Kapitel 11

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Ewig hätte ich mit ihm sitzten bleiben können. Doch meine Augenlieder wurden immer schwerer und schwerer. Er war auch garnicht so übel wie ich befürchtet hatte..
Wir gingen auf eine letzte 'Gute-Nacht-Zigarette' auf den gemeinsamen Balkon. Der kalte Wind raschelte durch die Palmen nahe an unserem Haus. Eine angenehme Meerluft lag in der Luft. Es war richtig romatisch. Valentin erzählte mir etwas von seiner Schule oder ähnlichem. Ich konnte es nicht mehr verstehen. Alles wurde gedämpft. Mir wurde leicht schwarz vor augen und alles begann sich leicht zu drehen. Ich brachte kein Wort mehr raus. Alles wurde langsamer. Ich lies meine Zigarette fallen. Ich wusste nicht wieso. Ich fühlte mich wie gelähmt. Mir wurde übel. Ich spürte wie sich etwas langsam in meinem Magen nach oben bewegte. Doch ich sagte nichts. Alles drehte sich schneller und schneller. Ich sah kaum noch etwss und alles wurde schwarz. "Alles okay bei dir?", ertönte Valentins Stimme neben mir. Doch ich konnte nicht antworten. Konnte meinen Mund nicht öffnen. Schon im nächsten Moment kam alles wieder hoch. Der gesamte Sandwich. Mich würgte es. Ich sah nichts mehr und komnte mich kaum bewegen. Einmal, zweimal. Bis alles hochkam. Ich konnte mich nicht bewegen, nichts sagen. Es war mir peinlich. Der Geruch von Magensäure und etwas Sandwich kroch mir in die Nase. Ich lag reglos da. Ich hatte kaum Energie um meinen Kopf augzurichten. Mein Magen zog sich zusammen und mein Körper zog sich krampfhaft zusammen.  Valentin warf mir einen schockierten Blick zu. Ich wurde rot. Ich spürte es genau. Ich spürte genau, wie sprachlos er plötzlich war. Und dann rollte mir auch noch eine Träne runter. Eine Träne vor lauter Peinlichkeit. Eine weitere voller Scham. Der Anblick musste grauenvoll gewesen sein. Mein Mageninhalt, der im Prinzip bloß aus dem einen halben Sandwich bestad, lag mit viel Wasser aufgeschwemmt am Balkon. Als ich an mir runter blickte, bemerkte ich, dass auch mein Shirt etwas abbekommen hatte. Peinlich.  Doch ich konnte es nicht mehr ändern. Ich brach zusammen. Mein Körper war noch immer schwach und meine Augenlieder fühlten sich wie schwere Sandsäcke an. Wieso passierte mir soetwas? Der Brechreiz kam ganz von alleine. Warum? Ich wusste es nicht. Das wollte ich doch wirklich nicht. Ich hob meinen Kopf, tränenverschmiert suchte ich Valentin. Doch er war nicht da. Verzweifelt rannten mir noch mehr Tränen die Wange runter. Ich fülte mich einsam. Einsam und von jedem verlassen. Verlassen von meiner Familie und von allem was mir irgendwie Halt im Leben geben sollte. Meine Hände und mein gesamter Körper zitterten wie verrückt. Klar, bei diesem Anblick wäre ich auch abgehauen. Ich wollte aufstehen, doch schon beim ersten Schritt liesen meine Beine unter mir nach. Sekunden bevor ich den Boden berührte, fingen mich zwei starke Arme auf. Valentin.
Sein wunderschöner Parfumgeruch stieg mir in die Nase und überdecke den richtig schlimmen Geruch meines Erbrochenen. "Beruhig dich Luisa, alles ist okay. Ich trage dich in dein Badezimmer. Du musst dich abduschen.", flüsterte er mir sanft ins Ohr. Was war nur mit mir los? Ich fühlte mich als hätte ich geschätzte 15 Tequillashots in mir. Doch nichts. Es drehte sich alles. Ich konnte mich nicht mehr bewegen. Mein Körper war schwach und ich war meinem Gegenüber ausgerichtet. Ich hatte Angst. Was war bloß mit mir los?, schoss es mir immer wieder durch denk Kopf. War ich etwa krank? Wieso passierte mir genau gegenüber Valentin so etwas Peinliches? Musste ich mich immer plamieren? Ich wollte nur mehr weg. Doch selbst meine Lippen machten nicht mehr mit. Ich fühlte mich hilfslos und stotterte irgendetwas von "Lass mich nicht alleine" und "Es tut mir so leid ". Und er lies mich nicht alleine, doch schon bevor der nächste Gedanke mein Gehirn erreichte, fielen meine Augen zu und mein Gehirn war auf Pause.

Samstag im März. Verschlafen bildeten sich die Zahlen meines Weckers vor mir ab. 7:24 Uhr. Viel zu früh für einen Samstag. Doch wo war ich überhaupt? Ich lag in einem aus schwarzen Holz bestehenden Doppelbett, gegenüber bildete sich ein Schreibtisch aus ebenfalls schwarzen Holz ab. Alles war sehr klassisch aber dennoch jugendlich eingerichtet. Neben der Couch befand sich ein Flatscreen und gleich darunter eine dieser Spielkonsolen, mit denen ich mich als Mädchen nicht auskannte. Als ich mich bewegen wollte, spürte ich einen Arm auf mir liegen und gleich im nächsten Moment hörte ich eine nur allzu bekannte Stimme hinter mir. "Guten Morgen Luisa. Alles klar bei dir? Wie fühlst du dich?", flüsterte mir eine liebevolle Stimme leise ins Ohr. Verwundert drehte ich mich um, und spürte einen stechenden Schmerz an meinem Fuß. Valentin. Schoss es mir durch den Kopf. Sein Anblick war verzaubernd. Seine dunklen Haare waren zerzaust und standen in alle Richtungen. Seine verschlafenen Augen musterten mich skeptisch. Ich spürte seine Wärme, denn seine Hand lag auf meinem Oberschenkel. Noch immer. Lange. Zu lange für Stiefgeschwister. Und noch bevor ich das alles realisierte, fragte er weiter: "Was war denn bitte gestern mit dir los? Du warst völlig weggetreten." Doch ich zuckte nur mit meinen Schultern. Ich hatte ja selbst keine Ahnung. Ich senkte meinen Kopf und spielte bis zur Stelle, als ich einschlief alles durch. Was war dann geschehen? Immerhin hatte ich frisch gewaschene Haare, viel zu weite Boxershorts und ein ziemlich gemütiches T-Shirt an und als würde Valentin meine Gedanken verstehen gab er mir eine Antwort. "Du warst plötzlich ohnmächtig. Deine Klamotten sahen aus, als hättest du in dem Erbrochenen gebadet. Ich habe dich geduscht, und umgezogen. Ich hoffe, das war okay?". Ich staunte nicht schlecht. Und es war mir immer noch peinlich. Ich fühlte mich immer noch schwach. Zu schwach um zu antworten. Außerdem war ich halb am Erfrieren. Überall hatte ich Gänsehaut und ich zitterte leicht. Er musste erkannt haben, wie ich mich fühlte und zog mich zu sich unter die Decke. Ein unbekanntes Gefühl an Wärme überströmte mich. Valentin fing an mich an meinem Unterarm leicht zu streicheln. Ich fühlte mich wohl. Fast etwas zu wohl. Wieso tat er das für mich? Aus Mitleid? Doch er gab mir ein Gefühl von Zuneigung, das mir seit langem fehlte. Ich kuschelte mich immer näher an Valentin. Es fühlte sich so richtig an. Als wäre alles andere bis jetzt ohne Bedeutung gewesen. Doch dann musste ich an Gianni denken. An seine klar blauen Augen, und seine Blicke, die mir tief in den Rücken stechen. Meine Augen füllten sich mit Tränenflüssigkeit, doch ich musste mich zusammen reisen. Ich musste weg. Weg von Valentin. In mein Zimmer. In mein Bett. Ich wollte nach Hause. In mein altes Haus, mein altes Zimmer, in der alten Stadt. Mit Papa, der morgends ewig am Frühstückstisch saß und Mama, die ewig noch an ihrem einem Brötchen herumkaute. Doch das ging nicht. Mein altes Leben gibt es nicht mehr. Es war wie gelöscht. Ich wollte weg. Ich kroch hektisch unter der Decke hervor und warf Valentin einen vielsagenden Blick zu. "Danke, dass du da warst.", meinte ich noch, bevor ich mich in meinem eigenen Zimmer verkroch. Ich sah Valentin den ganzen Tag nicht. Seine Klamotten würde ich ihm später in sein Zimmer bringen. Später, wenn er nicht im Haus ist. Es war mir peinlich. Alles.

Kurz vor 14 Uhr klopfte es an meiner Zimmertüre und obwohl ich meine Ruhe haben wollte, meinte ich "Herein". Meine Mama stand in der Türe. "Wie gehts dir? Du siehst irgendwie anders aus.", murmelte sie mir entgegen. Was sollte das jetzt werden? Will sie eine bessere Mutter-Tochter Beziehung aufbauen? Ich ignorierte ihre Aussagen und vergrub mich unter meiner Decke. Nach einer gefühlten Ewigkeit ertönte eine zweite Stimme. "Luisa? Willst du vielleicht mit mir und ein paar Freundinnen mit in die Stadt?", fragte mich Julia freundlich. Ich musste kurz überlegen. Wahrscheinlich hatte Mama ihr eingeredeht, sie sollte mich mitnehmen und rumführen, damit ich nicht alleine im Zimmer hocke... Ich schüttelte den Kopf. Ich würde später selbst mal eine Runde drehen. Sie meinte, es wäre okay, und verließ mein Zimmer. Irgendwann am späten Nachmittag schleppte ich mich aus meinem Himmelbett. Ich setzte mich an meinen Schminktisch im Badezimmer und probierte die Schatten von letzter Nacht zu überschminken. Doch es gelang mir nicht. Immer wieder wurde ich von meinem knurrenden Bauch oder den Gedanken an Gianni abgelenkt. Gianni. Wie gern wäre ich jetzt bei ihm. Doch im nächsten Moment wüde ich ihm am liebsten nochmal eine reinhauen wegen der Schokoladenaktion. Nach einigen gescheiterten Schminkversuchen hatte ich keine Lust mehr und machte es mir mit einem Früchtetee und etwas Knäckebrot in meinem Bett gemütlich. Drausen hatte es inwischen begonnen zu regnen. Ich musste aufs WC. Im Badezimmer fiel mir ein Gegenstand sofort auf. Es machte mich nervös, einfach nur davor zu stehen. Ich musste es wissen. Doch ich würde mich wieder schlechter fühlen. Mein Blick war wie gefesselt. Ich musste es wissen...

Viel spaß beim Lesen !
-H.♡

Wild-OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt