"Du bist Gesprächsthema Nummer eins am Internat.", meinte sie beiläufig. Ich warf ihr einen fragenden Blick zu. Sie wich aber aus und schwenkte ihren Blick am Boden hin und her. Was war das denn? "Ich weis nicht so recht..", murmelte sie vor sich hin. "Was? Es geht hierbei doch um mich? Ich denke, es wäre angebracht mir zu erzählen was diese verdammten Anderen über mich schon wieder reden! Jetzt dag schon verdammt nochmal. Ich merke doch wie mich alle anstarren.", fuhr ich sie wütend an. Was sollte das? Wieso durfte ich es nicht wissen? Ist es so schlimm? Ich hasse diese Schule. Ich wusste es. Schon beim Abendessen tuschelten alle, als ich den Raum betrat. Doch was habe ich bitte getan wunderte ich mich. Es erinnerte mich an Valentins Erfahrungen. An die Geschichte, die er mir am Weg vom Strand nach Hause erzählt hatte. Der Grund wieso er jetzt so ist, wie wer nunmal ist. Nach außen hin kalt und emotionslos. Doch nach innen hin einfach nur verletzt. Schon in der Grundschule begannen seine Mitschüler ihn immer und immer mehr auszugrenzen. Sie lachten über ihn. Alle. Aussicht auf Besserung hatte er nicht. Wieso er verspottet wurde, wusste er nicht. Es wollte ihm auch niemand den Grund dazu nennen. Vermutlich gab es nichtmal einen. Es war einfach so. Er wurde vom ersten Schultag an als Opfer angesehen. Es ging weiter bis er in das Gymnasium kam und das Mobbing wurde immer schlimmer. Zuerst waren es nur kleine Sticheleinen und ein leichtes Witzereisen. Doch es steigerte sich dramatisch. Er fing an viel zu viel zu essen. Zu rauchen und zog sich zurück, wodurch er nochmehr in die Opferrolle fiel. Er litt an panischer Schulangst und seine Leistung verschlechterte sich ebenfalls. Weder sein Vater noch seine Schwester wussten was mit ihm los war. Bis ihn eines Tages sein Geschichtelehrer weinend und mit blauen Flecken eingesperrt im WC fand. Er half ihm. Redete ihm gut zu. Doch es besserte sich nicht. Es wurde schlimmer. Er erzählte mir von all den Nachrichten, die er im laufe des Tages zugesteckt bekam. Von all den Bällen, die er im Turnunterricht an den Kopf geworden bekam. Von dem wochenlangen Versteckspiel mit seinen Schulbüchern, Schuhen, Turnsachen und Jacken. Er wurde ausgelacht, wegen seinem stillen Verhalten und verspotten wegen seinen Klamotten. Er erzählte mir, dass er eines Tages mit seinen neuen Klamotten, die ihm mehr Selbstvertrauen geben sollten, in die Schule ging. Einer seiner Mitschüler, Hannes, lachte über den sehr ordentlichen Kleidungstil und schüttete ihm den heißen Kakao drüber. Aus versehen natürlich, wie Hannes vor den Lehrern log. Und sie glaubten ihn.Valentin zog sich zurück und stürtzte sich in Essen. Er nahm an Gewicht zu und durch die Menge an ungesunde Zeug verschlimmerte sich seine Akne. Er wurde zum Einzelgänger und zog sein eigenes Ding durch. Was ich wohl an seiner Stelle getan hätte? Was für ein schreckliches Gefühl das sein musste, zu wissen, dass dein Albtraum mit dem Aufwachen erst beginnt. Tag für Tag quälte er sich durch. Tag für Tag in die Hölle zu steigen, ganz alleine, ohne Hilfe. jeden tag weinend nach Hause laufen, wegen der Angst es könnte am Heimweg jemand stehen und ihn weiter fertig machen. Er hatte nicht den Mut dazu, sich jemanden anzuvertrauen. Er verheimlichte es. Es wurde zu seinem Alltag. Gewöhnen konnte er sich trotz allem nicht daran. Doch eines Tages fand sein Vater einen der zugesteckten Zettel und sprach ihn darauf an. Sie gingen zum Schulpsychologen, zur Schulleitung und zur Polizei, wo sie eine Anzeige gegen die Schule hinterliesen. Schlussendlich zog er um. Weit weg. Wechselte die Schule und änderte sich. Valentin änderte sein Aussehen und seine Einstellung anderen gegenüber. Er wird eiskalt. Doch die Narben in seinem Herzen und an seinem Arm blieben ihm, gleich wie die bedrückenden Erinnerungen. Jedes verletztende Wort. Jeder Schlag. Jeder Tritt. Jedes verächtliche Lachen blieb in seinem Erinnerungen. Die schlimmem Worte auf den zugesteckten Zetteln. Traurig.
Ich warf Hannah einen letzten auffordernden Blick zu, und als keine Antwort kam sprang ich verzweifelt auf, nahm meine Zigaretten, Feuer und Valentins Geschenk und stürmte aus dem Zimmer. Es war bereits halb 11 und ich durfte das Gebäude eigentlich nicht mehr verlassen. Doch das war mir egal. Ich rannte raus. Raus an die frische Luft und lies mich unter einem alten Baum an der Landstraße ins Gras fallen. Irgendwo erklang eine tiefe Lehrerstimme. Doch ich war bereits weg. Ich wollte da nicht hin. Ich hatte Angst. Angst das nächste Opfer zu werden. Angst vor den kritischen Blicken und dem leisen Getuschel der Anderen, wenn ich den Gang entlang gehe. Und was war mit Hannah los? War sie plötzlich gegen mich? Wieso konnte sie mir nicht berichten, welche Gerüchte hinter meinem Rücken über mich verbreitet wurden? Und überhaupt? Was habe ich denn auch groß getan, dass ich jetzt das neue Gesprächsthema war? Eine Träne rann mir die Wange runter. Sie rollte über mein Gesicht und tropfte direkt auf den Umschlag, den mir Valentin mitgab. Es war ein Zeichen, dachte ich. Ein Zeichen es jetzt zu öffnen. Vorsichtig öffnete ich das Säckchen und holte eine kleine Schatztruhe aus Holz raus. Langsam öffnete ich sie. Ein kleiner Schlüsselanhänger blitzte mir entgegen. Es war ein Engel. Ein Schutzengel mit der Aufschrift 'Hab dich lieb' und einigen Swarovskisteinchen drum herum. Ein kleines Lächeln formte sich in meinem Gesicht. Wenigstens hatte ich eine Person an meiner Seite. Neben dem Schlüsselanhänger befand sich ein Zettel mit einer Telefonnummer und erst jetzt bemerkt ich, dass sich ein Schlüssel am Anhänger befand. Was konnte ich wohl mit diesem Schlüssel öffnen? Und wessen Telefonnummer war das? Valentins? Da fiel mir der Brief wieder ein und ich griff nach dem Umschlag in dem er steckte. Zögernd berührten meine Finger den selbstgeschriebenen Brief. Die Handschrift war eindeutig die eines Jungen. Doch er musste sich wirklich bemüht haben. Neugierig begann ich zu lesen und murmelte leise mit.
'Liebe Luisa. Bitte pass auf dich auf. Für den Notfall ist hier ein Hausschlüssel und meine Handynummer. Melde dich mal. Du bist mir sehr ans Herz gewachsen. Ich vermisse dich. Ich habe schon lange keinem Menschen mehr so viel anvertraut wie dir. Ich hoffe, du weist das zu schätzen. Und ich weis, dass mit dir nicht alles Stimmt und ich weiß auch, dass du es nicht wahr haben willst. Doch du brauchst jemaden. Jemanden der sich auskennt. Dein Valentin.
Ps: ich bin nicht schwul wegen diesem Brief!'
Mir wurde warm ums Herz. Irgendwie süß. Sofort schnappte ich mir mein Handy und speicherte mir seine Nummer ein. Doch schon im nächsten Moment kam ein Windstoß und mir lief es kalt über den Rücken. Nicht kalt, als würde ich frieren. Kalt als würde ich wieder alleine dastehen. Als hätte ich niemanden mehr. Traurig suchte ich in meiner Jackentasche nach meinen Zigaretten. Malboro Gold. Ich zündete sie mir mit windschützender Hand an. Es tat gut, den Rauch bis in die Lunge zu ziehen und ihn langsam wieder ausatmen. Es war eine sternenklare Nacht. Wunderschön. Doch kalt und ich beschloss mich wieder zurück ins Internat zu begeben. Langsam srand ich auf und lief den Weg zurück und öffnete die Türe. Ein warmer Luftzug kam mir entgegen woraufhin sich Gänsehaut auf meinem Körper breit machte. Mein Magen knurrte. Ich war halb am vergunger. Ich erinnterte mich nichtmal an die letzte Mahlzeit, die ich in mir behielt. Jedes Stück Essen musste raus. Das Abendessen lag ebenfalls in der Toilette. Ich fühlte mich sl schlecht, als ich es aß. Als wäre es etwas verbotenes. Ohne viel Ton zu machen schlich ich die Treppen hoch ind Zimmer. Kurz vor meiner Zimmertüre lief ich Malis über den Weg. "Ahh ich habe dich bereits gesucht.", meinte sie aufgeregt. "Mich? Wieso denn?", fragte ich verwundert. Doch sie gab mir keine Antwort. Sie zog mich in ihr Zimmer. Mir fiel auf, dass sie alleine schlief. Wie angenehm. "Hier.", meinte sie, als wir endlich am Bett saßen und drückte mir ihr Handy in die Hand. "Lies das!", froderte sie mich unruhig auf. Langsam scrollte ich den Chatverlauf runter. Meine Augen gingen Zeile für Zeile durch. Doch bereits nach dem zweiten Satz nahm ich bloß noch die Hälfte war. "Was sollte das? Wer schreibt soetwas?", fruh ich jetzt auch Malis etwas gekränkt an. Sie deutete auf den Namen der Whatsappgruppe. Mir wurde alles klar. Die blöden Bemerkungen. War klar, dass die dahinter stecken. Etwas gekränkt hob ich meinen Kopf. Schon wieder bildete sich eine Träne in meinem Auge. Seit wann war ich bitte so emotional? Schrecklich. Doch Malis umarmte mich und fügte hinzu, dass sie ihnen bereits ihre Meinung darüber sagte. Ich fühlte mich so klein. Wieso konnte es nicht so sein wie früher? Vor einem Jahr? Alles war irgendwie perfekt.
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Wild-One
Romance"Es wird alles gut Luisa. Ich werde hier auf dich warten." Seine Worte wiederholten sich Mal für Mal in meinem Kopf. Ich bin Luisa. 16 Jahre alt und Scheidungskind. Der neue Junge an meinem Internat stellte natürlich ebenfalls alles auf den Kopf dan...