29 | Neuigkeiten.

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HILAL

Ich bemühte mich, so leise wie möglich auf dem kalten Marmorboden zu laufen. Meine Schritte so zu setzen, dass ich niemanden aus dem Schlaf riss. Sie schienen alle noch nicht wach zu sein. Was merkwürdig war angesichts der Tatsache, dass die Woche noch nicht vorbei war.

Normalerweise wurde der Flur unserer gemütlichen Wohnung durch den Klang des alten Antennenradios erfüllt, das seinen festen Platz auf der Kücheninsel einnahm und die Stille mit Wettervorhersagen und Neuigkeiten aus der Heimat verdrängte. Kitschige Musik von Wael Kfoury, die von der heiseren Stimme unserer Mutter begleitet wurde. Obwohl es am Morgen nervtötend war, ihrer euphorischen Stimme zuzuhören, war sie insgeheim die beste Sängerin und es fehlte.

Nicht mal der Duft von frisch aufgegossenem Mokka, der die rosige Raumluft übertünchte, war vorhanden. Nicht, dass es mich störte, ich trank immerhin keinen Kaffee und hasste ihn.

Und trotzdem fehlte das alles hier. Die Routine des Morgens fehlte. Merwan, der sich zur Arbeit hetzte. Adnan, der sich stundenlang im Bad aufhielt, obwohl er wusste, dass es ihn nicht schöner machte. Mutter, die das Frühstück vorbereitete und uns mental auf den Tag zurechtstimmte.

Ich ging weiter und näherte mich dem Wohnzimmer, um nachzusehen, ob Adnan verschlafen hatte. Da ich kein Lebenszeichen vernahm, warf ich einen Blick hinein und merkte, dass alles an seinem rechten Platz zu sein schien. Der Essbereich war verlassen, die Wolldecke auf dem Sofa ordentlich zusammengefaltet. Merkwürdig. Dann war er also auf dem Weg zur Arbeit. Um halb sieben.

»Hilal!«, vernahm ich ein leises Rufen aus weiter Ferne. Aus Merwans Zimmer, das sich ziemlich abgeschieden an der Wohnungstür befand. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Zimmertür einen Spalt offen gestanden und er mein Rumschleichen bemerkt hatte.

Ich setzte mich langsam in Bewegung, um nachzuforschen, was er von mir wollte. Es kam selten vor, dass ich sein Zimmer betrat. Mein zweitältester Bruder legte sehr viel Wert auf Privatsphäre und unterschied sich dahingehend von Adnan.

Sein Drang nach Privatsphäre wunderte mich mit Blick auf das Dutzend Pfandflaschen, das sich kreuz und quer über die Holzdielen verteilte, nicht wirklich. Im Bereich seines Bettes begann er sogar, sie mit System zu stapeln. Das einzige Ordentliche in seinem Zimmer war die rötliche Dienstuniform, die er fein säuberlich an einem Kleiderhaken aufgehängt hatte.

Erhellt wurde sein Zimmer, dessen Vorhänge zugezogen waren, nur durch einige LED-Elemente, die sich inmitten der Wohnwand befanden und den Fernseher einrahmten, über den Merwan eine seiner Playlists laufen ließ. Die Zeichen deuteten darauf, dass er heute erst spät zur Arbeit aufbrechen würde, wenn überhaupt. Sonst gab es für ihn keinen anderen Grund, um zuhause zu chillen.

»Ich hab Bereitschaftsdienst«, antwortete er auf meine kurze Rückfrage. »Ich wollte dich fragen, ob du kurz in Adnans Zimmer gehen kannst. Er hat sich meinen Laptop geliehen, ich brauche ihn wieder.«

»Dann hol ihn dir«, meinte ich.

Ich warf mich auf das Ecksofa und legte die Füße auf den kleinen Couchtisch. Bediente mich an einer Tüte Chips, die geöffnet herumstand und nur danach rief, leergegessen zu werden.

Merwan schüttelte den Kopf verneinend. »Nisan schläft doch im Moment in Adnans Zimmer. Ich kann da jetzt nicht einfach reinplatzen und meinen Laptop holen. Das wäre unangebracht, findest du nicht?«

Für einen Moment sah ich ihn an, als würde ich ihn fragen wollen, ob das gerade sein Ernst war. Er selbst wollte sie nicht stören, aber mich schicken, damit ich ihm seinen Computer hole? Wie unbeholfen und sensibel. Dennoch erklärte ich mich bereit, ihm diesen einen Gefallen zu tun.

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