Kapitel 24

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Nach der 15 Minuten Pause, die ich weinend am WC verbracht hatte, lies ich mir extra viel Zeit wieder zurück in die Klasse zu kommen. Glücklicherweise hatte ich meine schwarze, runde Sonnenbrille dabei um meine verweinten Augen etwas zu verdecken. Musste ja nicht gleich jeder wissen, dass ich doch sehr emotional sein konnte. Ich hasste es meine Gefühle zu zeigen. Als ich am Gang zu meiner Klasse entlang ging, bemerkte ich wie mich einige Schüler, vorallem aus den Klassen unter mir, anstarrten. Wieso? Verwundert blickte ich an mir herab. Es war doch alles okay? Ich erkannte Malis weinroten Haarschopf und tippte ihr freundschaftlich auf die Schulter. Meine erste Frage lautete nicht wie üblich 'wie gehts'. Nein ich musste zuerst wissen, ob an mir alles normal war. Malis warf mir einen skeptischen Blick zu, der so viel wie ehrliche Antwort oder verschönerte Wahrheit hieß. Natürlich wollte ich die richtige Wahrheit. Malis zog mich beiseite. "Hast du noch 5 Minuten?", fragte sie mich mit einem hastigen Blick auf die Uhr. "Ja klar", nickte ich gespannt. "Also was haben die heute alle?", fragte ich weiter. "Luisa, sei mir nicht böse. Sie starren dich so an, weil du dünn bist. Geworden bist. Sehr dünn. Ich wollte dich darauf ansprechen, aber ich dachte es würde dich vielleicht noch mehr ... du weist schon..", erklährte sie mir mit fester Stimme die Situation. Was hatten die plötzlich alle? So dünn wie jeder meinte, war ich nun wirklich nicht, dachte ich jedenfalls. Etwas verärgert machte ich kehrt und suchte meine Klasse. Die Blicke musste ich ignorieren. Auch das leise Getuschel, wenn ich den Gang entlang kam. Aber damit hatte ich kein Problem.
Der Unterricht zog sich in die Länge, aber auch ein endlos scheinender Schultag nimmt mal ein Ende und so saß ich um halb vier mit Hannah und Fio in der Stadt. In der Innenstadt gab es einen kleinen Italiener, der tolles Eis verkaufte. Doch ich wollte Keines. Mein Blick fiel, trotz meiner Selbstbeherrschung, immer wieder auf das leckere Stracciatelleis von Hannah. Sie hatte es in einem Becher serviert bekommen mit Schlagobers und Schokosträusel. Es sah im Licht der Sonne noch besser aus als es wahrscheinlich schmeckte. Wenigstens konnte niemand meine sehensüchtigen Blicke durch meine Sonnembrille erkenne, dachte ich mir grinsend. Ich musste den Zwei von Gianni erzählen. Zuerst war es etwas Überwindung, über ihn zu reden. Wieso konnte ich mir selbst nicht erklären. Dann aber sprudelten die Wörte wie aus einem Wasserfall aus mir herraus. Es fühlte sich toll an, den Gefühlen freien Lauf zu lassen und einfach mal reden zu können. Auch wenn sich versteckt hinter meiner Sonnembrille eine kleine Träne bildete. Ich erzählte von den 'Fast'-Kuss und von dem Händchenhalten. Mir wurde etwas warm ums Herz. Er hatte mich doch so toll behandelt. Naja. Er konnte, wenn er wollte ja so nett sein. Natürlich will er das nicht immer. Aber anscheinend hat er mir seine nette Seite gezeigt. Hannah erzählte mir von Elli, wie sie versuchte sich bei Gianni beliebt zu machen. Und wie sie es ärgerte, wenn ich ihn traf. Ich musste grinsen. Deswegen maulte sie mich immer so an. Ich wollte weiter denken, aber Hannah schob mi ihren Eisbecher unter die Nase. "Hier, ich spüre wie du etwas davon haben willst. Ich kann sowieso nicht mehr.", log sie mich an. Dankbar lehnte ich ab. Ich konnte mir keinen Rückfall erlauben. Einen Rückfall durch eine weitere Fressattacke. Doch Hannah lies nicht locker, und als Fio kurz aufs WC ging sprach sie mich darauf an. "Wieso tust du das? Wieso folterst du dich selbst? Du zerstörst dich psychisch und körperlich. Wieso tust du dir das alles an?", fragte sie mich mit ernster Stimme. Was erwartete sie denn jetzt bitte für eine Antwort? Nur weil es mir niemand gönnt endlich dünn zu werden. Hübsch zu werden? Ich zuckte mit meinen Schultern. "Was willst du von mir hören, Hannah?", fragte ich sie mit Betonung auf ihren Namen. Sie schüttelte bloß den Kopf. "Aber wenn du was brauchst, ich bin für dich da. Immer. Merk dir das.", schob sie mit abwesenden Blick nach. Ich gab ein leises Okay von mir und wechselte das Gesprächsthema, denn Fio kam wieder an den Tisch. Nach dieser Anspielung von Hannah musste ich nachdenken. Malies, Hannah, Elli, Frau Schmidt? Was sollte das? Niemand vergönnte mir dünn zu werden? Genervt wartete ich bis wir endlich zurück ins Internat spazierten. Endlich nahm der Weg ein ende und ich konnte mich in mein Zimmer verziehen. Müde und ausgelaugt lies ich mich in meinem Bett nieder. Ich schloss meine Augen und spürte die fassungslosen Blick meiner Mitmenschen, hörte das hinterhältige Getuschle und riss meine Augen auf. Doch ich war alleine. Alleine im Zimmer. Alleine in meinem Bett. Wie schön es jetzt doch wäre Valentin neben mir zu haben. Ich genoss die Vorstellung seinen warmen Atem in meinem Genack zu spüren. Seine warmen Hände an meiner Taille liegen zu haben. Ich vermisste ihn. Ich vermisste das Gefühl von Zuneigung. Er ließ mich fühlen, als wäre ich nicht alleine. Seine Blicke versetzten mich in Sprachlosigkeit und erweckten einen Schwarm Schmetterlinge in mir. Auch wenn wir uns kaum kannten. Ich hatte das Gefühl in schon lange zu kennen. Vielleicht in einem anderen Leben. Vor meinem Jetztigen. Falls es soetwas gab. Ich nahm seinen vertrauten Eigengeruch war und noch einmal schloss ich meine Augen und schlief im nächsten Moment ein.

Durch ein lautes Klopfen an der Türe wurde ich wach. "Fräulein Litter", hörte ich eine bekannte Stimme meinen Namen rufen. Mühsam richtete ich mich auf und schloss die Türe auf. "Was denn?", fragte ich meine Englischproffesorin genervt. Ich wollte nur meine Ruhe haben. An nichts denken. Doch sie musste eohl auf mich einreden. "Ich wollte dich nur an das Abendessen erinnern. Nicht das du es verpasst. Immerhin ist es schon kurz nach 19 Uhr.", sprach sie mit prüfender Stimme auf mich ein. "Jaja", murmelte ich vor mich hin. Doch sie wartete bis ich fertig zusammengerichtet mit ihr zum Speisesaal ging. Ich nahm den Geruch von einem warmen Wienerschnitzel mit Kartoffeln wahr. Das Wasser lief mir im Mund zusammen und ich war wie in Hypnose. Mit Frau Schmidt betrat ich den Speisesaal und sie gab mir eine extra große Portion auf meinen Teller. Als ich meinte, dass ich nur kleinen Hunger hatte, scheinte sie nicht das Geringste zu interessieren. Ich nahm meinen Teller und hielt Ausschau nach einem freien Platz. Ich entdeckte Hannah und Malies an einem kleinen Tisch etwas versteckt. Sie schienen sich gut zu Unterhalten und ich machte mich auf den Weg zu ihnen. Doch bereits nach einigen Schritten fing sich an alles um mich herum zu drehen. Langsam. Vor meinen Augen bildeten sich schwarze kleine Flecken ab, welche immer wieder in einem weißen Licht verschwanden. Ich blinzelte ein zwei Mal verzweifelt und setzte meine Schritte anschließend fort. Doch schon nach einigen Metern wurde mir übel. Das Schwarz vor meinen Augen breitete sich aus und übernahm meinen gesamten Blickwinkel. Alles fühlte sich an, als würde es sich drehen. Verzweifelt lies ich meinen Teller fallen und tastete nach etwas um mich festzuhalten. Doch nichts war hier. Ich war alleine. Ich hatte das Klirren des nrechenden Besteckes wahrgenommen und eine kleine Träne bildete sich in meinem Auge. Eine verzweifelte Träne. Doch ich versuchte mich zusammenzureisen. Ich nahm die hilferufenden Schreie von Hannah war, doch ich konnte sie nicht sehen. Irgendwann spürte ich einen Schmerz. Er schoss mir durch den Kopf und etwas Warmes tropfte aus mir. Die Geräusche liesen nach. Ich bemerkte wie jemand an mir rüttelte und verzweifelt nach Hilfe rief, aber nichts geschah. Ich konnte mich nicht bewegen, nichts sagen. Ich fühlte mich wie gelähmt. Langsam schloss ich meine Augen um ds Drehen zu beende. Doch anstatt das drehen wegzubekommen, verschwand alles. Ich war weg. Bewusstlos. Bewusstlos im Speisesaal meines Internats.

"Sie wird aber wieder? Wie ist das geschehen? Und warum?", sprach eine verzweifelte männliche Stimme. Eine weibliche Stimme antwortete ihm, dass alles wieder gut wird. Nur das es es jetzt einige Zeit brauchen wird, bis sich wieder alles beruhigt. Ich nahm ein erleicjterndes Aufschnaufen wahr. Meine Augenlieder fühlten sich an, als wären sie tausende von Kilos schwer. Das öffnen meiner Augen wäre zu anstrengend gewesen, also blieb ich in meiner dunkeln Welt und lauschte den Stimmen. Doch ich hörte nur noch eine Türe ins Schloss fallen. Schritte kamen näher. Wer das wohl war? Die Person, dessen Stimme mir ziemlich vertraut vorkam lies sich neben mir nieder. Ich spürte, wie eine warme Hand meine berührte und sie langsam auf und ab streichelte. Liebevoll. Mit so viel Gefühl. Ich versuchte es nochmal. Meine Augen zu öffnen, aber es fühlte sich an als wäre ich betrunken. Ich sah alles etwas verschwommen. Ich drehte meinen Kopf etwas zur Seite und sah ihn. Seinen dunklen Haarschopf. Doch schon im selben Moment fielen meine Augen müde zu. "Alles wird gut Luisa, ich bin da. Ich lass dich nicht mehr gehen.", flüsterte er mir ins Ohr und strich mir eine Haarsträne zurück.

Ich bin schon gespannt wie dieses Kapitel bei euch ankommt. Ich hoffe es gefällt euch bis jetzt. Ichf reue mich sehr über die Votes und Kommentare und wünsch euch viel Spaß beim weiterlesen. ♡

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