22 | Missglückte Gehirnwäsche.

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HILAL

trust me,
you get what
you give.

• • •

»Bevor du irgendwas sagst ... ich will einfach nur pennen und nicht über das reden, was draußen vorhin passiert ist.«

Das waren Adnans letzten paar Worte, ehe er die schieferfarbenen Knöpfe seines grauen Hemdes aufknüpfte, Letzteres von seinem Körper striff und sich auf die Kante seines Bettes setzte, um das Gesicht wieder verloren und entkräftet in die Handflächen zu legen, als hätte er alle Hoffnung bereits aufgegeben.

Adnan war müde. So unendlich müde von allem, dass man es ihm schon ansah. Ob es nun der lange Tag auf der Arbeit, oder aber der Konflikt mit Gönül war; Adnan wirkte ausgebrannt und nicht mehr aufnahmefähig für irgendwas.

Ich setzte mich neben ihn und versuchte, einen Blick in sein Gesicht zu werfen. Augenkontakt würde ich nur schwer aufnehmen können, da er die Augen geschlossen hatte und sie die meiste Zeit sowieso mit seinen Händen bedeckt hielt. Übervorsichtig wie ich war, legte ich meine Hand auf seine Hand und zog sie langsam von seinem Gesicht weg. Genauso machte ich es auch auf der anderen Seite, bis Adnan tatsächlich seine Augen öffnete.

»Alles wird gut, Adnan.« Nun scheute ich nicht mehr vor ihm und legte aufmunternd den Arm um seine Schulter. »Du wirst kriegen, was dir zusteht, da bin ich mir ganz sicher, nur ...«
Enttäuscht schritt Adnan ein. »Also denkst du, ich kriege Nisan nicht, weil ich sie sowieso nicht verdiene? Steht sie mir nicht zu, oder was?«

Ich schluckte, antwortete dann aber mit einem gewissenhaften Kopfschütteln. »Das will ich so nicht sagen. Natürlich verdienst du Nisan. Ich weiß, wie sehr du dich um sie sorgst und deine Fehler aus der Vergangenheit bereust. Aber weißt du, Adnan ... manchmal muss man nachhelfen.«

Adnan strich vereinzelte Strähnen aus seiner Stirn und nickte eingestehend. »Ja Hilal, muss man, das stimmt«, flüsterte er. »Ich habe sie behandelt, als sei alles normal. Habe sie nach Hause gefahren, vor Salman gewarnt. Trotzdem vertraut sie mir nicht. Was soll ich sonst machen?«

Klar war, sonderlich viel konnte Adnan sowieso nicht tun, solange Nisan unter Gönüls Kontrolle stand. Sie würde ihn wieder und wieder abweisen, es hatte keinen Zweck. Aber vielleicht konnte ich ja was bewegen.

»Gib mir die Adresse, ich fahre zu ihr hin und überzeuge sie davon, was Gönül für eine falsche Schlange ist. Traust du mir das zu?«

»Nein, so was machen wir nicht, Hilal. Keine Widerworte«, lehnte Adnan ab. »Wir befinden uns in einer Zwickmühle. Gönül ist falsch, ja, aber Nisan hat doch im Moment nur Gönül. Wo soll sie denn hin, wenn sie mit Gönül in einen Streit gerät?«

Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich rückwärts in Adnans Bett fallen. »Sie könnte hierhin kommen, oder nicht? Ich weiß nicht, sie könnte bei mir schlafen oder im Gästezimmer und...«

»Nein, Hilal!!«, schrie Adnan, woraufhin ich zurückschreckte. »Was verstehst du daran nicht?! Ich will ihr nicht noch mehr kaputtmachen!«
Adnan atmete zunächst stürmisch, wurde dann aber allmählich ruhiger. Er entschuldigte sich schließlich für die verbale Entgleisung und ließ sich ebenfalls aufs Bett sinken. »Ich schwöre, ich will nur, dass es Nisan gut geht. Mach keine Dummheiten.«

Doch anstatt ihm zuzustimmen, ließ ich einen Seufzer folgen. Zwar konnte ich immer nicht so richtig wahrhaben, dass Adnan dazu bereit war, sich mit der Situation wirklich zufrieden zu geben, doch wenn meine Untätigkeit wirklich sein Wille war, dann musste ich es so wohl respektieren.

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