♥︎°Kapitel 24°♥︎

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Ich atmete auf. Zwar spürte ich den unerträglichen Schmerz auf meiner Wange noch, aber ich wusste, dass meine Rettung nah war. Allein diese Erkenntnis beruhigte mich. Diese vertraute Stimme. Sie gab mir das Gefühl von Sicherheit.

Remus hatte den Metallstab mittlerweile wieder von meiner Wange genommen und ließ ihn nun auf den Waldboden fallen. Verwirrt musterte ich ihn. Seine Aufmerksamkeit galt nun nicht mehr mir, sondern etwas anderem.
Sein Gesichtsausdruck war mit einem Mal nicht mehr siegessicher, sondern wütend und überrascht. Ich drehte den Kopf und versuchte Remus Blick zu folgen. Ich wollte sehen, was ihn abgelenkt hatte. Ich verrenkte mir dabei fast den Kopf. Schließlich gab ich es auf.

Ich hörte wie Remus brüllte:
"Der hat sich aber ganz schön Zeit gelassen. Los Jungs. Helft ihr auf die Füße und macht alles startklar!"
Ich spürte wie die zwei Arme Rechts und links von mir mich mit einem Ruck hochzogen. Sofort stand ich. Allerdings fühlten meine Beine sich an wie Wackelpudding. Wenn die zwei Jungen mich nicht immer noch in ihrem Griff gehalten hätten, wäre ich wahrscheinlich auf die Knie gefallen.

Ich fühlte mich schwach und ausgelaugt. Irgendwie fiel es mir schwer meine Augen offen zu halten. Ich war müde und wäre am liebsten sofort eingeschlafen. Doch ich konnte nicht, da ich mich ganz und gar nicht sicher fühlte. Ich stand nun mit dem Rücken zu dem lodernen Feuer und konnte die Bäume und Büsche vor mir erblicken.
Erst jetzt bemerkte ich, dass die zwei Mädchen, die ich vorher am Feuer hatte sitzten sehen, nun neben Remus standen, der sich seitlich von mir befand.

Mit großen Augen beobachtete ich wie Remus eines der Mädchen nah zu sich zog und ihr einen Arm um die Taille legte. Das Mädchen hatte ihren Kopf an seine Schulter gelehnt. Sie wirkten vertraut, beinahe verliebt. Sofort verwarf ich den Gedanken wieder und schüttelte angewidert den Kopf.
Verliebt?
In Remus?
Er war ein Monster.
Wer könnte jemanden wie ihn lieben?
Und außerdem war Remus selbst wahrscheinlich gar nicht fähig zu lieben. Ich vermutete, dass er das Mädchen nur benutzte, aber rein gar nichts für sie empfand.

Ich warf dem zweiten Mädchen einen schnellen Blick zu. Sie wirkte ängstlich und unsicher. Sie stand näher bei mir und den beiden Jungen, die mich festhielten, als bei Remus.
Sie hatte rot gelocktes Haar, was ihr unglaublich gut stand. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie viel kleiner und jünger aussah, als ich selbst.
Wie alt sie wohl war?
Vielleicht 12?
Ich schauderte. Die Arme musste in ihrem jungen Alter schon so schlimme Dinge erleben.

Plötzlich trafen ihre Augen auf mich. Ich erschrak und sah schnell wieder den Wald vor mir an. Ich wollte nicht, dass sie glaubte ich würde sie anstarren.
Merkwürdigerweise trat sie näher auf mich zu. Bis sie schließlich direkt neben mir stand.

Ich wollte etwas sagen, aber kam nicht mehr dazu.
Denn kurz darauf hörte ich Wolfsgeheul.
Nur wenige Sekunden danach stürmten Wölfe aus den Gebüschen und Bäumen hervor. Es waren viele. Ich versuchte sie zu zählen und kam auf sechs oder acht.

