Staffel 2 Kapitel 3

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„Ich wusste doch, dass du hier bist." Flynns Stimme klang so, als wäre sie weit weg, am anderen Ende eines Tunnels und doch sahen meine geröteten Augen, wie er sich zu mir in die Wiese hockte.„Ich wollte eigentlich nicht her...", raunte ich mit brüchiger Stimme. Es war nicht zu verkennen, dass ich viel geweint hatte. „Weil wir hier... geheiratet haben... Aber ich liebe diesen Steinkreis..."„Natürlich tust du das und das kann dir niemand nehmen", stimmte er sofort zu und schlang seine Arme um mich. Wir waren beide völlig durchnässt. „Immerhin hast du hier immer deine Hexentreffen. Wir haben oft ein Picknick veranstaltet und selbst ein Open Air Kino nur für uns fünf. Erinnerst du dich noch?"Ich lachte leise auf. „Wie könnte ich das vergessen.", entgegnete ich. „Ich hab doch keine Demenz."Flynn streichelte einfach meinen Rücken und so verstrichen Minuten um Minuten. Scar hatte seinen Kopf immer noch in meinem Schoß und ich meinen an Flynns Brust. Sein vertrauter Duft beruhigte mich etwas.„Wir haben uns Sorgen gemacht", sagte er irgendwann. „Ein Blitz nach dem anderen schlägt ein und du rennst raus. Wie immer stur."„Ich musste weg...", hauchte ich zittrig. „Weg von ihm... Ich konnte nicht mehr atmen."„Malice hat uns den Beitrag gezeigt. Ich wollte ihn verprügeln, aber es war wichtiger, dich zu finden", erzählte Flynn. „Der Beitrag wird gerade überall entfernt."„Kann ihn jemand auch aus meinem Kopf entfernen?", fragte ich leise und unterdrückte ein Schluchzen.„Ach Mädel", seufzte mein Freund und schloss mich inniger in seine Arme. „So wie ich dich kenne, ist das nicht das Einzige, oder? Ich weiß, du frisst immer alles in dich rein, bis du irgendwann zusammenbrichst."Darauf wusste ich keine Antwort, denn er hatte Recht. Ich versuchte stets, jeden Konflikt zu meiden. Immer wieder hatte ich drüber hinweggesehen, wenn Johnny betrunken gewesen war und das, obwohl es mich jedes Mal zurück in die Vergangenheit befördert hatte und ich am Rande eines Nervenzusammenbruchs gewesen war. So oft. Viel zu oft. „Hör auf damit", raunte Flynn in mein nasses Haar. „Lass uns teil an deinem Schmerz haben. Dafür sind Freunde, Familie, da."Und so ließ ich alles raus. Ich erzählte ihm alles. Von den Bettgeschichten bis hin zu dem Tag, an dem Johnny sich nicht blicken gelassen hatte. Dabei heulte ich mir erneut die Seele aus dem Leib. Erstrecht als wir auf das Bild zu sprechen kamen. „Liebt er mich denn nicht mehr?", fragte ich schluchzend und hob meinen Kopf, nur um Flynn verzweifelt anzusehen. Er erwiderte meinen Blick zerknirscht und betrübt.„Ich kann dir nicht sagen, was in ihm vorgeht", sagte er. „Aber du weißt, Liebe, wo einer den anderen ständig verletzt, gibt es für mich nicht."„Aber keiner ist ohne Fehler", argumentierte ich und rümpfte meine Nase.„Das sage oder behaupte ich nicht", entgegnete er. „Nur er war sein ganzes Leben so. Ich weiß nicht, ob man sich nach all dem überhaupt noch ändern kann. Auch wenn er dich liebt, denkst du wirklich, wenn du ehrlich bist, dass er dich schätzt? Wie oft hat er vergessen, dass du existierst? Lieber Alkohol getrunken, während du trotz deiner Anfälle ihn sogar vor Gericht verteidigt hast. Wieg es ab und sei ehrlich zu dir selbst."Ich ließ meinen Kopf leicht hängen. Ganz unrecht hatte er nicht. War es das, wenn Menschen davon sprachen, Liebe mache blind? War ich blind geworden?„Du hast allein deine ganzen Hürden überwunden und bist hier her nach Irland.", fuhr Flynn fort, dabei hob er mein Kinn sanft mit zwei Fingern an. „Lass dich nicht von ihm wieder in jenes Loch zurückwerfen, aus dem du dich mühevoll geholt hast."„Vielleicht...", hauchte ich. „Habe ich keine Liebe verdient."Flynn klatschte mir sanft auf die Wange. „Wenn du so etwas noch einmal sagst, werde ich böse.", raunte er. „Wenn einer Liebe und Glück verdient hat, dann mit Sicherheit du. Du bist treu, hast das größte Herz von allen, bist leidenschaftlich, loyal, empathisch, hilfsbereit, du hast immer ein offenes Ohr für jeden, auch wenn es dir gerade selbst extrem schlecht geht. Also sag nie wieder, dass du es nicht verdient hättest. Du bist die wundervollste Frau, die ich je getroffen habe. Aber du musst wieder aus dieser Opferrolle heraus. Heb dein Haupt und richte deine Krone, Queen of Darkness."Für den Bruchteil einer Sekunde hoben sich meine Mundwinkel nach oben. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich Johnny nie getroffen hätte. Hier in Irland bei meinen Freunden, genau hier war mein Platz und genau hier hatte ich mein Glück gefunden. Ich brauchte niemand anderen. Für einen Moment lichtete sich der Nebel in meinem Kopf, auch wenn der Schmerz tief saß. So tief, dass ich kaum mitbekam, wie Flynns Lippen den meinen immer näher kamen. Es schmerzte so sehr... Die Verletzungen, die mir Johnny zugefügt hatte. Ich sah sie nun alle vor mir. Was war ich blind gewesen. Hatte ihm immer wieder aufs Neue vergeben. Hatte meine Narben versteckt und mich für ihn eingesetzt. Ihm beigestanden. Hatte immer ja und amen zu allem gesagt. Ich hatte nie nach Hollywood gewollt. Hatte nie auf seine Tournee mitkommen wollen. Was war ich doch für ein naives, dummes Mädchen. Wieso war ich, seit ich Johnny kannte, nicht mehr in der Lage eigenständig zu denken? War ich mir selbst denn so wenig wert, dass ich immer nur auf seine Bedürfnisse geachtet hatte?Während all diese schmerzlichen Gedanken und Gefühle durch meinen Kopf rauschten, passierte etwas, das nie hätte passieren dürfen. Wir beide wussten wahrscheinlich nicht, was wir da taten. Was auch immer uns geritten hatte, hatte in jenem Moment die Überhand über uns. Bei mir war es wahrscheinlich der Schmerz und die Frustration gewesen. Aber selbst als mir klar wurde, dass es falsch war, hörte ich nicht damit auf, denn immer wieder sah ich dieses ekelhafte Bild vor mir. Und so küsste ich Flynn nur noch intensiver. Er hatte seine Hand in meinen Haaren vergraben und seine andere auf meinen Rücken gelegt, um mich noch mehr an sich ran zudrücken. Er hätte klar denken müssen, aber er tat es nicht. Warum? „Ich liebe dich, Lu... Habe ich schon immer", raunte er an meinen Lippen.„Flynn..." Noch bevor ich etwas erwidern konnte, küsste er mich erneut inbrünstig und ich ließ es geschehen. Ja, ich erlaubte es ihm. Nie hätte ich eine solche Niedertracht von Johnny erwartet. Es war nur fair, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. So hatte ich bereits mein Leben lang gedacht. Ich war keine „gute" Hexe. War ich nie gewesen. Es wurde Zeit, dass ich mich selbst wiederfand. Irgendwann löste sich Flynn nur widerwillig wieder von mir. „Wir sollten gehen. Ich möchte nicht, dass du krank wirst", sagte er und zog mich auf die Beine.„Johnny wird in meinem Cottage sein", murmelte ich leise, während ich ihm folgte.„Wird er nicht", antwortete Flynn kühl. „Er ist bei Rose untergekommen. Und ich begleite dich."Ohne weitere Einwände folgte ich ihm zu seinem Truck, ehe er mich nach Hause fuhr, wo ich mir ein warmes Bad einließ und er sich um Tee und Scar kümmerte. Ich saß bereits in einem Schaumbad, als Flynn klopfte und einen trockenen und sauberen Scar hereinließ.„Komm nur", sagte ich, woraufhin Flynn mit Tee und Schokolade hereinkam. „Nur gut, dass ich weiß, wo du deine Schokolade aufbewahrst", lachte er und stellte das Tablett auf einen kleinen Tisch neben der Wanne.„Danke", sagte ich und lächelte ihn warm an. Ich wollte bereits etwas zu unserer Knutscherei sagen, doch er hob nur die Hand, um mich direkt zu unterbrechen.„Ich weiß.", sagte er. „Kümmer dich erstmal um dich selbst. Das ist jetzt das Wichtigste. Wenn du etwas brauchst, ruf an."Ich nickte und sah ihm noch nach, bevor ich mich komplett in das Wasser gleiten ließ, einfach nur, um eine Zeit lang die Luft anzuhalten. Als es nicht länger ging, tauchte ich wieder auf und strich mir die Haare aus dem Gesicht.

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