Es war bereits 4 Uhr und ich lag wach in meinem Bett. Gute Aussichten auf Schlaf gab es nicht mehr. Ich nahm Hannahs regelmäßiges Atmen war. Sie schlief schon wieder wir ein Baby. Was würde ich geben, wenn ich ebenfalls in irgendeinem Traumland meine Nächte verbringen könnte, anstatt wach in meinem Bett zu liegen. Meine Gedanken spielten verrückt. Ich dachte an so viel und wenn ich genauer nachdachte, war es doch wieder nichts. Mein Kamillentee, der meinen Magen beruhigen sollte, war auch schon kalt geworden. Immer wieder dachte ich an Valentin. An Gianni. An das bevorstehende Date heute mit Gianni. Und wieder an Valentin. An die zwei Nächte. Auch wenn wir uns kaum kannten. Vielleicht klingt das jetzt auch verrückt, aber ich spürte eine Verbindung. Irgendetwas zog uns gegenseitig an. Ich hielt den Zettel mit seiner Nummer in der einen und mein Handy in der anderen Hand. Sollte ich ihn anrufen? Oder schreiben? Jetzt? War es nicht schon viel zu spät? Oder viel zu früh? Langsam tippte ich seine Nummer ein. Ich ging auf sein Whatsappprofilbild. Er war wunderschön. Auf dem Foto trug er ein weißes Shirt mit Jeansjacke kombiniert zu einer Schwarzen Hose und seinen weinroten Converse. Er stand am Strand. Im Hintergrund war die leicht rosarote Abendsonne zu sehen. Frech grinste er in die Kamara. Seine grünen Augen waren mit einer schwarzen Sonnenbrille verdeckt, dessen Marke ich jedoch nicht erkennen konnte. In seinem Status stand bloß "Verfügbar" und bei dem zuletzt Online stand garnichts. Wahrscheinlich hatte er es abgestellt. Ich ging zurück in das Nachrichtenfeld. "Hei, ich bins :)" tippte ich vorsichtig ein. Ohne viel zu überlegen, drückte ich auf senden. Doch im selben Moment bereute ich es wieder. Es war doch bloß ein 'Hei'. Wie versteinert lag ich in meinem Bett. Außerdem hatte ich meinen Namen hinzuzufügen vergessen. Hilfslos warf ich einen Blick aus dem Fenster. Den alten Samtvorhang hatte ich etwas zur Seite gezogen, sodass ich die viele kleinen Sterne beobachten konnte. In einer Stunde würde es bereits beginnen hell zu werden. Vielleicht sollte ich doch probieren, wenigstens etwas Schlaf zu bekommen. Nur ein bisschen. Immerhin hatte ich nicht vor morgen wie ein Zombie auszusehen. Bzw. heute. Ich drehte mich und suchte verzweifelt nach einer bequemen Schlafposition. Doch die war wie weggezaubert. Nichts half. Naja. Ich war auch nicht sonderlich müde gewesen. Ich zuckte plötzlich zusammen. Irgendwas hatte doch eben vibriert. Mein Handy. Verunsichert musste ich es in meinem Bett suchen. Es lag vergraben unter meiner weichen Bettdecke. Whatsapp. Eine neue Nachricht. "Alles klar? Ich dachte schon du schreibst mir nie :)" Valentins Nachricht überraschte mich etwas. Was tat er um diese Uhrzeit noch auf? Doch ich durfte nicht reden. Immerhin war ich selbst noch nicht im Land der Träume angekommen. Schnell tippte ich eine Nachricht zurück und mein Herz machte einen kleinen Freudesprung.
"Hatte viel um die Ohren, sorry", log ich.
"Ist okay. Wieso bist du noch auf? Du solltest schlafen. :)"
"Bin nicht müde", doch das war ebenfalls gelogen. Klar, ich war müde. Todmüde. Doch. Kennt ihr das? Ihr wollt schlafen. Doch irgendetwas haltet euch wach. Als würdet ihr auf etwas warten. Doch vergeblich. Es würde sowieso nicht kommen. Es hielt mich wach. Die ganze Nacht. Ich schloss meine Augen. Blickte in das Schwarz meiner geschlossenen Augenlieder. Meine Gedanken gaben trotzdem keine Ruhe. Immer wieder kamen mir die Sprüche von Ellis Zettelaktion in den Kopf. Wieso bitte? Ich hasste sie. Ich hasste es hier zu sein.
