Christmas Carol

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-Und so lädt und sie Zeit der Weihnacht jedes Jahr aufs neue dazu ein, Kind zu sein.-


Ich traute meinen Augen nicht, da saßen wirklich Harry und Malfoy an einem Tisch und steckten die Köpfe wie alte Freunde zusammen. Was hatte ich denn bitte verpasst?

Meine erste Intension war es, zu den beiden rüberzugehen und ihre Unterhaltung zu unterbrechen.
Aber im Grunde ging es mich, so neugierig wie ich auch war, nichts an. Harry hatte sicher gute Gründe mir seine vermeintliche Freundschaft zu Malfoy verheimlichen.
Daher verließ ich das kleine süße Café eilig wieder, bevor die beiden mich sehen konnten.
Das Antiquariat war wundervoll gewesen und ich schleppte einen ganz schön schweren Beutel voller neuer, alter Bücher mit mir rum.
Mein Kopf wurde von den vielen kreisenden Gedanken auch schon ganz schwer. Aber ich hatte gelernt zu warten. Ich wäre sowieso die nächsten Tage in London und würde Harry sicher noch das oder andere Mal über den Weg laufen und sicher von ihm mehr erfahren. Das musste ich für den Moment akzeptieren.

Da ich kein Geld für ein Taxi ausgeben wollte stapfte ich durch den mittlerweile Kniehohen Schnee. Die Straßen und der Gehweg war behelfsweise geräumt worden aber ab und zu trat ich mit voller Absicht daneben und stapfte durch den kniehohen Schnee. Es fühlte sich dann ein bisschen an, als wäre ich wieder ein Kind und würde gleich mit meinen Eltern auf den hohen Berg gehen und mit ihnen Schlitten fahren. Der Gedanke an sie machte mich jedes Mal etwas wehmütig, aber dennoch auch glücklich. Sie waren tolle Eltern, die besten die ich mir hätte wünschen können. Ich musste akzeptieren das sie mich nicht vermissten, mich nicht einmal mehr kannten. Wenigstens dachte ich mir dann immer, ginge es ihnen damit nicht schlecht. Es fehlte ihnen an nichts. Dieser Gedanke hatte etwas Beruhigendes und half mir immer über diese Wehmut hinweg. Mit der Zeit würde es besser werden, dass wusste ich.
Ich zwang mich dazu meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken und da meldete sich zum Glück mein Magen und knurrte. Ich wollte also nur noch schnell die letzten Meter zurücklegen, die Bücher in die Ecke feuern, natürlich nicht wirklich, ich legte sie erst einmal auf die Kommode, und würde sie dann später wegräumen. Dann zog ich mich kurz um und verschwand schon wieder aus der Tür.
Eilig lief ich die Straße rechts runter und steuerte einen gemütlichen Imbiss an, er wurde von einer älteren Dame und ihrem Mann betrieben. Sie beide kochten so leidenschaftlich und sie waren so herzlich, dass einem das Herz aufging. Dort angekommen fühlte es sich an, als käme man nach Hause.
Ich hatte kaum die Tür zum "Gänseblümchen" aufgemacht, da hörte ich ihre raue Stimme bereits. „Hermine meine Liebe, wie schön dich zu sehen Kind." Und dann zog mich die Besitzerin auch schon in eine herzliche Umarmung, in die ich mich nur zu gerne fallen ließ. Das meine Kleidung noch voller Schnee war störte die alte Dame nicht.
„Wie geht es dir? Komm ich habe noch einen sehr schönen Tisch am Fenster frei, direkt neben unserem Weihnachtsbaum. Setzt dich doch." Sagte sie als sie mich zum Platz führte.
„Bleibst du allein?" ich lächelte sie an, nichts würde sich je ändern, die ersten Minuten kam ich einfach nicht zu Wort. „Ach Gott, ich rede schon wieder so viel, komm erstmal an und ich bringe dir eine heiße weiße Schokolade." Damit verschwand sie und ich atmete durch.
