Kapitel 2

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Als ich am Morgen die Augen aufschlug, rutschte mir mein Herz in die Hose. Ich blickte direkt in das schlafende Gesicht von Johnny. Mein Herz schlug schneller und meine Haut kribbelte wie verrückt. Aus Angst ihn zu wecken atmete ich so leise, wie es mir möglich war. Plötzlich murrte er und bewegte sich. Er drehte sich zu mir und schlang einen Arm um mich. Sein Geruch stieg mir in die Nase und sein warmer Atem kitzelte meine Stirn. Unmöglich meine Augen von ihm zu lassen, musterte ich sein Gesicht. Mir wurde ganz warm. Er hatte sein Herz definitiv am rechten Fleck, das konnte ich spüren. Niemals könnte ein Mensch wie er, eine Frau schlagen. Er hatte bestimmt einige Fehler gemacht, aber niemand war perfekt. Jede seiner Ecken und Kanten machte ihn zu dem, der er war. Wie von selbst hob ich meine Hand und berührte mit den Fingerspitzen seine Wange. Als hätte ich mich verbrannt, zog ich sie jedoch gleich wieder weg.
Plötzlich streckte sich Scar am Boden und tapste mit den Vorderpfoten auf das Bett. Johnny räkelte sich, wodurch er mir näherkam. Er drehte sich schließlich auf den Rücken und rieb sich die Augen. Dem Anschein nach musste er sich erst zurechtfinden.
„Sorry, dass ich eingeschlafen bin.", schoss es aus mir heraus. Johnny drehte den Kopf zu mir und musterte mich, als müsste er erst nachdenken, wer ich überhaupt war. Vielleicht war dem tatsächlich so? Neben wie vielen Frauen war er wohl in seinem Leben erwacht? Ein grässlicher Schmerz durchfuhr meine Brust bei diesem Gedanken.
„Normalerweise hab ich ziemliche Schlafprobleme...", fuhr ich fort, um von meiner Nervosität abzulenken. „Ich hab das erste Mal seit Jahren durchgeschlafen..."
Johnny musterte mich immer noch. „Geht mir genauso", erwiderte er plötzlich und schmunzelte. „Ich fühle mich, als hätte ich eine Woche durchgeschlafen."
Wir lachten und Scar gab Ton. „Ich werde mal mit dem Hund raus.", meinte ich und setzte mich auf. Bis auf leichten Nieselregen, schien das Unwetter vorüber. Flink sammelte ich meine Sachen ein und flitzte ins Bad. Als ich wieder herauskam, saß Johnny auf dem Bett. Er sah kurz auf sein Handy, legte dieses dann aber wieder weg. Nervös ging ich zur Tür.
„Soll ich dir nachher unser kleines Dorf zeigen?", überwand ich mich schließlich zu fragen.
Johnny sah zu mir und überlegte kurz, ehe er nickte. „Gern. Ich hab sowieso nichts vor.", raunte er und stand auf.
Ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus. „Gut. Dann lass ich dich mal wach werden und komm später wieder." Bevor er antworten konnte, war ich mit Scar verschwunden.
Unten sah mich Rosemary grinsend an. Nachdem ich gestern Abend nicht mehr nach einem Zimmer gefragt hatte, musste sie sich bereits sonst was denken. Wahrscheinlich machte sie sich bereits Gedanken um eine mögliche Hochzeit.
Nachdem wir uns begrüßt hatten, seufzte ich. „Nein, Rose. Ich bin nur eingeschlafen. Sonst nichts."
Rose kicherte. „Ihr würdet sehr gut zusammenpassen. Das habe ich auf den ersten Blick bereits gemerkt. Ihr habt dieselben Augen und du weißt ja, dass die Augen der Spiegel der Seele sind."
„Ich weiß, Rose. Aber das ist komplizierter...", entgegnete ich bedrückt. „Er ist ein richtig berühmter Schauspieler, weißt du."
„So kompliziert kann es nicht sein, sonst wäre er nicht genau in diesem Kaff hier gelandet", argumentierte die alte Dame und brachte mich somit zum Lachen.

Johnny
Verwirrt und etwas benommen wusch ich mir mein Gesicht mit kaltem Wasser. Im Anschluss betrachtete ich mich im Spiegel. Die Augenringe waren tatsächlich ein wenig verschwunden. Warum nur fühlte ich mich bei dieser fremden Frau so wohl? Als würden wir uns bereits ewig kennen. Normalerweise würde ich solch ein Risiko niemals eingehen, aber mittlerweile war es mir nicht nur gleichgültig geworden, sondern diese Frau hatte zudem etwas an sich, das mich faszinierte. Sie war anders als die anderen, das war offensichtlich. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich wie ein normaler Mensch und nicht wie ein Hollywoodstar. Alle sahen immer nur das von mir, was sie sehen wollten. Lu schien direkt in mich hineinzusehen.
Seufzend trocknete ich mein Gesicht und fluchte vor mich hin. Hoffentlich hatte ich mich nicht wieder in die nächste Scheiße hineingeritten...

Lu
Ich traf Flynn im Dorf und war froh, dass er Scar und mich mit seinem Truck mitnahm. Die Straßen waren wieder einigermaßen frei, trotzdem drohte Aquaplaning. Ich zog mich zu Hause eilig um und gab Scar etwas zu essen. Flynn hatte ich derzeit einen Tee gemacht.
„Ich hab von Rose gehört, du hast dir einen Touristen aufgegabelt", erwähnte der dunkelhaarige grinsend.
Seufzend rollte ich mit den Augen und lehnte gegen die Kücheninsel. „Typisch Rose. Sie stellt sich gedanklich bestimmt schon vor, wie meine Hochzeit aussehen soll."
Flynn lachte und trank seinen Tee aus. „Du kennst sie ja. Na los. Fahren wir."
Nachdem er mich in der Nähe von Rosemary's rausgelassen hatte, spazierte ich eine Runde im Dorf herum. Ich hatte Angst zu früh aufzutauchen. Generell war ich verdammt nervös. Meine Haut kribbelte immer noch bei dem Bild von heute Morgen.
Nach zwei Runden nahm ich meinen Mut zusammen und ging zu Rose.
„Er sitzt im Frühstücksraum. Wartet wohl die ganze Zeit auf dich.", teilte mir Rosemary schmunzelnd mit. Meine Wangen liefen sofort rot an. Ich machte mich auf in den kleinen, urigen Raum mit den Tischen. Johnny saß in der Nische links hinten und nippte an seinem Kaffee. Er sah seufzend auf seine Armbanduhr, was mich grinsen ließ.
Da sonst niemand im Raum war, eilte ich mit Scar hin zu seinem Tisch. „Wartest du auf jemanden?", fragte ich neckend.
Johnny sah zu mir hoch. Ein kleines Grinsen umspielte seine Lippen. „Du warst ja lange weg."
„Ich dachte, ich gebe dir genügend Zeit zum wach werden.", erklärte ich. „Wollen wir?"
Er nickte und stand auf. Gemeinsam verließen wir das B&B und begaben uns auf den gepflasterten Weg. „Unser kleines Heim hat nur knappe 100 Einwohner.", erzählte ich und führte ihn an einigen alten Läden vorbei. „Wir haben nicht viel Geschäfte, aber das Wichtigste. Die nächste Stadt liegt zwei Stunden mit dem Auto entfernt."
„Jetzt verstehe ich, warum mein Bekannter mir dieses Dorf empfohlen hat", lachte Johnny.
„Aye. Perfekt, um unterzutauchen sozusagen", stimmte ich grinsend hinzu. „Rose hat mir erzählt, dass sogar mal welche aus dem Zeugenschutzprogramm hier waren. Ziemlich spannende Sache."
Mein Begleiter sah mich überrascht an. „Dann habt ihr ja doch etwas zu bieten.", scherzte er.
„Oh, wir haben jede Menge zu bieten", entgegnete ich stolz und führte ihn von dem Dorf Weg, über Wiesen und Felder, bis wir an einer alten Ruine ankamen. Es war nebelig und vor der Ruine grasten einige Schafe. Der Anblick war atemberaubend. Johnny schien es ebenso zu gefallen, denn er zückte sein Handy und machte einige Fotos. Ich ging weiter. Johnny und Scar folgten mir unauffällig. Nach einigen Minuten erreichten wir den Wald. Ohne stehenzubleiben steuerte ich eine Lichtung an, auf der sich ein uralter Steinkreis befand.
„Der hier stammt aus der Zeit der Kelten und Druiden.", erklärte ich und war höchst erfreut, dass Johnny das Monument mit der gleichen Faszination ansah wie ich. Wir gingen weiter und ich zeigte ihm die wunderschöne Landschaft. Obwohl wir nicht viel redeten, war es ein angenehmes Schweigen. Als würden wir uns ohne Worte verstehen. Unbewusst schlug ich den Weg zu meinem Haus ein. Ehe ich mich versah, standen wir davor. Ich räusperte mich verlegen. Scar lief bereits zum Gartenzaun.
„Nun ja. Das ist mein bescheidenes Heim.", meinte ich und öffnete das kleine Tor. „Willst du etwas trinken?"
Johnny musterte das Haus interessiert und nickte. „Gerne.", antwortete er und folgte mir mit hinein.
Drinnen stellte ich eine Kanne heißes Wasser auf den alten Herd und nahm zwei Tassen aus dem Schrank. Dabei bemerkte ich, wie mein Besuch sich neugierig umsah. Wahrscheinlich war sein Badezimmer allein größer als mein ganzes Haus.
„Es ist wirklich gemütlich.", kommentierte er überraschend. „Die Einrichtung gefällt mir."
Ein Schmunzeln umspielte meine Lippen. „Die Leute hier nennen es Witch's Cottage. Ich denke, das passt ganz gut.", erzählte ich lachend, während ich das Wasser in die Teekanne füllte.
Nachdem ich Feuer im Kamin entfacht hatte und das Tablett mit dem Tee auf den kleinen Tisch gestellt hatte, setzten wir uns aufs Sofa. Scar machte es sich wieder vor dem Feuer gemütlich. Nun kamen auch meine zwei Katzen und beäugten meinen Besuch. Sie schnupperten an ihm und fingen gleich an zu schnurren.
„Scheint so als würde dich meine Familie mögen", meinte ich grinsend und nahm Tips auf den Schoß.
Johnny schmunzelte und streichelte Trix. „Ich kann gut verstehen, warum du hier wohnst.", raunte er.
Mein Herz schlug wieder höher und ich winkelte ein Bein an. Tips kletterte auf meinem Knie herum.
Plötzlich vibrierte mein Handy auf dem Tisch und eine Nachricht meiner Verlegerin poppte auf.
Wie läuft es mit dem Buch? Gruß Tilde
Johnny las es und sah mich fragend an. „Bist du Autorin?", fragte er. Etwas verlegen fasste ich mir an den Nacken.
„Aye.", antwortete ich und stand auf. Neben dem Kamin stand ein großes Bücherregal. Ich zog den ersten Band meiner ersten Serie heraus und reichte es ihm. „Dark-Fantasy Romane."
Er nahm das Buch und sah es sich neugierig an. „Wow... Damit hatte ich nicht gerechnet."
Nervös setzte ich mich wieder neben ihn. „Naja, ich bin wohl für alles Kreative geboren. Ich schreibe, zeichne, fotografiere... Eigentlich wollte ich Sängerin werden und mein eigenes Plattenlable gründen. Aber ich finde mein jetziges Leben ist nahezu perfekt. Bücher zu schreiben entspannt mich."
„Kann man es hier im Dorf kaufen?", wollte er wissen und reichte mir das Buch wieder. Überrascht sah ich ihn an und nickte. „Aye. Wir haben einen Buchhandel.", antwortete ich. „Aber du kannst gerne das hier nehmen."
„Dann würde es dich nicht fördern", entgegnete er grinsend, was mich leicht zum Lachen brachte. Es berührte mich, dass er mich unterstützen wollte."
„Du musst es mir jedoch signieren", fügte er zwinkernd hinzu. Nun schmolz mein Herz dahin. Byebye Herz.
„Ehm...Natürlich", meinte ich und schluckte nervös. Um mich abzulenken, goss ich uns den Tee ein und reichte ihm eine Tasse. „Hast du Hunger? Ich kann uns etwas kochen."
Johnny nippte an dem Tee, der ihm auf Anhieb zu schmecken schien. „Ich mische den Tee und sammle die Kräuter selbst.", erklärte ich stolz.
Er schmunzelte. „Essen klingt verlockend", antwortete er und stellte die Tasse ab. „Kann ich dir helfen?"
„Wenn du willst, gerne.", meinte ich, bevor ich mich erhob. Ich holte einige Zutaten und legte sie bereit. Johnny zog seine Ärmel nach oben und sah mich voller Tatendrang an. Lachend reichte ich ihm etwas Gemüse zum Schneiden. Danach bereitete ich die Kartoffel vor. Natürlich wollte ich ihm ein typisch irisches Gericht zaubern.
Schmunzelnd sah ich immer wieder zu Johnny. Er schien nicht zum ersten Mal zu kochen, was mir sehr sympathisch war. Bestimmt hatte er einen eigenen Koch und Hauspersonal. Doch ich versuchte darüber nicht länger nachzudenken und kümmerte mich weiter um das Essen. Als alles fertig war, servierte ich es für zwei auf den Tisch.
"Colcannon mit Black Pudding, Gemüse und einem Maissalat.", kündigte ich euphorisch an, ehe ich mich setzte. Johnny nahm gegenüber von mir Platz und sah sich das Gericht mit einem zarten Schmunzeln auf den Lippen an.
"Hoffe, es schmeckt", meinte ich noch, bevor wir zu essen anfingen. Dabei beobachtete ich gespannt meinen Besucher aus dem Augenwinkel. Er hob die Augenbrauen und sah mich an.
"Das schmeckt wirklich gut", meinte er. "Ich glaube, ich stelle dich als meine neue Köchin ein"
Aye. Da war es. Eine Köchin. Dennoch musste ich lachen. "Danke. Es freut mich, wenn es dir schmeckt", entgegnete ich ehrlich.
"Wie lange bleibst du in Irland?", fragte ich nach dem Essen. Kurz dachte ich daran eine Flasche Whiskey zu öffnen, als mir ein wichtiges Detail wieder einfiel, und ich beließ es bei Wasser für uns beide.
"Lange kann ich nicht bleiben", erklärte Johnny. "Die Dreharbeiten für den Film beginnen in einem Monat"
Ich nickte verständlich und räumte den Tisch ab. Er bestand darauf mir zu helfen, wozu ich nicht nein sagte.
Draußen regnete es bereits wieder etwas mehr. Die Uhr schlug 16 Uhr und ich überlegte wie ich etwas Zeit schinden konnte.
"Willst du vielleicht einen Film ansehen?", fragte ich nervös. "Ich verspreche, dieses mal nicht einzuschlafen", fügte ich lachend hinzu. 
Johnny schloss sich meinem Lachen an. "Klar."

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