"Was ist passiert? Die Ausrede kannst du deiner Mutter auftischen", kam als Antwort zurück. Er wusste genau, dass ich ihn anlog. Irgendwie freute ich mich über seine Nachrichten. Sehr. Etwas zu sehr. Mein regungsloser Mund formte sich zu einem zufriedenen Lächeln. Und gerade als ich anfing zu tippen, erhielt ich eine neue Nachricht von ihm. Eine Sprachnachricht. Hastig stieg ich aus meinem Bett und durchwühlte meine Schubladen nach meinen Kopfhörer. Und nur wenige Sekunden später fand ich sie. "Luisa, pass auf dich auf und komm bald wieder nach Hause.", sprach er mit seiner beruhigenden tiefen Stimme ins Handy. Sie klang so herzlich. Es fühlte sich so an, als würde er direkt neben mir liegen. Ich würde alles tun, um in diesen Moment in seiner Nähe zu sein. Doch es ging nicht. Ich musste hier zur Schule. Ich musste hier ins Internat. Ich hier und er einfach viel zu weit entfernt von mir. Eine kleine Träne kullerte mir in Schlangenlinien die Wange hinunter. Doch ich wischte sie emotionslos weg und unterdrückte den Drang noch mehr Tränen zu verlieren. Ich wusste nicht, was ich ihm Antworten sollte. Ein trauriger Smiley tat es schlussendlich auch. Keinen Wimpernaufschlag später kam eine neue Nachricht von ihm an. Wenigstens war er keiner von denen, die Stunden benötigten um mir eine Antwort zu schicken. Online gehen. Sie lesen und nicht antworten. Nie antworten. "Willst du telefonieren?", schrieb er. Ohne zu überlegen tapste ich auf Zehenspitzen, um so wenig Lärm wie möglich zu verursachen, aus unserem Zimmer ins gegenüberliegende Badezimmer und drückte auf Anrufen.
"Valentin?", fragte ich zögernd, als der Piepton ein Ende nahm. "Luisa. Alles klar? Wo bist du gerade?", fragte er mich. Seine Stimme verursachte Gänsehaut auf meinem Arm. Und mit jedem weitern Wort verbreitete sie sich über meinen ganzen Körper. Erst jetzt wurde mir klar, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Wie sehr er mir fehlte. "Ich sitzte im Badezimmer. Am Teppich, wenn du es genau wissen willst. Und was hält dich noch munter?", fing ich an zu reden. Ich hoffte innerlich, dass seine Stime nie aufhören würde, dass sie immer bei mir blieb. Er erzählte mir von meiner Mutter, Thomas und seiner Schule. Und auch von Julia, von ihren Ballettstunden. Er meinte, er könnte sich mich so gut in einem dieser edlen Balletschulen vorstellen. Luisa in Tutu und mit Dutt. Ich hatte sein provozierendes, aber doch liebevolles Lächeln vor meinen Augen. Mein Herz wurde warm und ich fühlte mich auch schon etwas besser. Er munterte mich auf. Redete mir gut zu. Verarscht mich. Erzählte mir wie anders bei ihm alles ohne mich war. Jammerte über seine Schule. Und vieles mehr. Es war ein sehr unterhaltsames Gespräch. Keine peinlichen Stillen. Mir viel ständig etwas Neues ein. Ein neuer Gedanke. Eine alte Geschichte. Ein lustiger Witz. Es tat so gut mit ihm zu reden. Mit jemanden, der den selben Humor hatte. Die selbe Art Dinge zu verstehen. Doch leider verging die Zeit auch wie im Fluge und die alte Turmuhr schlug halb 6. Überrascht fuhr ich hoch und lies mein Handy fallen. Anscheindend bemerkte Valentin, dass ich schon ziehmlich müde war und verdonnterte mich ins Bett. Wie meine Mutter, als ich in jungen Jahren auf den Mittagsschlaf verzichten wollte. Doch ich musste. Es gab keine Widerrede.
7 Uhr. "Luisa, du Faulsack! Steh auf du kommst sonst zu spät!", erklang Hannahs Stimme leicht angsepannt. Ich wollte nicht aufstehen. Ich hatte ja auch nicht viel Schlaf. Die Morgensonne brannte in meinen Augen. Am liebsten hätte ich mich krank gemeldet. Doch das ging natürlich nicht. Ich gähnte noch ein letztes Mal und tapste in Pyjama ins Badezimmer. Eine Hand voll kaltes Wasser ins Gesicht und ich war nicht mehr ganz so verschlafen. Ich überdeckte meine Tränensäcke und Augenring, einen über die Nacht entstandenen Pickel und trug etwas Wimperntusche auf. Fertig angzogen machte ich mich mit einen Apfel in der Hand auf in meine Klasse. Ich war eine der ersten die sich noch im Halbschlaf auf ihren Platz fallen lässt. Ich schob mir meine Kopfhörer ins Ohr und schloss noch einen Moment genüsslich die Augen. Ich spürte die Blicke von Elli und ihrem Gefolge auf meinem Körper. Blicke die aus purer Eifersucht bestanden. Innerlich hoffte ich, dass sie mich in Ruhe lassen würden, doch ich wusste, dass es erst der Anfang war. Im selben Moment als ich meine Augen wieder öffnete, betrat Gianni das Klassenzimmer. Seine neuen roten Jordans stachen herraus. Er kombinierte sie zu einer Jeans und weisem Shirt mit Kaputzenjacke. Sein Blick deutete darauf hin, dass er ebenfalls wenig Schlaf bekommen hatte. Er lächelte mich an. Ich lächelte zurück und meine Schmetterlinge trauten sich langsam wieder hervor. Wofür ich mir am liebsten selbst einen Tritt in den Bauch gegeben hätte. Hannah warf mir einen verwunderten Blick zu, der soviel heißt wie 'Wieso gehst du nicht rüber?'. Ich ignorierte es und begonn dem Unterricht zu folgen. Es interessierte mich kein bisschen, was meine Geschichtelehrerin an der Tafel erklährte. Auch wenn es vielleicht interessierte Themen gab, fand ich immer etwas Interessanteres und meine Professorin ermahnte mich in dieser Stunde bereits zum 3.Mal und meinte, wenn ich noch einmal aus dem Fenster träumen würde, hätte ich eine Prüfung am Hals. Also war mein neuer Blickpunkt Gianni. Er sah im Licht, das die Sonne auf ihn warf, einfach wunderschön aus. Seine verschlafenen Augen folgten ebensowenig dem Unterricht wie meine. Er krizzelte irgendetwas auf dem Papier, das vor ihm liegt, herrum. Behutsam begann er es klein zusammenzufalten und gab es weiter. Für wen war der Brief? Unsere Blicke trafen sich und er zwinkerte mir verdächtig zu. Doch was stand in den Zettelchen und wieso schrieb er mir nicht einfach eine SMS? Altmodisch und romantisch. Ich nahm den Zettel an. Faltete uhn auf. Doch als ich ihn lesen wollte, ertönte laut mein Name. "Luisa, ich habe dich gewarnt. Wiederhole jetzt das, was ich gesagt habe! Und den Zettel kannst du auch gleich entsorgen!", fuhr mich die Stimme der wütenden Lehrerin an. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Julian schüttelte grinsend den Kopf. Ich überdrehte die Augen und stand langsam auf. Wie in Zeitlupe spazierte ich an den anderen Tischen vorbei, nach vorne hin zum Mistkübel. Im selben Moment als ich den Zettel fallen lies, kam das klingeln der Schulglocke. Stundenwechsel. Was für ein Glück. Ich warf der Lehrerin einen triumphierenden Blick zu, als sie die Klasse verlies. Als ich mich wieder umdrehen wollte, wurde ich behutsam aus dem Klassenzimmer gezogen. Umdrehen gelang mir nicht so, also wusste ich auch nicht wer es war. Erst im Mädchenklo machten wir halt. Es war Malis. Doch was wollte sie? Sie öffnete ihre Hand und mir wurde sofort klar, was sie vor hatte. Ein freches Grinsen bildete sich auf meinem Lippen ab. Ich konnte die Lust in ihren Augen genau erkennen. Die Lust auf etwas Verbotenes.
Ich freue mich immer, über die vielen neuen Reads. Bitte bitte Voten nicht vergessen und viel Spaß beim weiterlesen. Ich hoffe, dieses Kapitel hat euch nicht zu sehr gelangweilt, aber es wird spannender ♡
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Wild-One
Romance"Es wird alles gut Luisa. Ich werde hier auf dich warten." Seine Worte wiederholten sich Mal für Mal in meinem Kopf. Ich bin Luisa. 16 Jahre alt und Scheidungskind. Der neue Junge an meinem Internat stellte natürlich ebenfalls alles auf den Kopf dan...