33 | Loyalität ist dicker als Blut. (1/2)

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LAYLA ALBAYRAK
Kaans Ehefrau

»Wissen Sie ... alles fing an, als ich meinen Mann kennengelernt habe«, skizzierte ich der Polizistin dramatisch die Geschehnisse der letzten Monate.

Ich erzählte ihr, wie ich Kaan und seine Familie kennengelernt hatte; wie die Familie mein und unser späteres Leben beeinflusst hatte. Sie machte sich gelegentlich Notizen auf einem weißen Blatt Papier, sah mich jedoch eher desinteressiert in Bezug auf die Geschichte unserer jungen Familie an.

»Und weiter?«

Auf einmal verstummte ich. Mein Blick schweifte in Kaans Richtung, der mich mit all seinem Verständnis moralisch zu unterstützen versuchte. Der Schweiß perlte auf seiner Stirn. Ihm war es unangenehm, bei der Polizei zu sitzen und gegen seine eigene Familie Anzeige zu erstatten. Dennoch hielt er meine Hand, um mir Sicherheit zu geben.

»Mein Schwiegervater, Behçet Albayrak, birgt ein so hohes Konfliktpotenzial«, fuhr ich so sachlich wie möglich fort. »Das ist mir direkt aufgefallen. Er tyrannisiert seine Mitmenschen regelmäßig. Wo er auch ist, hat er immer zwei Bodyguards an der Seite und spielt Mafia. So schüchtert er Menschen ein und bewegt sich jenseits des Gesetzes. Irgendwie kann ihm niemand etwas anhaben. Tja, nun mussten wir es am eigenen Leib spüren.«

Schlagartig wanderte der Blick der Polizistin auf meinem Mann, der unruhig am Kragen seines grauen Strickpullovers herumspielte. »Herr Albayrak, Sie sind ja in diesen Kreisen groß geworden. Teilen Sie die Darstellungen Ihrer Frau?«, fragte sie mit einem gewissen Unterton, der irgendwas von Häme hatte.

Kaan atmete tief aus und stimmte zu. »Besser hätte ich es nicht sagen können. Er macht wirklich einen auf Mafia.« Er wischte sich über die nasse Stirn und sah in irgendeine Ecke. »Mein Vater hat meine Ehefrau nie akzeptiert. Es gab immer Streit, er hat mich damals bedroht, sie entführen zu lassen, wenn ich sie heirate. Das war uns egal. Layla wurde schwanger und wir sind aufs Land gezogen. Wir wollten uns das Glück nicht kaputtmachen lassen.«

Während er der Beamtin weitere Details erläuterte, drehte er ab und zu nachdenklich an seinem Ehering. Obwohl Kaan unruhig wirkte, brachte er seinen Part glaubwürdig und ehrlich rüber. Die Polizistin störte an der Stelle nicht mal, dass er sich gelegentlich durch die braunen Locken fuhr, was eine seiner Angewohnheiten bei Nervosität war.

»Dann hatten Sie keinen Kontakt mehr zu Ihrer Familie, nehme ich an. Was ist dann passiert? Was ist Ihr Anlass für einen Strafantrag?«

»Fast keinen Kontakt«, nickte Kaan. »Zu meiner Mutter hatte ich Kontakt. Sie wollte Elif unbedingt kennenlernen, sie ist schließlich ihr erstes Enkelkind. Somit wusste sie, wo wir wohnen. Ich war zu naiv, zu glauben, dass sie uns nicht verraten würde. Sie hat meinem Schwager Salman Kaya verraten, wo Layla und ich leben. Der Mann ist gefährlich.«

Die Beamtin interessierte sich offenbar wenig für die Vorgeschichte und dafür, was Behçet den Mittag zuvor angestellt hatte. Vielmehr wurde sie bei Salmans Namen hellhörig.

»Salman Kaya ...«, fragte sie, »was hat es mit dem auf sich? Wieso ist der kriminell?«

Kaan sah mich an, als würde er mich fragen wollen, ob er es ihr wirklich erzählen soll. Ich war mir nicht sicher. Ich stockte und verfing mich in seinem Blick. Wir hatten schon auf der Fahrt zum Polizeirevier darüber spekuliert, wie weitreichend es sein könnte, wenn wir erzählen würden, was sie Nisan angetan hatten. Früher oder später mussten wir es tun.
Letztendlich nickte ich und forderte ihn damit dazu auf, näher auf Salman einzugehen. Jetzt hatte er die Beamtin sowieso hellhörig gemacht und sie würde stutzig werden, wenn er ihr Nisans Geschichte nicht offenbarte.

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