Kapitel 6

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Irgendwann bin ich dann wohl schlafen gegangen. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern. Ich wachte am nächsten Morgen auf. Mit rotgeheulten Augen und verscheitztem Körper. Duschen. Ich durchwühlte das ganze Zimmer auf der Suche nach meinem Handtuch und meinem Duschgel. Erst nach einigen Minuten fand ich es. Müde schleppte ich meine Körper vor mich her. Leise schlich ich aus dem Zimmer indem Fio, Hannah und Lea noch tief und fest schliefen. Jedes Zimmer hatte ein eigenes Badezimmer. Gleich gegenüber des Schlafzimmers. Ich öffnete die Türe und lies mein Handtuch und das Duschgel gleich neben der Badewanne fallen. Meine weiten Shorts, die ich zum Schlafen anzog, und mein Shirt schmiss ich ebenfalls neben die Badewanne. Ich stand ohne Klamotten vor dem Spiegel. Kritisch musterte ich meinen Körper von oben bis unten. Dick, war das Erste was mir durch den Kopf schoss, als ich mich ansah. Ich fühlte mich dick. Kennt ihr das? Alle sagen ihr seit dünn, doch ihr glaubt es nicht. Denn es stimmt nicht. Bildet ihr euch jedenfalls ein. Ihr könnt es nicht glauben, einfach weil man mit sich selbst immer unzufriedener ist. Denn gibt es ein perfekt? Wann ist man den bitte selbst perfekt? Ich erinnere mich an die Zeitschrift die ich vor kurzem gelesen habe. Überfall Fotos von Models. Meine Mutter würde Magermodels sagen. Sie wiegen 45kg bei einer Größe von 178cm. Doch ich finde sie perfekt. Auch wenn es eine falsche Ansicht war. Diese Models können Tage lang nichts essen, un sich dann einem Fotoshooting zu geben bei dem das Foto danach Stundelang nachbearbeiter wird. Ich stand noch länger da. Mein Blick viel auf meine Oberschenkl und meinen Unterbauch. 58kg auf 1,68. Zu klein für mein Gewicht? Oder war das normal? Doch ich musste etwas änderen. Ich war dick. Bildete ich mir jedenfalls ein. Mich durchzog ein angewidertes Kribbeln und alles in mir zog sich zusammen.

Nach dem Duschen bemerkte ich erst die Uhrzeit. 6:56. Warum wurde ich denn bitte an einem Samstag so früh wach? Frühstück bekamen wir erst ab 8:00. Nach kurzem überlegen schlich ich zurück ins Zimmer. Ich kramte ein leeres Buch raus. "DIETDIARY" schrieb ich in Großbuchstaben auf die 1.Seite. Ich fing an mein Leben zu verändern.  Mein Essverhalten aufzuschreiben.

Der Vormittag verging. 'Frühstück 2Toast mit Butter und Honig, Kaffee' schrieb ich gerade in mein Buch als sich Hannah neben mich setzte. "Was machst du da?", fragte sie verwundert. "Schreibt du jetzt ernsthaft auf was du isst? Willst du abnehmen? Du weist, dass du eine super Figur hast!", plapperte sie ohne mich antworten zu lassen weiter. "Ja mach ich und ja ein bisschen. Ist das ein Problem?", gab ich genervt zurück. Hannah wich zurück. Sie zuckte mit den Schultern und murmelte etwas von Magersucht und Essstörungen. Ich blendete sie einfach aus und hörte nicht hin. Als ob sie etwas davon wusste. Sie war dünn und hübsch! Dann verlies sie unser Zimmer. Der Samstag zog sich in die Länge. Es verging alles sehr langsam. Immer und immer wieder dachte ich an Gianni. Was er wohl gerade macht. Ich wollte ihm schreiben. Lies es aber dann. Wieso ich mir auch immer solche Gedanken machen musste? Es war doch nichts zwischen uns und immerhin kannte ich ihn kaum. Naja so gut wie garnicht. Ich sah ihn nicht. Den ganzen Tag nicht. Am Abend ging Hannah mit Chris ins Kino. Ich glaube aus denen zwei wird noch mal etwas. Beziehungstechnisch gesehen. Lea und Fio gingen in die Stadt. Sie mussten etwas besorgen. Und ich saß also alleine am Samstag Abend im Zimmer rum und starrte gegen die Wand. Klar, ich konnte auch mit den anderen etwas machen. Ich verstand mich ja mit allen hier ziemlich gut. Aber ich wollte alleine sein. Außerdem, es war Samstag Abend. Wer wäre denn hier? Gianni vielleicht. Doch viele fuhren übers Wochenende nach Hause oder gingen am Abend in die Stadt. Also blieb ich lustlos im Zimmer sitzten und kramte nach meinem Tagebuch. Die Worte sprudelten nur so aus mir herraus und ich schrieb sie alle nieder. Jedes einzelne.

Mein Hunger quälte mich. Doch ich wollte nichts essen. Ich hatte bereits das Abendessen ausfallen lassen.20:46. Jemand klopfte an meiner Türe. "Komm rein", schrie ich gefühlslos. Ein roter Haarschopf schaute durch die Türe. " Hei Luisa, kann ich rein?", hörte ich Malis freundlich fragen. Ich nickte und lächelte. "Alles klar bei dir?", fragte sie mit einer perfekten Ausstrahlung. Wir kamen ins Gespräch. " Ja. Und bei dir?", meinte ich künstlich glücklich. "Hört sich aber nicht so an. Magst du reden? Ich bin eine gute Zuhörerin. Und auserdem kann ich gut in andere Hineinschauen.", bot sie mir an. Naja. Worüber sollte ich denn reden. Doch mein Mund ging schneller als meine Gedanken und mein Gehirn. " Gestern. Gianni kam noch mit in mein Zimmer. Kurz. Ich weis nicht. Ich mag ihn. Glaube ich. Ein Bisschen. Ach was rede ich da. Ich hasse ihn. Er nahm mich an der Taille. Richtig romantisch. Wir küssten uns. Naja fast. und dann. Er ist gegangen. Bevor sich unsere Lippen berührten. Er ging einfach. Ohne Erklährung. Und dann ich war alleine. Die ganze Nacht. Den ganzen Vormittag. Ich weis nicht wo die anderen sind. Aber ich glaube ich will auch alleine sein. Meine Eltern... Sie lassen sich scheiden. Ich wusste es bis ich in den Ferien zuhause war nicht mal. Sie heben nie ab wenn ich sie jetzt anrufe..oder sie haben einfach keine Zeit..." Ich redete wie ein Wasserfall. Von Allem was mich bedrückte. Mir rannen Tränen die Wangen runter. Ich konnte mich nicht daran erinnern, schon mal so vor anderen geheult zu haben. Malis unterbrach mich kein einziges Mal. Sie reichte mir Taschentücher und legte trostvoll ihr Hand auf meine Schulter. Als ich fertig war nahm sie mich einfach in den Arm. Es tat gut, dass sie nichts sagte. Alles jemanden zu erzählen ist wie als würde eine Last von mir genommen zu werden. Das Gefühl zu bekommen, dass einen jemand zuhört ist unbezahlbar. Ich erzählte ihr von allem. Malis versprach, dass alles unter uns blieb. Inzwischen war es halb 10 geworden. "Komm ich hab eine Idee." Sie zog mich hoch. Wir gingen raus. Raus in den Park. Alles war voll Schnee. Es sah aus wie ein Winterwunderland. Dich von dem hab ich leider kein positives Stück abgekommen. Überall lag Schnee. Wir spazierten weiter durch den Schnee in Richtung Wald. Niemand war hier. Doch sie machte keine Anstalt, stehen zu bleiben oder gar umzudrehen. Müde trottete ich ihr hinterher bis wir zu einer Bank kamen. Es war kein weiter Weg hierher. 2 Minuten vielleicht. Sie setzte sich hin und ich mich gleich neben sie. Auch wenn überall Schnee lag, süürte ich kein bisschen Kälte. Noch nicht. Malis fing an zu reden. Sie erzählte mir etwas über sie. Ich hörte nur mit halben Ohr zu. Was sie rausholte lenkte mich etwas ab. Aus ihrer einen Jackentasche zog sie eine Packung Zigaretten und aus er anderen ein Feuerzeug. Okay. Aber waren wir jetzt fürs Rauchen so weit weg gegangen? Und als ob sie meine Gedanken lesen konnte meinte sie: "Da sind auch zwei fertig gebaute Joints drinnen". " Oh", gab ich staunend und etwas entsetzt zurück. Alles klar. "Ich kiffe nicht." ,meinte ich aufgeregt mit zittriger Stimme. " Wenn du nicht willst musst du nicht. Aber es tut dir vielleicht gut.", war ihre kurze und knappe Antwort. "Es ist nicht schlimm. Es ist wie rauchen. Es ist ähnlich wir betrunken sein. Wobei. Es ist viel lustiger! Bei den meisten funktioniert es bei den ersten paar Malen sowieso nicht. Glaub mir. Es wird auch niemand etwas merken." Sie zündete ihn an. Den Joint. "Es ist wie rauchen. Doch lass den Rauch etwas länger in der Lunge". Ich tat wie sie mir riet. Ich hatte jedoch ein mulmiges Gefühl im Magen. Nach zwei drei Runden spürte ich nichts. Auch als der Joint weggebrannt war, war alles noch normal. Malis. Sie redete in einer Tour. Sie hörte gar nicht mehr auf zum Reden und unterbrach sich selbst nur mit Lachanfällen. Sie erzählte von allem. Und ich saß einfach nur da und spürte wie alles etwas schwerer wurde und eine unbekannte Macht meinen Körper zu Boden drückte.

Erst nach dem 2.Joint bemerkte ich etwas. meine Hände und Beine wurden noch schwerer und fingen leicht zu kribbeln. Ich blickte auf die Uhr. 23:04. Wir sollten zurück gehen. Schnell stand ich auf. Doch fiel sofort wieder zu Boden rein in den Schnee. Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an. Malis konnte nicht mehr mit dem Lachen aufhören. Wir lagen gemeinsam am Waldboden und prusteten los. Wir lachten. Nicht gekünstelt. Ein herzhaftes Lachen, welches alle Sorgen vergessen lies. Alles war lustig. Wir lagen immerhin im Wald am Boden im Schnee. Vollkommen High. Irgendwann schafften wir es dann uns auf den Weg Richtung Internat zu begeben. Um 24uhr mussten wir alle auf unseren Zimmern sein. Wieder musste ich auf die Uhr blicken. 23:09. es waren gerade mal 5 Minuten vergangen. "Vergeht bei dir auch die Zeit so langsam aber es passiert doch so viel? Ist das in diesem Zustand normal?", fragte ich Malis. Sie sah mich grinsend an. " Ja. Richtig lustig oder? Und spürst du das? Beim Gehen, wenn es dir vorkommt, als würdest du springen?". Sie bekam ein Lachen zur Antwort. Es stimmte. Es schien als würden die Füße von alleine gehen oder springen. Wie auch immer.

Der eigentlich 2 Minuten Weg zog sich. Die gerade Straße zurück zum Internat schien eine Unendlichstrecke zu sein, die kein Ende haben wollte. Doch die Wahrnehmung hatte wohl auch etwas mit meinem Zustand zu tun. Nach ewig langem gehen kamen wir im Internat an. "Psscht", meinte Malis und legte den Finger auf ihren Mund. Ich kicherte und merkte erst jetzt, dass ich komplett durchnässt war. Ich zog meine Jacke aus. Leise schlichen wir die Stiegen zu unseren Zimmer rauf. Es kam mir alles in Zeitlupe vor. Ich schlich Malis nach in ihr Zimmer. Es fühlte sich wie kn einem Film an. Als die Türe geschlossen war plapperte sie weiter. "Ist dir auch nicht kalt? Wir sehen aus wie frisch geduscht. Hier hast du trockene Sachen. Weist du, als ich mir meine Haare rot färbte war ich ebenfalls high. Das war noch zu Hause. Und jetzt musste ich aufs Internat gehen. Weist du warum? Zu Hause. Meine Eltern erwischten mich ein paar Mal beim Kiffen mit Freunden. Und dann auch die Polizei. Wir bekamen Sozialstunden. Und jetzt denken sie ich höre hier auf. Es ist ja eine Privatschule und hier sind nur so reiche Schnösel.", erzählte sie lachend. Ich fand es eigentlich nicht lustig, musste aber trotzdem lachen. Plötzlich riss jemand die Türe auf. "Warum ist hier noch so ein Lärm? Es ist nach 24Uhr. Und Frau Litter? Meiner Erinnerungen nach ist das nicht mal Ihr Zimmer?" Wir wurden hier alle mit Nachnamen angesprochen. Luisa Litter. Zuerst war ich erschrocken doch dann schlich ich in mein Zimmer. Meine Knie zitterten und ich musste mir dad Lachen verkneifen. Den Augenkontakt zu unserer strengen Betreuerin versuchte ich ebenfalls zu vermeiden. Rote Kifferaugen verstecken. Ich versuchte es zumindest.

Hoffe es gefällt euch. Würde mich über ein paar Kommentare und Meinungen freuen :) oder auch ein paar Ideen.
-H.♡

Wild-OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt