylady?", hustete Niles mit einem Blick im Gesicht, der mich dann doch etwas schmunzeln ließ.
"Na das Eis, Niles, das Eis", kicherte meine bessere Hälfte und wenig später saßen wir am Boden vor dem Kamin und löffelten in schicken Eisbechern.
"Stellt euch mal das Schloss vor, wenn alles fertig ist", schwärmte Malice neben mir. "Als wären wir Royals."
"Weiberkram", brummte unser Brummbär und zog seinen Schottenrock unauffällig zurecht.
Malice und ich rollten nur mit den Augen und klauten ihm aus Rache jeweils einen Löffel von seinem Eis. Er nahm es lachend hin.
Ursprünglich hatte ich geglaubt, die eine Nacht würde alles höchst unangenehm zwischen meinen Freunden und mir machen. Die Angst wich allerdings so schnell, wie sie gekommen war, als ich bemerkte, dass diese Sache uns noch enger zusammengeschweißt hatte. (Zugegeben war es für eine unsichere und wenig selbstbewusste Frau wie mich ziemlich aufbauend, so viele Verehrer zu haben, die einen unterstützten in allem, was einem am Herzen lag. Zu viel Aufmerksamkeit konnte allerdings auch ziemlich anstrengend sein.)
Ich erkannte Johnny an seinem Schritt. Wie er den Raum betrat. Ein wenig unsicher und zurückhaltend. Ohne hinzusehen, wusste ich, dass er sich mit den Fingern über den Bart fuhr.
"Wie siehts aus?", fragte ich daher, bevor ich mich ihm zuwandte.
"Sie installieren noch die letzten Sachen. Willst du es dir mal ansehen?"
Ich nickte, stand auf und folgte ihm aus dem Raum. Meinen leeren Eisbecher stellte ich auf ein silbernes Tablett ab, das mir Niles dazu hinhielt. All die Jahre hielt ich mich für minimalistisch, aber im Augenblick liebte ich das Schloss mit jedem Tag mehr. Mal abgesehen von der Drohung.
In einem extra dafür eingerichteten Raum im Untergeschoss, begrüßten mich stämmige Männer des Sicherheitsteams. Man hatte etliche Bildschirme und Rechner aufgebaut. Auf einigen der Schirme konnte man bereits Aufnahmen der Überwachungskameras sehen, die Stück für Stück installiert wurden.
Der Leiter des Teams erklärte mir, wo es Kameras gab, wie die Alarmanlage funktionierte und und und. Nun fühlte sich das Schloss weniger himmlisch und mehr wie ein Gefängnis an. Der Hauptgrund warum ich meine Privatsphäre stets geschätzt und nie einen Star beneidet hatte.
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Hollywood Love
RomanceWas würde passieren, wenn du einen der berühmtesten Stars triffst? Und das ausgerechnet mitten im Nirgendwo. Hättest du jemals glauben können, dass jemanden wie dir, einem Normalsterblichen, kein Star, so etwas passieren könnte? Natürlich kann es da...