Kurz darauf kam sie mit einer großen dampfenden Weihnachtstasse wieder und legte die weiß-rote Karte vor mir auf den Tisch ab. Sie ließ ihren Blick über die anwesenden Gäste schweifen und nahm dann auf dem Platz mir gegenüber Platz. „Es geht mir gut, danke. Ich hoffe doch euch auch?" begann ich unser Gespräch wieder aufzunehmen.
„Ja Herold hat zwar wieder Probleme mit seinem Rücken, aber das bekommen wir schon wieder in den Griff. Das Weihnachtsgeschäft ist auch bereits angelaufen wie du siehst und unsere Apfelzimtschnecken, gehen weg wie warme Semmel." Ich warf einen Blick in die Karte. Eigentlich wusste ich schon genau wonach mir der Sinn stand. „Na was darf ich dir bringen, ich sehe dir doch an, dass du dich bereits entschieden hast."
„Harriet ich würde gerne die Entenbrust mit Rotkohl und Klößen nehmen." Die beiden hatten deutsche Vorfahren und hatten einige klassische Gerichte nach deutschem Rezept auf der Karte.
„In Ordnung. Sollst du bekommen." Mit einem Lächeln stand sie auf und ging.
Ich machte mir gedanklich eine Notiz das ich Herold eine Kräutermischung gegen sein Rückenleiden anmischen würde, natürlich mit etwas Magie versetzt damit es nicht wiederkam.
Dann widmete ich mich der Schokolade.
Heiße weiße Schokolade schmeckte himmlisch. Niemand konnte sie gut zubereiten wie Herriot.
Aus meiner Tasche zog ich eines meiner neu gekauften alten Bücher. In dem Antiquariat war mir eine unglaublich schöne Ausgabe von Charles Dickens „Christmas Carol" in die Hände gefallen. Natürlich kannte ich die Geschichte, aber es tat einfach gut ein wenig darin zu blättern und weihnachtliche Gefühle aufkommen zu lassen.
Gefühlt vergingen nur wenige Minuten bevor der Kellner mit meinem duftenden Essen kam. Der Teller sah göttlich aus, was wahrscheinlich auch an meinem Hunger lag. Aber Harriet hatte das Gericht wie immer mit sehr viel Liebe aufgetischt. Beim Essen ließ ich mir Zeit, genoss jeden Bisschen, bis ich schließlich das Gefühl hatte zu platzen.
Aber wie sagte eine gute Freundin von mir immer. „Im Dessertmagen ist immer Platz." Also kam ich nicht drum rum mir noch einen gebratenen Apfel mit Honigzimtfüllung zu bestellen.
Nach dem Essen unterhielt ich mich noch eine Weile mit Harold und Harriet. Die waren die perfekten Großeltern. Da ich nie welche gehabt habe, mochte ich die beiden wohl so sehr.
„Es war so schön dich zu sehen Hermine. Bleibst du über die Feiertage in London?" fragte Harriet noch während wir uns umarmten.
Ohne darüber nachzudenken bejahte ich diese Antwort. Tja nun war die Entscheidung wohl gefallen, wo ich in diesem Jahr Weihnachten verbringen würde.
Harold und Harriet wechselten einen kurzen, aber vielsagenden Blick. Bevor die alte Dame ungewohnt schüchtern zu sprechen begann. „Nun meine Liebe, wenn du an Heiligabend noch nichts vorhast, dann würden wir dich gerne zum Abendessen einladen."
Noch so ein deutscher Brauch. In Deutschland kam Santa Claus schon am 24.Dezember am Abend, nicht wie bei uns erst am Morgen des 25.
Völlig überwältigt sagte ich natürlich zu. „Ich würde sehr gerne kommen, vielen Dank für die Einladung." Wir drückten uns einmal und dann verließ ich glücklich das Restaurant.

Die raue See der Nacht und der Friede im SturmWo Geschichten leben. Entdecke jetzt