Jeder Wolf war zunächst nur als Schatten zu erkennen, aber je näher sie dem Lagerfeuer kamen desto genauer konnte man sie sehen.
Auf einmal begann Remus laut zu schreien. Anschließend schien er zu wachsen. Sein Körper wurde größer und zog sich in die Länge. Dann änderte sich seine Gestalt und er landete auf allen Vieren.

Ich öffnete meinen Mund und schloss ihn wieder. Remus stand nun da. Aber nicht mehr als Mensch, sondern als ein riesiger Wolf, der fast die Größe eines Pferdes hatte. Sein Fell war pechschwarz, struppig und ein wenig dreckig. Er stellte sich schützend vor das Mädchen, um das er zuvor seinen Arm gelegt hatte.

Ich verstand überhaupt nichts mehr.
Empfand Remus tatsächlich etwas für sie?
War ihre Sicherheit ihm wichtiger als seine Rachegefühle gegenüber Evan?
Es schien jedenfalls so.

Fasziniert beobachtete ich wie Remus sich auf den Boden legte und das Mädchen auf seinen Rücken kletterte.
Wollte er etwa fliehen?
Ich kam nicht mehr dazu die beiden weiterhin zu begutachten, weil die Griffe der beiden Jungen neben mir nachließen. Ich schrie erschrocken auf, als die beiden sich neben mir ebenfalls in Wölfe verwandelten.

Ich wollte weg. Ich nutzte die Gelegenheit und raste los. Mir war es egal, wohin. Ich wollte einfach weg. Allerdings hatte ich nur wenige Schritte in Richtung Bäume gemacht, da stellte sich einer meiner beiden Wächter in den Weg. Die Fellfarbe des Wolfes war ähnlich wie die von Remus und ich traute mich nicht einen weiteren Schritt zu machen, als das übernatürliche Wesen mir seine spitzen Zähne zeigte.

Ich verharrte ein paar Sekunden wie angewurzelt auf der Stelle. Ich sah mich um. Ich hatte keine Ahnung wonach ich überhaupt Ausschau hielt, aber ich suchte jemanden. Nur meine Augen fanden ihr Ziel nicht.

Im nächsten Augenblick sprang ein Wolf über den Wolf, der sich mir in den Weg gestellt hatte. Er war riesig, größer als alle anderen Wölfe, die ich erblickte.
Sein Fell war rotbraun und glich ein wenig der Farbe eines Fuches.
Er landete vor mir.

Zu meiner Verwunderung wich ich nicht zurück. Ganz im Gegenteil. Ich kam ihm näher und streckte meinen Arm aus. Ich wusste nicht, was mit mir los war.
War ich wahnsinnig?
Müsste ich nicht eigentlich ängstlich sein und die Flucht ergreifen anstatt zu versuchen den unbekannten Wolf zu streicheln?
Ich kannte ihn nicht. Woher sollte ich wissen wer er war?
Oder war er vielleicht doch kein Fremder und ich wusste bereits ganz genau welches Gesicht sich hinter dem Tier verbarg?

Ich fühlte mich so zu dem Wolf hingezogen. Als wäre es vollkommen normal und selbstverständlich, dass ich ihn streicheln wollte.

Der Wolf kam auf mich zu. Ich sah in seine Augen und konnte mein Spiegelbild in ihnen sehen, weil sie pechschwarz im Mondlicht glänzten.

Er war mir auf einmal sehr nah. Ich streckte meinen Arm noch weiter in seine Richtung. Dann endlich konnte ich mit den Fingern durch das Fell fahren. Es fühlte sich weich und kuschelig an. Es wirkte außerdem sauber und gepflegt. Ganz im Gegenteil zu Remus. Ich hatte bei ihm sofort gesehen, dass sein schwarzes Fell zottelig und dreckig aussah. Ich fragte mich wieso das so wahr.
Pflegte Remus sich einfach nicht?

Ich kam nicht mehr dazu noch mehr darüber nachzudenken denn hinter mir nahm ich ein leises Knurren wahr, dass irgendwie bedrohlich klang und mich kurz schaudern ließ.

Der Clan der CosantoirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt