♥︎°Kapitel 19°♥︎

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Der Einstich war schmerzvoll. Doch schlimmer war es, als das Blut aus meinem Körper gesaugt wurde. Ich wollte laut schreien, den ekelhaften Vampir von mir wegstoßen und anschließend davon laufen. Aber ich wusste, dass ich das niemals fertig bringen würde. Dafür war ich viel zu schwach und das kalte Wesen zu stark.

Die Zähne bohrten sich langsam tiefer in meine Haut. Ich verzog das Gesicht und konnte nun die Schmerzen nicht länger unterdrücken. Mein Mund öffnete sich automatisch und ein paar laute Schreie ertönten kurz darauf wie von selbst.
Mein Atem ging schneller und ich überlegte wieso. Aber, bevor mir eine Erklärung einfallen konnte, japste ich schon nach Luft. Ich befürchtete sogar ich würde ersticken.

Ich wusste nicht wie viele Minuten verstrichen waren, doch irgendwann lösten sich die Vampirzähne von meiner Haut und ich sog keuchend Luft ein. Ich sank auf die Knie und starrte auf den weichen Waldboden. Meine Hände krampften sich in das feuchte Gras und allmählich begann mein Körper sich zu entspannen.

"Aber, aber...." , hörte ich die Stimme des Vampires, der sich ebenfalls auf den Boden setzte.

Ich spürte wie er eine meiner lockigen Strähnen, aus meinem Gesicht und anschließend hinter mein linkes Ohr strich.
"Das war doch gerade erst der Anfang. Wie wirst du denn aussehen, wenn wir beim Hauptteil ankommen hm?"

Seine Hand wanderte nun zu meiner Wange. Ein Kälteschauer durchfuhr mich, da sie sich so kalt anfühlte.
"Weißt du ich hab mich noch gar nicht richtig vorgestellt. Ich heiße Jonathan Rabe. Und du hast meinen Bruder Leonard Rabe auf dem Gewissen. Nur falls die Namen dich irgendwie interessieren sollten. Ich meine immerhin weißt du dann von wem du getötet wurdest hahahahaha!"

Jonathans Lachen war grässlich. Es war laut, ein wenig krächzend, wie das Husten eines Kettenrauchers, abfällig und beängstigend.
Wenn er nicht so dicht bei mir gewesen wäre, hätte ich mir augenblicklich die Ohren zugehalten. Doch so konnte ich meine Hände nicht bewegen und musste seine Lache und merkwürdige Stimme ertragen.

Mir kam es vor als würde Jonathan erst nach einer Ewigkeit aufhören zu lachen. Ich fühlte mich schwach, klein und wehrlos.
Den Schmerz meines Handgelenks hatte ich bereits vergessen. Er war nichts im Vergleich gegenüber meiner Inneren Schmerzen. Diese schienen mich nach und nach kraftlos sowie mutlos zu machen.

Ich wusste nicht wie lange ich einfach nur auf dem weichen Gras gekniet und über einen möglichen Fluchtplan nachgedacht hatte.
Jedenfalls, sprang Jonathan im nächsten Augenblick überrascht und beinahe verängstigt auf. Seine unerwartete, hektische Bewegung ließ auch mich hochschrecken. Meine Augen suchten seinen Körper, der für mich nun nur als Schatten zu sehen war. Er hatte mir den Rücken zugekehrt und verharrte wie eine Statue auf der Stelle.

Ich sah mich zu allen Seiten hin um und nahm ein leises Rascheln im Gebüsch rechts von mir wahr. Da ich nichts erkennen konnte, vermutete ich, dass der Wind das Geräusch verursacht hatte.
Aber als ich bemerkte wie Jonathan sich blitzschnell umdrehte und in das Dickicht schaute, wusste ich, dass es nicht der Wind gewesen war.

Ich hielt den Atem an und beobachtete angespannt Jonathan und das leicht wackelde Gestrüpp.
Wenn nicht der Wind das Rascheln verursacht hatte, was war es dann gewesen?

Meine Augen waren nun starr auf das Gebüsch gerichtet. Eine Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut. Ob sie sich aufgrund von Angst oder Kälte gebildet hatte konnte ich nicht sagen.
Möglicherweise war es eine Mischung von beidem gewesen.

Mein Herz klopfte schnell und kraftvoll in meiner Brust.
Ich konnte jeden einzelnen Schlag deutlich spüren und fürchtete mich davor, dass es stehen bleiben würde, wenn ich sah was in dem Gestrüpp lauerte. In den nächsten Sekunden herrschte eine angespannte und bedrohliche Atmosphäre. Kein Laut war zu hören. Niemand bewegte sich. Ich nicht und auch Jonathan tat es nicht.
Das Einzige, was ich noch hörte war mein eigener Atem, der jetzt schneller, als gewöhnlich, eingesetzt hatte.

Dann, als ich glaubte es würde nichts spannendes mehr passieren, sprang uhrplötzlich etwas aus dem Gebüsch.
Bei der nächtlichen Dunkelheit nahm ich zuerst nur einen Schatten war, der die Gestalt eines riesigen Tieres angenommen hatte. Der Schatten sprang hoch und mit lang gestrecktem Körper auf Jonathan zu. Fast wie eine Rabkatze, die ihre Beute fangen wollte.

Mein Mund klappte weit auf und ich ahnte das Schlimmste. Jonathan würde jeden Augenblick zu Boden gestoßen werden.

Doch nun stellte ich allerdings fest, dass meine Vermutung sich nicht bestätigte. Jonathan war nämlich wachsam und aufmerksam gewesen. Blitzschnell zischte er davon und war kurz darauf zwischen den Bäumen verschwunden. Und das, noch bevor das springende Tier ihn erreichen konnte. Ich blinzelte ein paar Mal. Wo war er hin? Und wie hatte er es bloß geschafft so schnell zu flüchten?

Aber viel Zeit zum Nachdenken hatte ich nicht. Denn nun landete die riesige Tiergestalt wenige Zentimeter vor mir auf dem Grasboden. Angstschweiß bildete sich und lief, über meine Haut, meinen Körper hinunter. Meine Augen waren reflexartig zugefallen. Ich zwang sie, sich wieder zu öffnen. Ich wollte sehen, was es für ein Tier oder Wesen war.

Als ich meine Augen langsam öffnete schrie ich so laut auf, dass ich ein Kratzen in meinem Hals spürte. Ich sah in zwei pechschwarze Augen. Ich konnte keine Pupillen entdecken, was mir Angst einflößte. Dank des Vollmondes konnte ich scharfe Zähne und Fell erkennen.
Als mein Blick weiter wanderte begutachtete ich den gesamten Körper des Tieres. Es stand auf vier Pfoten, hatte eine hundeähnliche Schnauze und zotteliges, schwarzes Fell, dass ein wenig an seinem Körper runter hing.
Auch, wenn der Körperbau unnatürlich groß war, musste es sich um einen Wolf handeln.

Ungläubig starrte ich dem gefährlich wirkenden Tier weiter in die Augen. Solange bis der Wolf seinen Blick abwandte. Ich zitterte und wunderte mich darüber. Müsste ich nicht eigentlich erleichtert sein?
Schließlich war der Wolf ganz bestimmt aus Evans Clan. Er hatte mich vor dem Vampir gerettet und ich musste ihm dankbar sein oder nicht?

Ich versuchte mich zu entspannen und mir einzureden, dass der Wolf tatsächlich zu Evan gehörte und Evan selbst sich in der Nähe befand. Aber war dieser mit seinem Clan nicht weit weg und ganz woanders?

Da war eine weitere Sache, die mich verunsicherte.
Ein Gefühl in mir das sagte, dass dieser Wolf eine Gefahr darstellte und ich vorsichtig sein sollte. Ich spürte etwas in meinem Magen rumoren, doch ignorierte es.

Der Wolf, der sich wenige Meter gegenüber von mir befand änderte auf einmal seine Gestalt. Seine Vorderpfoten hoben vom Boden ab und langsam stellte er sich auf die Hinterbeine. Sein Kopf und seine Körperform veränderten sich im Zeitlupentempo und nahmen nach und nach eine menschliche Gestalt an.

Aus den Vorderpfoten wurden Finger, aus den Hinterpfoten nackte Füße und aus der Schnauze entstand ein Gesicht. Meine Augen weiteten sich. Erstaunt, neugierig und verblüfft starrte ich auf das übernatürliche Wesen. Eine menschliche, nackte Gestalt, war das Letzte, dass ich ausmachen konnte. Dann verspürte ich einen harten Schlag an meinem Kinn und alles wurde schwarz.

Wer ist der geheimnisvolle Retter bzw. der Wolf? XD

Der Clan der CosantoirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt