♥︎°Kapitel 1°♥︎

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Ein lautes Donnern ließ mich zusammenzucken. Kurz darauf hörte ich dicke Regentropfen, die auf Gebüsch, Blätter und sonstige Pflanzen trafen. Eigentlich war es ein rauschendes und angenehmes Geräusch, bei dem ich unter normalen Umständen sofort eingeschlafen wäre. Doch dies war keine gewöhnliche Situation. Irgendetwas war anders.

Ich schlug die Augen auf. Ein greller Blitz erhellte in diesem Moment den Raum. Ich richtete mich auf und versuchte mich zu orientieren.
Alles sah fremd und eigenartig aus. Ich stellte fest, dass ich mich in einer Holzhütte befand. Ich entdeckte ein Fenster, direkt neben dem weichen Bett, indem ich merkwürdigerweise aufgewacht war.

Meine Augen wanderten weiter durch den Raum und versuchten etwas bekanntes zu finden. Aber vergeblich.
Bis auf einen altmodischen Kleiderschrank, einer Kommode, auf der eine Nachtlampe ihren Platz gefunden hatte, und der Zimmertür waren keine Möbelstücke auszumachen.

Ich erhob mich, wobei das Bett einmal leise knarrte. Mir fiel auf, dass alle Möbelstücke aus Holz bestanden, was den typischen Geruch danach erklärte. Im nächsten Augenblick war ein erneutes, lautes Donnergrollen zu hören. Ich zuckte zusammen.

Obwohl es früh am Morgen war, dass vermutete ich jedenfalls, war es dunkel, da die Regenwolken den Himmel versteckten. Ich trat zur Zimmertür und hoffte, dass sich hinter ihr Antworten fanden, die mir erklären konnten, wo ich mich befand und wie ich hierher gekommen war.

Ich atmete einmal tief ein und aus als meine Hand sich auf die Türklinke legte. Sie fühlte sich kühl und eisig an.
Schließlich drückte ich sie runter. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie hatte ich die Vermutung, dass die Tür sich nicht öffnen lassen würde und ich eingesperrt war.
Somit wich ich überrascht zurück, als diese nach außen aufschwang.

Für ein paar Sekunden blieb ich wie angewurzelt stehen und starrte geradeaus. Ich erblickte einen Flur. Er führte zu einem weiteren Raum. Die Neugier packte mich und so machte ich die ersten Schritte, um die Hütte so weit wie möglich zu erkunden.

Plötzlich hörte ich verschiedene Stimmen, die sich zu unterhalten schienen. Ich zuckte bei ihrem Klang kurz zusammen. Ich hatte angenommen, dass ich mich alleine in der merkwürdigen Hütte befand.

Offensichtlich hatte ich mich gründlich getäuscht. Ein natürliches Lachen ertönte, was ich irgendwie angenehm fand. Es hatte etwas ehrliches und freundliches an sich.
Nervös fummelte ich an dem Ärmel meiner Lederjacke herum.

Sollte ich mich in die Richtung aus der die Stimmen kamen bewegen? Wer weiß um was für Leute es sich handelte. Mein Vater hatte mir als Kind immer gesagt, dass ich mich von fremden besser fernhalten sollte. Aber vielleicht konnten sie mit ja helfen wieder nachhause zukommen. Auf einmal wurde ich stutzig. Wieso war ich eigentlich so gelassen drauf? Müsste ich nicht durchdrehen und verrückt werden?

Ich zupfte weiter an den Ärmeln der Jacke herum. Sie fühlte sich glatt und gut an. Nur etwas war komisch. Ich sah langsam an mir hinunter. Diese Jacke kam mir kein bisschen bekannt vor.
Ganz im Gegenteil. Ich war mir sicher, dass ich noch nie eine Lederjacke angehabt hatte und überhaupt keine besaß. Dafür waren diese Jacken viel zu teuer, als das ich sie mir hätte leisten können.

Ich versuchte mich zu erinnern. An den Tag zuvor. Was ich getan hatte und was passiert war. Ich kramte in meinem Gehirn, doch vergeblich. Ich konnte mich an nichts erinnern. Es war als hätte etwas oder jemand meine Erinnerung an die letzten vierundzwanzig Stunden gelöscht. Trotzdem war ich davon überzeugt, dass ich dieses Kleidungstück nicht getragen hatte. Schließlich besaß ich keine so teuren Klamotten.

Aber wem gehörte sie dann? Und wieso hatte ich diese Jacke an, wenn sie jemand anderem gehörte?

Ich schüttelte den Kopf, um meine Gedanken zu sortieren. Nur leider half diese Bewegung nichts. Die vielen unbeantworteten Fragen und verwirrende Gedanken blieben so wie zuvor.

Ich hörte erneut die Stimmen, die durch den Flur hallten. Jetzt hielt mich nichts mehr zurück. Noch bevor ich mir weiter den Kopf darüber zerbrechen konnte, auf was für Personen ich treffen würde, ging ich schnurstracks durch den Flur.
Ich steuerte direkt auf den Raum zu aus dem die Stimmen kamen. Ich entdeckte eine Holztür, die der glich, die ich bereits geöffnet hatte. Ein bisschen mulmig war mir schon zumute, als ich näher an die Tür herantrat. Sie war nur angelehnt.

"Meint ihr die Biester bleiben noch lange in der Stadt?", hörte ich eine Jungenstimme fragen. "Keine Ahnung", erwiderte eine zweite Stimme, die so klang, als würde die Person mit vollem Mund reden.

Vielleicht aßen sie ja gerade, überlegte ich. Die Tür war einen kleinen Spalt geöffnet durch den ich versuchte einen Blick in den Raum zu werfen.
Ich konnte nur einen Jungen sehen, der es sich auf dem Boden in der Schneidersitz Position bequem gemacht hatte.
Er trug eine dunkelblaue Jeans und ich konnte seinen muskulösen Körper bewundern. Er hatte sehr dunkles Haar, dass den Federn eines Raben ähnelte und auffällig glänzte. Es sah nass und verwuschelt aus, was ich irgendwie süß fand.
Obwohl es bereits Herbst war, war die Haut des Jungen leicht gebräunt, als hätte soeben die Sonne darauf geschienen.

"Und wenn die Bleichgesichter noch hier sein sollten, sollten sie besser aufpassen, wo sie ihre Opfer jagen. Sonst......"

Aufmerksam beobachtete ich den Jungen, der gerade gesprochen hatte. Da war etwas an ihm. Etwas geheimnisvolles.

Im nächsten Moment wurde die Tür ruckartig aufgestoßen. Reflexartig sprang ich zur Seite, damit sie mir nicht vor den Kopf knallte.
"Aha. Wen haben wir denn da?"
Einer der vier Jungen hatte die Tür ganz geöffnet und nun starrten sie mich alle vier überrascht an, was mir mehr als unangenehm war.
Ich öffnete den Mund, um etwas zu meiner Verteidigung zu sagen. Doch mir fiel keine passende Ausrede ein.

Mir war klar, dass alle Jungen das gleiche dachten.
Schließlich konnten sie eins und eins zusammenzählen. Sie mussten mich für ein dämliches Mädchen, dass vor der Tür auf dem Boden saß und das Gespräch belauscht hatte, halten.

Ich hob den Kopf und kam mir plötzlich kleiner vor, als ich ohnehin schon war. Der Junge vor mir glich dem, den ich durch den Spalt der Tür gesehen hatte. Zwei auffällige Unterschiede waren, dass er einen deutlich jüngeren und kleineren Eindruck machte und somit eine höhere Stimme hatte.
Er beugte sich zu mir hinunter und musterte mich, als wäre ich das Interessanteste, dass er in seinem ganzen Leben gesehen hatte.
Dabei kam sein Gesicht sehr nah, was mich unsicher machte. Dann fragte er: "Was machen wir jetzt mit ihr?"

Der Clan der CosantoirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt