34 | Loyalität ist dicker als Blut. (2/2)

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LAYLA

Sie hatten minutenlang hörbar diskutiert, bevor sie ihren Freund dazu überreden konnte, sich auf uns einzulassen. Wir hatten uns darauf verständigt, einfach seinem Auto zu folgen. Es würde wahrscheinlich ein langer Abend werden. Voller Erzählungen, üblen Wahrheiten und neuen Erkenntnissen.

»Ich kann den Typen nicht ab«, grummelte Kaan in den Rückspiegel zu mir. Ich hatte mich zu Elif gesetzt, da sie wach geworden war und ein wenig geweint hatte. »Wenn der nochmal frech zu mir wird, reiße ich ihm seinen Affenschädel ab.«

»Gar nichts machst du«, negierte ich seine Aussage auf der Stelle und hielt Elif die Ohren zu, damit sie die Beleidigung nicht aufnahm. »Lass uns das Vertrauen nicht direkt wieder durch unüberlegte Situationen verspielen, okay?«

»Hihihi, Affenzädel«, kicherte Elif. Sie hatte es also mitbekommen.

Ich verdrehte die Augen und legte den Finger auf den Mund meiner Tochter. »Psssssht, Hase, so was sagt man nicht. Das ist nicht nett, hörst du?«

Die Kleine verfiel in leises Kichern und wiederholte das Wort noch ein paar Mal. »Aber Mama, warum darf Babi so was sagen?«

Ich geriet in Erklärungsnot. Da schritt Kaan ein, der sich das Lachen selbst nicht verkneifen konnte. »Das darfst du erst sagen, wenn du so groß wie deine Mutter bist, kızım

»Oki«, stimmte Elif ein. Dann begann ihr teuflisches Lachen wieder. »Hat Mami auch einen Affen- hihih-, Affenzädel

Kaan, lachte schließlich laut auf. »Elif, du darfst das Wort nicht benutzen«, ermahnte er sie. In seinem Gesicht lag jedoch immer noch ein breites Grinsen. »Aber ja, hat sie.«

»Kaan«, ermahnte ich ihn.

»Babi!«, stimmte Elif mit ein.

»Wo fährt der hin, Mann?«, meckerte Kaan, als der Wagen vor uns in eine enge, dunkle Gasse einbog, in der die Autos auf den Bürgersteigen parken mussten, damit es wenigstens einen schmalen Durchgang für Autofahrer gab. Am Ende der von grob gestopften Schlaglöchern gesäumten Einbahnstraße wurden die Häuser höher, grauer und immer hässlicher. Ich hoffte, dass Nisan wusste, auf wen sie sich eingelassen hatte, wenn er in so einer Gegend lebte.

Adnan steuerte auf einen Parkplatz zu, der allem Anschein nach dem saubersten und modernsten Haus im Block zuzuschreiben war. Das Haus, in dem mehrere Parteien lebten, befand sich recht versteckt hinter dicht bewachsenen Hecken. Eine Frau im Hijab lehnte am Geländer des Balkons, der sich in der obersten Etage befand und es schien, als telefonierte sie. Draußen reihten sich Kinderwagen neben Fahrrädern und vergessenen Einkaufskörben. Eine Gruppe Jugendlicher, die mit einen platten Basketball Körbe warfen und unser Auto anschauten, als gehörten wir nicht in diese Gegend. Was ja irgendwie auch stimmte.

Als das Auto vor uns zum Erliegen kam, legten wir direkt in der Parklücke daneben an. Adnan stieg aus und symbolisierte uns mit einem Nicken, dass wir nun angekommen waren. Somit schlossen wir uns ihm und Nisan an, während sie mit sich mit zügigen Schritten auf das Haus vor unserer Nase zubewegten.

Der Frau auf dem Balkon rief Adnan etwas auf Arabisch zu. Möglicherweise forderte er sie auf, die Tür zu öffnen. Vielleicht begrüßte er sie aber auch nur. Da sie nicht wirklich alt aussah, fiel es mir schwer, zu sagen, ob es sich um seine Mutter oder um seine Schwester handelte. Sie verließ den Balkon und bereits kurze Zeit später ertönte das Surren der Eingangstür, woraufhin wir den Hausflur betraten.

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